Kapitel 15 | Lucas
Völlig konstatiert sah Lucas seinem blonden Kollegen nach, als dieser wutentbrannt aus dem Büro stürmte. Nur den Beruhigungstabletten war es zu verdanken, dass der Designer zumindest halbwegs gelassen blieb. Er spürte, wie der Tumult in seinem Inneren sich von Enttäuschung und Trauer immer mehr in Wut wandelte.
Ok, Florian glaubte ihm die Wahrheit nicht? Dann sollte dieser affektierte Mistkerl doch denken, was er wollte! Nach diesem Projekt würde Lucas diesen Typen nie wiedersehen müssen. Und wenn das bedeutete, dass er sich in eine andere Zweigstelle versetzen oder gar in eine andere Firma wechseln müsste, dann sollte das eben so sein. Aber eines würde er sich nie wieder vorwerfen lassen; Unprofessionalität.
Sein Herz schlug wie eine Bongotrommel, während er den Laptop erneut öffnete und gerade begann seine groben Skizzen anzufertigen. Immer wieder änderte er Farben und Designs, bis sein Vorgesetzter an die Tür klopfte und eintrat. „Lucas, Sie habe ich gesucht. Oh, allein. Wo ist ihr Kollege?" In Gedanken antwortend, dass Florian gerne in dem nächsten Loch verschwinden und in der Hölle wieder auftauchen könne, räusperte Lucas sich und sagte: „Der wollte in die Kantine, glaube ich. Kann ich Ihnen helfen?"
„Ich wollte Ihnen nur mitteilen, dass wir eine Neufassung der Präsentation für Freitag sehen möchten. Wir treffen uns um elf Uhr im großen Büro in der ersten Etage und besprechen, wie es weitergeht. Ich weiß, das ist sehr knapp von der Zeit her, aber ich denke, Sie bekommen das hin?"
Da die Frage eher eine Feststellung zu sein schien, nickte Lucas nur und verkniff sich das Seufzen. „Gut, ich sehe Sie dann gleich. Und Lucas, ich erwarte Vielversprechendes von Ihnen." Na, danke auch. Bloß keinen Druck, hm? Der bittere Sarkasmus des Designers war auf seinem Gesicht mit keiner Regung zu erkennen. Er wartete ab, bis sein Chef die Tür geschlossen hatte und spürte, wie die Wut in schiere Verzweiflung umschlug. Alles in ihm wimmerte und krampfte sich zusammen. Seine Panik schrie ihm zu, einfach zu verschwinden, wurde dann aber von seinem unerschütterlichen Ehrgeiz geradezu ausgelacht und übertönt.
Er schnaubte bitter, faltete seine zitternderen Hände zusammen und legte sein Kinn auf die kalten Finger, während sich ein fast schon bitterer Geschmack auf seiner Zunge ausbreitete. Sie wollten Ergebnisse? Die sollten sie bekommen.
Er war gerade fertig mit seinem groben Grundgerüst, als Florian zurück ins Zimmer trat. Ihre Blicke trafen sich, und als der Blonde fast geschockt verkündete, dass die Leitung in ein paar Stunden kommen und Ergebnisse sehen wollte, wusste Lucas, er musste hier raus, wenn er noch halbwegs so etwas wie Fassung bewahren wollte. Die Bitterkeit auf seiner Zunge mühsam herunter schluckend, stand er auf und sagte so ruhig, wie es ihm irgendwie möglich war: „Also ich, für meinen Teil, bin vorbereitet."
Und wie er vorbereitet war. Neue Designs hatte er binnen einer Stunde ohne große Mühen zusammen gestellt. Wobei, neu war daran eigentlich gar nichts. Es waren alte, klassische Stücke, einfach neu arrangiert. Katalanische Moderne trifft Tradition. Oder anders ausgedrückt: Die gleichen alten, langweiligen, klassischen Schnitte und Designs, die es seit Jahrzehnten gab, nur nicht mit einem „typischen Spanier" als Model. Ein fast schon zynisches Lächeln legte sich auf Lucas' Lippen, als er an die bevorstehende Präsentation dachte. Mal sehen, wie sein geschätzter Kollege Freitag auf diese Bilder reagieren würde.
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Work Love Balance
RomanceFlorian und der Halbspanier Lucas müssen das nächste halbe Jahr an einem Projekt, für die neue Niederlassung ihrer Firma in Madrid, zusammenarbeiten. Dass beide sich überhaupt nicht ausstehen können, macht dieses Unterfangen nicht gerade leicht. Doc...