Chapter 5

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"Hey ... Jaxon ... warte..!", rufe ich durch die Menge. 

Kaum erklang der Gong ist der Typ wie eine gestochene Hummel aufgestanden und quasi aus dem Raum geflüchtet. Oh man, weiß er bereits, dass das mein Buch ist? Hat er genug gelesen, um sich jetzt die Geheimnisse der anderen zunutze zu machen? Will er mich verraten? 

Vielleicht wird er aber auch gar nicht schlau aus dem was ich dort notiert habe, sieht ein, dass es die Mühe nicht Wert ist und bringt einfach das Spyary zurück ins Sekretariat.
Ja genau.
Das wird er ganz sicher nicht tun.

Endlich erreiche ich ihn und kriege für einen Moment kurz sein weißes T-Shirt zu fassen, sodass ich seine Aufmerksamkeit errege.
"Warte .. kurz ... bitte." Aus meinem abgehackten Atem und den vermutlich leicht geröteten Wangen ist mal wieder erkenntlich, wie wenig meine Kondition vorhanden ist.

Es dauert noch einen kurzen Moment bis er mich sieht, nachdem er sich umgedreht hat, ehe er realisiert, dass er nach unten schauen muss. Kann halt nicht jeder so riesige 1.80m groß sein wie er.

Der kurze Augenblick des Überraschens wird durch kalte Langeweile von ihm ersetzt.
Oh man.
Schweigend sieht er mich an, während ich vermutlich wie ein Reh vor einem Auto zurück starre.
Um ehrlich zu sein hatte ich mit einem schroffen "Was willst du" oder sowas gerechnet, dann hätte ich geantwortet, dass er etwas habe, was mir gehört und hätte somit den Stein ins Rollen gebracht. Doch er schweigt einfach. Womit soll ich jetzt anfangen, was sich nicht total panisch anhört, sodass er misstrauisch werden würde, aber gleichzeitig auch drängend genug ist, damit er mir mein Spyary zurück gibt?
Der komische Moment der Stille zieht sich immer länger und wird nicht angenehmer. Weiterhin schaut er jedoch nur mich an, als warte er auf etwas.

Vielleicht darauf das du endlich etwas sagst, du dumme Kuh?!

Okay Destiny, du kriegst das hin. Kurz durchatmen und einfach drauf loslegen.

"Äh Hi." Wirklich? Ist das alles was ich schaffe?

Jaxons irritierter Blick sagt einfach alles. "Hi?"

Komm schon, jetzt reiß dich mal zusammen!

Mittlerweile hat sich der Gang schon wieder gelehrt, sodass wir nun quasi alleine dort stehen und ein recht skurriles Bild abgeben.
So gut wie niemand verbringt freiwillig seine Zeit länger als nötig im naturwissenschaftlichen Trakt der Black Forest. Schon gar nicht in der Anfangszeit des Schuljahres, wo es noch keine Auswirkungen auf die Noten hat. Und selbst dann nicht so unterschiedliche Gestalten wie Jaxon und ich.

Verlegen schiebe ich meine Brille ein Stückchen höher, bevor ich eine Haarsträhne noch nach hinten streiche.
"Sorry dass ich dich hier so anquatsche, aber wir sind im gleichen Kurs und-"

"Ich weiß das wir im gleichen Kurs sind. Wenn du irgendwelche Notizen vom letzten Jahr brauchst, solltest du lieber jemand anderes fragen.", unterbricht Jaxon mich schroff.

Okay, das war unhöflich, aber noch irgendwie berechtigt.

"Nein, ich brauche keine Notizen, keine Sorge.", schnautze ich zurück. "Aber mir ist aufgefallen, dass du etwas hast, das mir gehört und ich hätte es gerne wieder."

Ja, sehr gut! Diesen kurzen Anranzer habe ich wirklich von ihm gebraucht, um wieder in die Spur zu finden, denn jetzt wird er-

"Ist mir egal.", kommt er jetzt sogar meinen Gedanken zuvor.

"Mir aber nicht!" In einem kurzen Anfall an Selbstbewusstsein verschränke ich demonstrativ die Arme vor der Brust. "Du hast mein Notizbuch und das hätte ich gern wieder."

Unbeeindruckt imitiert er meine Haltung. Warum sieht das bei ihm nur so viel bedrohlicher aus?
"Nein, hab ich nicht."

"Doch, ich habs doch vorhin bei dir gesehen!" Verdammt, bestimmt hör ich mich schon viel zu klammernd an. Krieg die Kurve Destiny! "Und wenn du das Buch hast, musst du auch meinen Rucksack haben, in dem mein Handy ist...oder zumindest war. Wo du es jetzt hingetan hast weiß ich natürlich nicht." 

Invisible - Ich sehe deine GeheimnisseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt