4. Wölfe

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Auch wenn sich Remus noch nicht selbst gesehen hatte, bekam er jetzt einen Stapel graue Kleidung in die Hände gedrückt, die er sofort anziehen sollte, „um nicht krank zu werden". Diese Aussage hätten sie sich echt sparen können, wenn sie alle nackt rumlaufen ließen.

Trotzdem tat er nichts dagegen und zog sich dann die einheitliche Kluft über, die viele andere schon trugen. Seine Sträflingskleidung war etwas weit aber wärmer als nur seine Haut und deswegen war er froh, sie zu haben. Dazu standen am Rand noch Schuhe, von denen er sich ein Paar schnappte. Sie besaßen hölzerne Solen und schmerzten beim Laufen, da ihm die Einheitsgröße zu klein war.

Als er frisch frisiert und eingekleidet war, gesellte er sich zu den anderen, die vor ihm dran waren und nun auf irgendwas warteten. Sie schauten Remus argwöhnisch an, als wäre er keiner von ihnen. Dann begann einer zu Sprechen. „Wo sind die anderen deines Rudels?", fragte ein gebräunter Mann mit langen Wimpern. Er war augenscheinlich älter als Remus, dennoch kleiner. „Wurdest du verstoßen oder wurdet ihr auf der Reise getrennt?"

Remus' Kopf schüttelte sich wie von allein. „Ich habe kein Rudel. Der Wolf ist nicht, was ich bin, sondern eine monatliche Qual, der ich am liebsten entkommen würde. Ich bin ein kranker Mensch, mit einer unheilbaren Krankheit, sonst nichts."

Die Männer tauschten untereinander uneindeutige Blicke aus und für den Moment dachte Remus, das war's für ihn und sie würden ihn als Gruppe zerfetzen, doch der Dunkelhäutige, der offenbar der Anführer der Truppe war, legte eine Hand auf seine Schulter. „Das Wolfsein ist eine Gabe, die man sich nicht erkaufen kann. Hier müssen wir zusammenhalten um wieder hinauszukommen, also schließe dich unserem Rudel an oder stirb an dieser Stelle."

Seine braunen Augen glitzerten und ein kleines Lächeln tauchte in seinem Gesicht auf, was Remus allerdings nicht erwidern konnte. Würde es einen Zweck erfüllen, Teil eines Rudels zu sein? Um von diesem Ort zu kommen wahrscheinlich schon, aber würde er danach auch noch an sie gebunden sein? Wieso fragten sie ihn, wenn sie doch selbst schon genug Leute waren, um in ihrer Wolfsform den Stacheldraht zu durchbrechen? Irgendwas daran war doch faul.

Er schwieg ihn an, selbst wenn jeder die beiden anstarrte und diese Stille unangenehm wurde. „Ich finde auch ohne euch einen Weg hier raus.", verkündete er dann, unwissend, wie er das denn überhaupt anstellen solle. Sein Mund war selten so viel schneller gewesen als der Kopf.

Sein Gegenüber lachte ruhig und unheimlich, als würde er genau wissen, was das bedeutete und wie schwach Remus im Inneren war. Dieser machte einen Schritt zurück, brach den Blickkontakt aber nicht. Er wollte es plötzlich unglaublich gerne beweisen.
„Denk nochmal drüber nach, Kleiner."

•••

Das tat er.
Es war mindestens eine halbe Stunde vergangen und Manche erlebten einen verdächtig langen Aufenthalt bei den Soldaten, wodurch Remus genug Zeit hatte, um über das Angebot nachzudenken.
Was gehörte alles zu einem Rudel dazu? Musste er dann den Anführer mit seinem Leben beschützen und dessen Befehle befolgen? Würde er nach dem Ausbruch zurück nach New York kommen können und mit Grant in eine 2 Zimmerwohnung ziehen?

Seine Zukunft stand gerade noch in den Sternen, je nach dem, wie die nächsten Tage verlaufen würden. Und das wollte er erstmal auf sich zukommen lassen.

Die Wölfe hatten sich in einem Kreis auf den Boden gesetzt, warteten auf ihre letzten Angehörigen. Ein paar von ihnen wirkten wie ganz normale Menschen, sehr schöne Menschen sogar, sowie zum Beispiel der Anführer. Andere schienen derart animalisch, das man sie selbst mit gestutzten Haaren noch als Tiere wahrnahm. Sie wärmten sich gegenseitig in ihren Armen und schmiegten sich in die Halsbeugen ihrer Mitmenschen.

Plötzlich sehnte Remus sich nach dieser Nähe und in seinen Roben wurde es wieder kühler, er spürte den Wind an seiner Kopfhaut. Als er die Hand hob, um über seinen Kopf zu streichen, merkte er erst wie viel sie abgeschnitten hatten. Die dreckigen Locken, die Grant an ihm so liebte, waren verschwunden und glatte Büschel zierten seinen Kopf jetzt.

Er fragte sich, wie oft sie es erneuerten, denn seine Haare wuchsen bekanntlich schnell. Vielleicht hatten sie aber auch wieder einen Zauber darauf gelegt.

Nach einer Stunde verließ der letzte Gast und mit ihm ein Soldat, der ihn lieblos am Arm zog, die Wiese. Es war der unnötig hübsche Mann mit den dunklen Locken, der jetzt auch von dem Sitzkreis Aufmerksamkeit bekam.
Sirius ließ den Wolf los, welcher sich sofort zu seinem Rudel gesellte und Remus somit wieder allein war.

„Folgt mir, ich zeige euch alles hier. Ein falscher Ton und ich zögere nicht davor, die hier zu benutzen." Er ließ seine filigranen Finger zum Griff seiner Waffe gleiten, verweilte kurz dort während er jeden einzelnen außer Remus anschaute und steckte seine Hände darauf in die Taschen. „Kommt schon, ich habe nicht den ganzen Tag Zeit."

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Es ist so ungewohnt die Rumtreiber in solch einer Situation zu beschreiben aber ich mag auch diese Verbindungen, das sie unwissend eher zur bösen Seite gehören..
Keine Sorge, das wird noch ;)

Der Zug ins Paradies - ||Wolfstar||Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt