Am Abend des nächsten Tages saß ich überglücklich in der vollbesetzten, von Schülern nur so wimmelnden Großen Halle. Remus auf der rechten Seite neben Severus, wobei ich mit Vergnügen seinen alles andere als wohlwollenden Blick beobachtet. Ich saß wie gewohnt auf der linken Tischseite von Dumbledore zwischen Poppy und Hagrid.
Die Einteilung der Schüler durch den Sprechenden Hut wurde dieses Jahr nicht durch einen Autounfall in die Peitschende Weide unterbrochen. Seit Langem sang sogar der Chor wieder. Die letzten Jahre war diese sonst so erfreuliche Aktion immer ausgefallen. Darum war es umso schöner, die Kinder heute singen hören zu dürfen. So empfand das wohl auch Professor Flitwick, der mit Herzblut den Chor anleitete.
Bevor das Festessen beginnen konnte, erhob Dumbledore das Wort für seine alljährliche Rede: „Willkommen, zu einem weiteren Jahr in Hogwarts." Schnell war es mucksmäuschen Still geworden. „Ich möchte ein paar Worte an euch richten, bevor das herrliche Festmahl unsere Sinne zu sehr berauscht. Ich freue mich, Professor Lupin willkommen zu heißen, der uns die große Ehre erweist, ab sofort das Fach Verteidigung gegen die Dunklen Künste zu unterrichten. Alles Gute, Professor." Remus stand einmal kurz auf und wurde durch höflichen Applaus Seitens der Schüler begrüßt.
Ein kleines Schmunzeln bildete sich auf meinen Lippen, während er sich wieder setzte und Dumbledore mit seiner Rede fortfuhr. „Die nächste Mitteilung, die ich euch zu machen habe, ist, dass Professor Raue-Pritsche, der bisher im Fach Pflege Magischer Geschöpfe tätig war, nun in den Ruhestand geht, um sich noch ein bisschen seiner verbliebenen Gliedmaßen zu erfreuen." Meine Aufmerksamkeit für die Rede des Schulleiters schwand und wurde stattdessen von einem Gemurmel in den Reihen der Schüler beschlagnahmt. Malfoy redete mit Harry. Worüber, das konnte ich von hier aus nicht verstehen. „Umso größer ist meine Freude darüber, dass ein Nachfolger für die Stelle niemand anderes ist, als unser guter Hagrid." Ich stieg in den Applaus mit ein und sah zu dem stolz grinsenden Hagrid hoch, der ebenfalls kurz aufgestanden war, hatte mit einem Ruck den Tisch verschoben. „Herzlichen Glückwunsch.", gratulierte ich ihm. „Danke, Eleonor."
„Zu guter Letzt ein eher beunruhigendes Thema." Jetzt kommt's. „Auf Ersuchen des Zaubereiministeriums beherbergt Hogwarts auf seinem Schulgelände bis auf weiteres Dementoren von Askaban. Solange, bis Sirius Black gefangen genommen ist." Ein allgemeines, weitgehend panisches Gemurmel brach unter den Schülern aus. Man konnte ziemlich genau erkennen, welche der Schüler aus Muggelfamilien kamen. Sie waren die Einzigen, die keine Ahnung hatten, über wen Dumbledore redete. „Die Dementoren postieren sich an sämtlichen Eingängen zur Schule. Auch, wenn mir versichert wurde, dass ihre Anwesenheit keine Auswirkungen auf unseren Schulalltag hat, hier ein Wort der Warnung: Dementoren sind böse Kreaturen. Sie unterscheiden nicht zwischen dem, den sie jagen, und dem, der sich ihnen in den Weg stellt. Deshalb kann ich bloß jeden einzelnen von euch beschwören, gebt ihnen bitte keinen Anlass, euch Schaden zuzufügen. Es liegt nicht in der Natur eines Dementors, Gnade walten zu lassen. Aber glaubt mir, dass man Glück und Zuversicht selbst in Zeiten der Dunkelheit zu finden vermag. Man darf bloß nicht vergessen, ein Licht leuchten zu lassen." Wunderbare Rede. Nichts anderes sind wir von Albus Dumbledore gewöhnt.
Mit einem eher zögerlichen Applaus und einem Wink von Dumbledores Zauberstab erschien auf allen Tischen das wunderbar aussehende und duftende Festmahl. Und das Essen wurde gebraucht. Die Zeit wurde benötigt um über Sirius Black zu reden. Nicht nur unter den Schülern. Trelawney hielt einen Vortrag darüber, wie sie in Sirius Teesatz immer schon erkennbar war, dass er irgendwann die Seite wechseln würde. Da war es schon schwer für mich, nicht überzukochen. Ich wusste, Trelawney meinte es nicht böse. Aber es störte mich, wie sie alle über Sirius redeten. Und das Trelawney sich davon beeinflussen ließ. Sie hatte Sirius gekannt. Und sie wusste, es stimmte nicht, was sie. Sie wusste, dass es eine gut verbreitete Lüge war.
Aber als sie dann damit anfing, darüber zu reden, dass Adelaide auch so geworden wäre, platzte mir der Kragen. „Es reicht. Okay? Das ist jetzt wirklich genug.", unterbrach ich sie. „Eleonor hat recht, Sybill.", unterstützte Poppy mich netterweise. Auch sie hatte uns gekannt. Uns alle.
„Eleonor, ich besitze jetzt einen Hippogreif. Sein Name ist Seidenschnabel.", verkündete Hagrid stolz und lenkte mich damit von Sirius und Adelaide ab. Ich versuchte mich an der Information zu erfreuen, die Hagrid mir geliefert hat. Begeistert riss ich also meine Augen auf. „Wow, das ist ja unglaublich."
„Soll ich ihn dir vorstellen?"
„Ich würde ihn wirklich gerne kennenlernen.", antwortete ich sofort euphorisch. „Ich habe seit Jahren keinen mehr gesehen." Einmal hatte ich aufgrund meines Jobs mit einem Zauberer zutun, der unter unwürdigen Verhältnissen einen gehalten hat. Zum Glück konnten wir ihn befreien. „Wie wäre es morgen früh, nach dem Frühstück? Und vor dem Unterricht natürlich. Du weißt schon, da bin ich ja jetzt beschäftigt." Ich lachte auf. „Verständlich. Nach dem Frühstück hab ich Zeit. Soll ich zu dir zum Wald kommen?" Hagrid und ich machten Ort und Zeit dingfest. Netterweise kam niemand zurück auf das Black Thema, der Rest des Abendessens war deshalb immer noch ein Festmahl. Besonders jetzt, wo ich von dem Hippogreif erfahren hatte.
Nach dem Essen wartete ich, bis Remus das Gespräch mit dem Professor für Astrologie neben ihm beendet hatte. Die Schüler waren zu diesem Zeitpunkt längst in ihren Gemeinschaftsräumen. Dumbledore hatte die Schar von Kindern vor Minuten ins Bett entlassen. „Du hast dazu nichts zu sagen?" Ich sah zu Severus hoch, der hinter mir aufgetaucht war. „Du hast ein persönliches Problem mit der Situation. Ich nicht. Wenn ich was dazu sagen soll, dann das: Remus wird ein guter Lehrer sein." Ich stand auf, als Remus auf mich zu lief. „Gute Nacht, Severus.", lächelte ich und ging.
„Was wollte Snape von dir?" Ich verdrehte meine Augen. Da sprach doch nicht etwa Eifersucht aus ihm? „Ob ich auf seiner Seite stehe."
„Dann ist ja gut, dass du es nicht bist." Ich lachte trocken auf. „Ich bin eine neutrale Partei."
„Ja klar. Kannst du noch den Patronus-Zauber?", wollte Remus wissen. Es war keine reine Ablenkung, aber es erfüllte einen ganz ähnlichen Zweck. „Ich hab es gleich heute morgen ausprobiert. Die Erinnerungen tuns noch.", versicherte ich ihm. „Ich würde klar kommen." Er nickte langsam. „Sehr schön."
„Vielleicht solltest du den Patronus mit in deinen Lehrplan aufnehmen.", schlug ich nach kurzem Nachdenken vor. Remus legte seinen Kopf schief, die Augenbrauen zusammengezogen. „Den hatte ich mit den Schülern aus dem sechsten Jahr sowieso vor. Aber wahrscheinlich wäre es tatsächlich keine schlechte Idee, ihn schon früher zu lehren."
„Hast du geschlafen?", erkundigte ich bei ihm, um der Stille zu entfliehen. „Du warst heute morgen so früh weg, da konnte ich nicht fragen.", fügte ich gleich eine Erklärung für meine Frage hinzu. „Heute im Zug. Ein bisschen jedenfalls." Gut, dass er mich erinnerte. „Apropos. Wie war die Zugfahrt?" Unbedeutend abtuend blickte er nach vorne. „Recht ereignislos." Das war eine Lüge. „Mhm. Dann ist ja gut."

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GOLDING (Remus Lupin FF)
FanfictionEleonor Golding arbeitet als Vertrauenslehrerin in Hogwarts. Die ehemalige Hufflepuff liebt die Arbeit mit den Schülern. Ihr Ehemann, der als neuer Lehrer für Verteidigung Gegen die Dunklen Küste nach Hogwarts kommt, bring die ein oder andere Kompl...