Bringt es Sie dazu, schneller zu humpeln?

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Ich packte Rons Arm, zog ihn hoch und legte seinen Arm um meine Schulter, damit ich ihn stützen zu können. „Wir bringen Sie in den Krankenflügel."

„Ja, okay.", stotterte Ron. Der Arme war total durch den Wind, aber er ließ sich von mir bis in den Krankenflügel bringen. Wir kamen aber schleppender voran als ich wollte. Und das ließ mich unbedacht handeln. Nervös sah ich mich den gesamten Weg hin um. Ich konnte den Werwolf in der Ferne heulen hören. „Ist er das?" Wieso hatte ich gedacht, er denke selber an seinen Trank?

„Ja. Aber er ist ganz weit weg. Es ist alles gut.", versuchte ich Ron zu beruhigen. „Warum sehen Sie sich dann die ganze Zeit um?" Ich sah den Jungen von der Seite an. „Das hat nichts zu bedeuten. Nicht heute. Damals waren wir oft mit Remus unterwegs. Da ist die ein oder andere Nacht schon mehr schief gegangen." Ich dachte nur an die Nacht, in der Adelaide aufgekreuzt war. Da hätte er sie fast umgebracht. Dummerweise hatte ich sie vorher nicht aufhalten können. Das war immer mein Job gewesen.

„Das beruhigt mich nicht.", wimmerte Ron nur verängstigter. Ich sah wieder zu ihm. „Da haben Sie recht. Bringt es Sie dazu schneller zu humpeln?" Er nickte hastig. „Dann hilft es doch. Also los jetzt." Und tatsächlich kamen wir von da an schneller voran. Zum Glück schaffte ich es, ihn heile in den Krankenflügel zu bringen. Ich musste Poppy wecken. „Tut mir leid.", entschuldigte ich mich bei ihr, nachdem ich ihr in Kurzform die Situation geschildert hatte. „Kein Thema. Das bin ich noch von früher gewöhnt.", beruhigte sie mich. „Soll ich bei Ihnen bleiben?", fragte ich Ron, der mittlerweile vor mir auf einer Krankenliege lag und als Antwort nur hastig nickte. Ich zog mir eine Liege näher ran und setzte mich. Poppy versorgt in der Zwischenzeit die Wunde und legte einen Gips an.

Eine ganze Zeit noch hatte ich beruhigend auf Ron eingeredet, doch irgendwann war ich eingenickt. Die Werwolf Attacke hatte mich ganz schön mitgenommen, dafür, dass ich glimpflich davon gekommen war. Das Adrenalin hatte die ganze Nacht seine Wunder vollbracht, es war Zeit, dass mein Körper sich von dem Schreck erholen konnte.

Aufgeweckt wurde ich zu Sonnenaufgang von der geöffneten Flügeltür. Benommen stolperte Remus in den Krankenflügel. Ich setzte mich auf, rutschte von der Liege und lief zu ihm rüber. Als ich sein Gesicht sah, weiteten sich meine Augen erschrocken. Er war schrecklich zugerichtet. Kratzspuren verteilt über sein ganzes Gesicht. „Mir geht es gut.", hauchte er. Erschöpft ließ er sich auf eine Liege sacken. Ich rief Poppy nochmal zu mir, sie gab ihm wortlos was zur Beruhigung und ohne einen Mucks war er eingeschlafen. Für einen Moment musterte ich ihn höchst besorgt. Ich drückte ihm behutsam einen Kuss auf ein Fleckchen unverletzte Haut auf seiner Wange und wandte mich von ihm ab. „Wir kennen den Anblick. Wir kennen den Anblick.", redete ich mir leise ein. Immer und immer wieder. Anders überlebte ich es nicht, ihn so zu sehen. Mir zu sagen, dass er schonmal schlimmer ausgesehen hatte, half nur bedingt. Aber es half. Ich legte mich auf die Liege neben ihm und schloss meine Augen.

„Madame Golding?" Hermine war an die Liege getreten, auf der ich mich hingelegt hatte. Ich öffnete meine Augen. „Wir haben es geschafft. Sirius konnte fliehen.", berichtete Hermine mir ein paar Augenblicke später. Erleichtert atmete ich auf. „Danke."

Mit einem Lächeln ging sie zu Ron und Harry zurück und ich beschloss, aufzustehen. Nochmal eingeschlafen war ich nicht, seit Remus sich selber eingeliefert hatte. Ich schloss meine Bürotür auf, ließ frische Luft herein und setzte mich an meinen Schreibtisch. In einer Stunde würde es schon Frühstück geben.

Beim Frühstück herrschte eine seltsame Stimmung. Kein andere Schüler hatte mitbekommen, was gestern Nacht passiert war. Severus erkundigte sich sogar einmal bei mir nach Remus, was mich ziemlich verwunderte. Ohne ein weiteres Wort war ich allerdings irgendwann aufgestanden und zurück zum Krankenflügel gegangen. „Wie geht es ihm?", erkundigte ich mit müder Stimme. „Er hat ein paar Verletzungen davongetragen. Nichts, dass sein Körper nicht längst gewohnt ist. Es wird ihm in Null Komma Nichts wieder gut gehen. Er braucht nur etwas Ruhe."

„Danke, Poppy." Mit einem kleinen, selbstverständlichen Lächeln ging sie, um nochmal nach Ron zu sehen.

Ich setzte mich zu Remus auf die Liege. Er sah friedlich aus. Das tat er immer, wenn er schlief. Ich strich durch seine Haare. Bedacht, ihn jetzt bloß nicht zu wecken legte ich mich neben ihn, drückte ihm einen Kuss auf die Wange und schloss meine Augen. Es war eine lange, anstrengende Nacht gewesen.

Eine Stunde noch hatte ich neben ihm gesessen, bevor er sich endlich regte. Ich richtete mich auf und sah zu ihm herunter. Er blinzelte den Schock des blendenden Lichtes weg. „Hey.", flüsterte ich lächelnd. „Wo ist Sirius?", wollte Remus murmelnd Auskunft von mir erlangen. Er war noch gar nicht richtig wach, da fing er schon wieder an sich zu sorgen. Das war sicher nicht gesund. Um ihn zu beruhigen antwortete ich ohne zu zögern. „Harry und Hermine waren hier. Sie sagten, er konnte fliehen."

„Und Peter?"

„Auch weg, er- Hey." Ich drückte ihn sanft aber bestimmt zurück in die Kissen. „Nicht so schnell, mein Lieber. Du bleibst schön liegen. Peter ist weg. Daran lässt sich nichts mehr rütteln. Du hattest eine harte Nacht, du solltest dich jetzt besser ausruhen."

„Du hast recht." Ich schmunzelte. „Was war los? Warum hast du den Trank nicht genommen?" Er schluckte schwer. „Seit Sirius im Schloss ist, bin ich nicht ganz auf der Höhe.", antwortete er ehrlich. „Offensichtlich. Du hast deine Schüler in Gefahr gebracht."

„Nicht hilfreich.", grummelte er, was mich ein bisschen lächeln ließ. „Ich weiß.", gab ich zu. Ich strich ihm über die Wange. Sirius hatte ihn ganz schön erwischt. Ich hoffte, er trug nicht noch mehr Narben davon. Er musste jetzt schon mit so vielen leben. „Wie hältst du es nur mit mir aus?", fragte er mit kraftloser Stimme. „Nein, Schatz. Diese Frage stellen wir nicht.", redete ich ihm diese Gedanken ganz, ganz schnell aus. Solche Fragen stellten wir nicht, wiederholte ich mich gedanklich.

„Ich werde kündigen." Ich sah zu ihm. Das hatte er mal so eben entschieden? „Wegen gestern Nacht?" Remus nickte. „Das kann ich den Schülern nicht zumuten. Und die Eltern werden das sicher auch nicht gut heißen, dass ein Werwolf ihre Kinder unterrichtet. Deswegen sollte es nie jemand erfahren."

„Wenn du das so willst." Ich musste ihn in seiner Antwort bestärken, auch wenn ich nicht wollte. Diese Entscheidung musste er für sich treffen und das hatte er getan. Das musste ich so oder so akzeptieren. 

GOLDING (Remus Lupin FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt