Kapitel 11

306 23 3
                                    

Das hier war kein Roman.

Es käme nicht mit einem Satz zu einem wundervollen Ende.

>> Harlow <<

Ein junger Mann drückte mir meine Reisetasche in die Hand. Scheinbar wurde ich nun hin und her geschoben, weil mir Niemand zutraute auf mich selbst aufpassen zu können.

„Wie heißt du?", fragte ich den blonden Typen.

„Austin", stellte er sich vor.

Ich nickte. Meinen Namen musste ich ihm wahrscheinlich nicht nennen. Irgendwie schien man mich hier zu kennen.

Seufzend sah ich an mir herunter. Auch wenn der Jogginganzug von Sarah bequem war, wollte ich lieber meine eigenen Klamotten anziehen und eine Dusche nach der unruhigen Nacht in einem fremden Haus täte mir auch gut.

„Danke", murmelte ich.

Ich winkte dem jungen Kerl zu und drehte mich zur Treppe, um diese emporzusteigen. Im Gästezimmer angekommen, hüpfte ich schnell unter die Dusche und zog mir anschließend frische Unterwäsche, eine Jeans und einen dunkelroten Pullover über. Vorne sah der Pullover relativ unspektakulär aus, doch hinten zierte nun meinen Rücken ein tiefer Ausschnitt und offenbarte mein Tattoo.

Vor dem Spiegel blieb ich stehen und betrachtete mein Äußeres darin. Wie von selbst wanderten meine Hände zu meinem Unterleib. Ich stellte mich zur Seite, zog leicht den roten Stoff hoch. Für einen Moment dachte ich eine Wölbung zu erkennen. Ich biss die Zähne zusammen. Nein. Das konnte einfach nicht sein.

Überraschend fühlte ich Wärme in meinem Rücken, ehe sich starke Arme um meine Taille schlangen. Ich sah hoch. Im Spiegel begegnete ich Waylens Augen. Meine Hände verschwanden unter seinen glühenden Pranken, während er mich intensiv musterte.

„Du bist wieder hier", murmelte ich.

„Es hat nicht lang gedauert. Die Lagerhalle war schlecht bewacht", informierte er mich.

Es erstaunte mich immer noch, wie ehrlich er plötzlich zu mir war. Zuvor hatte ich nicht einmal eine Ahnung gehabt, was er den ganzen Tag getrieben hatte. Jetzt sprach er es einfach aus.

„Ich muss zum Gynäkologen", wechselte ich das Thema.

Auch wenn ich seine Ehrlichkeit schätzte, konnte ich damit nicht umgehen. Ich wusste, dass ich mich damit auseinandersetzen musste. Nicht jetzt. Irgendwann vielleicht.

„Du kannst das Haus nicht verlassen. Es wurde gerade eine Meldung herausgegeben, dass alle Fenster geschlossen gehalten werden müssen, weil ein Chemiewerk explodiert ist."

„Ich kann nicht warten, Waylen. Ich brauche Gewissheit. Wenn ich nicht rechtzeitig Bescheid weiß, kann ich nichts dagegen tun", sprach ich aus, was mich wirklich beschäftigte und sah wieder auf meinen Bauch herunter. Das Pflaster leuchtete mir weiß entgegen und dennoch meinte ich immer noch eine Wölbung zu erkennen.

„Etwas dagegen tun? Was willst du mir damit sagen?"

Deutlich nahm ich den warnenden Unterton in seiner Stimme wahr, aber das hier war nicht seine Entscheidung. Es war mein Körper. Mein Leben. Ich konnte mir jetzt keine Kinder vorstellen. Nicht mit ihm. Nicht bei diesem Leben, was er führte.

„Ich kann das nicht. Ich will jetzt keine Kinder", presste ich hervor. In meinen Augen stach es verdächtig. Ich wollte ihm eigentlich nicht zeigen, wie viel Angst ich davor hatte, aber es war zu spät. Es rollte bereits eine Träne meine Wange herab.

„Du wirst unser Kind nicht töten", zischte er.

Töten? Ausgerechnet er sprach davon? Ihm bedeutete ein Menschenleben doch weniger als mir. Wie konnte er mich dafür verurteilen?

Ihr wahnsinniges HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt