Ein Teil von mir beschützte diesen Psychopathen immer noch.
>> Harlow <<
Der Schnee war nicht lange liegen geblieben. Es war immer noch kalt, aber die Temperaturen waren milder geworden. Es hätte mich auch sehr gewundert, wenn es zu Weihnachten in diesem kleinen Städtchen Schnee gegeben hätte.
Der Eisblock in meiner Brust dagegen war geblieben, obwohl Draußen die Sonne schien. So unverständlich es auch war, dass nach einem Angriff, nach dem Tod, nach einer Trennung und all dem Schmerz die Welt sich einfach weiterdrehte, war dies genau der Fall. Das Leben ging einfach weiter und ich befand mich mittendrin.
Es fühlte sich unwirklich an. Ich hatte das Gefühl, dass die Zeit stillstehen müsste. Ich hatte etwas Grausames getan. Ich hatte eine Freundin getötet. Ich war längst nicht mehr unschuldig. Auch wenn sie mich entführt, gefangen gehalten hatte und hatte töten wollen, hätte ich sie auch anders aufhalten können. Ich hatte das Messer in der Hand, also hatte ich die Macht gehabt und ich hatte mich für ihren Tod entschieden.
Vielleicht sollte ich wieder eine Therapie beginnen. Mir war durchaus bewusst, dass die Ereignisse der letzten Wochen tiefsitzende Wunden wieder aufgerissen hatten. Die Untätigkeit tat ihr Übriges und ich verschwand in meinen Gedanken bei einer Zeit, die ich lieber wieder vergessen wollte. Dann wechselte es in Schuldgefühle, bis sich dieses schmerzhafte Brennen in meiner Brust ausdehnte, sobald Waylen meine Gedanken streifte.
Ich schloss die Augen. Meine Hand legte ich auf die Wunde an meinem Bauch und drückte leicht zu. Ein unangenehmes Pochen durchfuhr meinen Magen. Körperlicher Schmerz schaffte es das Chaos in meinem Kopf zum Verstummen zu bringen für einen Augenblick. Dann konnte ich Realität von Erinnerung unterscheiden. Dann konnte ich meinem Wahnsinn Einhalt gebieten.
Ein Klopfen riss mich aus meiner Konzentration. Langsam öffnete ich die Augen, atmete durch, zog die Hand von meinem Magen und stemmte mich schließlich von der Couch hoch. Ich erwartete Niemanden und nicht viele kamen mich besuchen, denn ich hatte nicht viele Freunde. Eigentlich hatte ich nur noch eine Freundin, nachdem ich eine andere getötet hatte. Doch ich konnte längst nicht mehr sagen, ob Sarah noch meine Freundin war oder auf Waylens Seite stand.
Ich öffnete die Türe nur einen Spalt. Mehr ließ die Kette vor der Tür auch nicht zu. Ich war vorsichtiger geworden. Waylen besaß immer noch einen Schlüssel für diese Wohnung. Er konnte jederzeit in meinen Vierwänden auftauchen und ich konnte nichts dagegen tun. Hatte ich noch zu Beginn gedacht, dass die Polizei ihn von mir fernhalten könnte, musste ich diesen Gedanken selbst über Bord werfen. Er hatte mir immer wieder versucht zu erklären, dass die Polizei nichts täte und mittlerweile glaubte ich Waylen. Weder im Krankenhaus noch danach war die Polizei bei mir aufgetaucht. Niemand wollte eine Aussage von mir haben. Ich musste nicht erklären, warum ich Cara aufgeschlitzt hatte. Das war mehr als merkwürdig und untermauerte nur Waylens Worte.
Überrascht sah ich die Frau vor meiner Türe an. Nora stand davor mit zwei bepackten Tüten und funkelte mich wütend an.
„Warum musste ich von deinem Verlobten von dem Angriff erfahren?", legte sie sofort los.
Ich seufzte. Der Dreckskerl hatte meine Mutter informiert. Was stimmte denn nicht mit ihm? Ich hatte ihr bewusst nichts erzählt. Ich wusste nicht, wie sie darauf reagieren würde. Ehrlicherweise hatte ich Angst, dass sie wieder zur Flasche griffe.
Seufzend schloss ich die Tür, um die Kette zu entfernen und meine Mutter hereinzulassen. Hinter ihr verbarrikadierte ich die Tür wieder. Meine Mutter stellte die Tüten ab und wirbelte zu mir herum. Fest legten sich ihre Arme um meine Schultern und sie drückte mich an sich. Ihre kalte Wange drückte sich auf meinen Scheitel. Überrascht legten sich meine Hände auf ihren Rücken. Das hier war so gar nicht die Reaktion, mit der ich gerechnet hatte.
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Ihr wahnsinniges Herz
RomanceIch weiß jetzt, wer du bist. Ein Stalker. Ein Mörder. Ein verdammter Psychopath. Ich habe dich an mich herangelassen. Deine Lippen haben meinen Körper berührt. Meinen Mund. Sie haben mich in den Wahnsinn getrieben. Das ist jetzt vorbei. Ich kann...