Kapitel 18

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Ich ertrüge nicht noch eine Nacht neben einem Mann,

der sich meinen Tod wünschte.

>> Harlow <<

Es tat weh. Wir hatten den ganzen Tag nicht mehr miteinander gesprochen. In der Nacht war er von mir weggerutscht und heute Morgen war ich neben einer kalten Bettseite erwacht.

War das seine Strafe für mich, weil ich seinen Befehl missachtet hatte? Es war doch schon Strafe genug, dass er bereute mich gerettet zu haben. Ich hatte es in seinen Augen gesehen. Meine Rettung war nicht so wichtig, wie Ricardos Leben. Das eine Leben für das andere und Waylen hatte sich falsch entschieden.

Es kratzte wieder verdächtig in meinem Hals. Ich versuchte die Tränen herunterzuschlucken. Was hatte ich denn erwartet? Waylen würde sich niemals ändern. Er war skrupellos und der Clan stand für ihn an erster Stelle. Ich wäre dumm etwas anderes zu glauben.

Mit zitternden Händen schüttete ich mir eine zweite Tasse Kaffee ein. Ich versuchte an dem warmen Porzellan meine kalten Hände zu wärmen.

Verloren schlenderte ich zur Fensterfront hinüber und starrte auf die Lichter unserer grauen Stadt. Weihnachten stand schon kurz vor der Tür. Noch nie hatte ich mich so einsam in der Adventszeit gefühlt. Etwas war in mir zerbrochen und ich wusste nicht, ob man es reparieren könnte. Ich musste mir eingestehen, dass ich abhängig von Waylen war. Ich war süchtig nach seiner Nähe. Er hatte dafür gesorgt, dass es kein Leben mehr ohne ihn gab, und jetzt entzog er mir diese Nähe, bestraft mich dafür, dass ich noch lebte.

Scharf atmete ich aus, als Tränen meine Sicht verschwimmen ließen. Ich blinzelte. Immer und immer wieder. Ich wollte Niemandem zeigen, wie verletzt ich war. Es war dumm. So dumm. Dumm. Dumm.

„Willst du nicht endlich etwas essen?", holte mich Waylen aus meiner Starre.

Ich schloss für ein weiteres Mal die Augen, atmete ein paar Mal durch und zwang alle Emotionen herunter, bevor ich mich zum ihm herumdrehte.

„Ich habe keinen Hunger", erwiderte ich.

Er stand an der Kücheninsel. Heute hatte er auf eine Anzugjacke verzichtet. Er schob die Ärmel seines dunkelblauen Hemdes bis zu den Ellbogen hoch. Dann legte er seine Hände auf der Arbeitsfläche ab und lehnte sich vor. Auf seinen Unterarmen traten Adern hervor, während er seine Finger spreizte. Mist. Seine Erscheinung ließ meine Knie weich werden. Es sah so gut aus. Seine Haltung erinnerte mich daran, wie er meine Schenkel auseinandergezogen hatte, um mich zu nehmen.

Ich biss mir auf die Zunge. Versuchte er mir jetzt auch noch das Leben schwer zu machen? Er wollte mich nicht in seiner Nähe. Das hatte ich verstanden. Er musste mir nicht auch noch unter die Nase reiben, was ich nicht haben konnte. Welch eine Ironie. Ich hatte so lange versucht von ihm wegzukommen und jetzt, da ich meinem Ziel so nah war, war ich mir nicht mehr sicher, ob ich es wirklich wollte. Beim letzten Mal hatte es mich fast zerstört. Auch jetzt noch brannte diese schmerzvolle Flamme in meiner Brust.

„Iss etwas", presste er zwischen den Zähnen hervor.

„Ist das ein Befehl?", fragte ich leise.

„Wenn du es solches sehen willst", beantwortete er nicht wirklich meine Frage.

Ich senkte den Kopf. Ergeben lief ich auf den Kühlschrank zu. Ich hatte keine Lust mich zu wehren. Er hasste mich sowieso schon. Ich musste ihm keinen weiteren Brennstoff geben.

Vorsichtig öffnete ich die Kühlschranktür und sah hinein, dabei stellte ich die Kaffeetasse beiseite. Mich sprach nicht wirklich etwas an. Ich hatte tatsächlich keinen Hunger, dennoch schnappte ich mir einen Joghurt und zog mir einen kleinen Löffel aus der Schublade rechts von mir.

Ihr wahnsinniges HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt