//9

292 44 6
                                    

"Dave, warte bitte."

Ich rannte Dave dem Flur des zweiten Stockes nach. Er hatte nur längere Beine als ich, sodass ich außer puste ihn am Arm zurück hielt.
"Dave..."
Dave fedelte seine Hand aus meinem Griff und wandt sich mit verschränkten Armen zu mir.
"Im Zoo?", fragte er wütend nach.

"Dave, du hast es falsch aufgenommen", stammelte ich vor und versuchte dabei mit meinen Händen, die Situation von einer Eskalation zu bewahren. Ich musste Logik einbauen. Es war Dave. Er brauchte die Logik um es zu verstehen.
"Wir wissen nicht, wie die Menschen darauf reagieren werden. Es kann sein, dass manche mit Angst auf die Mutation reagieren werden. Andere lieben Veränderungen und passen sich an. Das kann ich dir nicht sagen. Aber die Wahrscheinlichkeit, dasss du im Zoo landest, ist gering.", zog ich scharf die Luft ein und bemerkte erst jetzt, dass ich außer Atem war. Es war schwierig die Balance zu halten, sodass ich Halt an seinem Unterarm suchte. Diesmal wies er mich nicht ab.

"Aber ich würde unter Beobachtung stehen." Ein gut gemeintes Lächeln schlich sich auf mein Gesicht.
"Unter Schutz." Dave nickte und ich zog meine Hand zurück. Meine Haare kitzelten meine Nase, doch ich mied es an diese zu kratzen.
"Warum unter Schutz, wenn ich ein Werwolfgen habe? Ich dachte, ich würde an Kraft gewinnen?"
"Das schon." fiel die Antwort.
"Jedoch würde es mir dabei nicht gut gehen, wenn du dank mir unter Gefahr stehen würdest." Ich blickte herab und versuchte, das beengende Gefühl in meiner Brust zu ignorieren. Es war bloß ein Projekt. Bestimmt würde alles gut gehen. Dennoch, der Gedanke, dass Dave etwas passieren könnte, saß nicht gut.

Ich spürte Dave's Finger unter meinem Kinn. Langsam wurde mein Kopf hochgehoben. Das Licht der Neonröhren erhielten meine Aufmerksamkeit. Sie wurden von Dave's Augen aufgefangen.
"Du machst dir Sorgen um mich, wenn du selbst in Gefahr stehst?" Es stimmte. Ich stand genauso im Risiko einer Verfolgung oder gar Ausschreitungen von bestimmten Personen. Als Antwort zuckte ich mit meinen Schultern. Ich nahm es im Kauf.
"No risk, no fun." grinnste ich meinen Kollegen und One-Night-Stand Partner an.

"Wie kannst du darauf eingehen, wenn dein Leben auf dem Spiel steht?"
Seine Frage war berechtigt und es gab auch Momente, wo ich an meiner Handlung selbst gezweifelt hatte.
"Ich habe keine Freunde." rückte ich meine Lebensgeschichte raus.
"Meine Familie besteht aus meiner Oma Perle und meiner Tante June. Oma Perle ist an Alzheimer erkrankt. Man weiß nicht, wie lange sie diese Krankheit am Leben lässt. Tante June selbst muss sich mit ihrem fortgeschrittenen Brustkrebs auseinander setzen." Ich wartete für einen Augenblick, bevor ich seufzte und weiter sprach.

"Für wen lebe ich? Was habe ich zu verlieren?" Ich schenkte mir selbst die Antwort darauf.
"Ich verliere nur meine Würde und gebe meinen Traum auf. Das ist es. Also riskiere ich auch dafür mein Leben."
Ich hätte mit einem "Du bist verrückt" gerechnet, aber nicht mit einer herzerwärmenden Umarmung. Seine Hand lag um meinen Nacken, die er leicht zu massieren schien. Hätte ich weinen sollen? Komischerweise füllten sich meine Augen mit Tränen auf.

Vermutlich lag es daran, dass ich wenig Zuneigung im Leben bekommen hatte oder es könnte auch der Moment gewesen sein, indem ich mich schwach gefühlt hatte. Vielleicht war ich auch nur überfordert genug um meine aufgebaute Fassade brökeln zu lassen. Auf jeden Fall spürte ich Tränen meine Wangen herabrollen.
"Ich verstehe es.", hörte ich an meinen Haaransätzen nuscheln.
Ich lies die angehaltene Luft raus. Irgendwie war mir seine Meinung ziemlich wichtig geworden. Ich wollte ihn nicht entäuschen.

Ich vernahm das Klackern von Absätzen. Schnell drückte ich mich von seiner Umarmung weg. Dave runzelte seine Stirn, doch fing er sich wieder auf, als Candice um die Ecke trat. Ihr Lächeln erhellte den Gang und ich musste mich mit einem hässlichen Gefühl abfinden. Sie würde ihre Aufmerksamkeit bekommen und das von meinem One-Night-Stand. Wie ich sie hasste, obwohl sie eigentlich ziemlich nett zu mir war.
"Dave." kreischte sie seinen Namen raus und fiel ihn um den Hals. Unbeholfen stand ich daneben und lies mich zur Seite drängen. Etwas in dem ich sehr gut war, die Topfpflanze an irgendeiner Ecke. Bemitleidend.

"Hey, Candice.", grüßte er sie mit dem selben Lächeln zurück, dass er mir ded Öfteren schenkte. Hässliches Gefühl. Mir gefiel es nicht.
"Hast du etwa unser Rendezvous vergessen?"
Rendezvous? Was für ein Rendezvous? Ich versuchte nicht zu Lauschen, aber verfiel der Verführung. Wieso hatten die Beiden ein Treffen?
Dave's Kichern brachte mich zurück zur Erde. Ein Blick zu ihm, lies mich Rot anlaufen. Was war an meiner Reaktion so lustig?

"Natürlich, nicht. Wie konnte ich unser Mittagessen vergessen?", spielte er übertrieben mit, dass ich meine Augen zusammen kniff. Es gab zwei Optionen, wie ich das anging. Die erste Möglichkeit war, mit einer Entschuldigung zu verschwinden. Die zweite bestand darin, einfach dumm daneben zu stehen und Däumchen zu drehen.
Als ich die erste Option heranging, fiel mir die Nächste ein. Ich lief ohne ein Wort an Beide vorbei.
"Drew", wurde ich von Dave gerufen. Ich hatte bloß keine Lust dazu zu stoßen, sodass ich einfach weiter voran ging. Er schuldete mir keine Erklärung noch sollte es mich kümmern wie er seine Zeit tot schlug.

Ich ertappte mich bei seinem zweiten Ruf, doch noch eine Reaktion abzugeben. Jedoch gewann meine Würde, bis mir einfiel, dass die Einverständniserklärung noch nicht unterzeichnet war und ich so nicht weiter arbeiten konnte. Verdammte Candice.

Projekt: Ein Werwolf wurde erschaffenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt