Triggerwarnung: Panikattacke
Mit quietschenden Reifen hielten wir vor der Notaufnahme des Krankenhauses. Shaw rief bereits nach den Ärzten, die auch gleich herbeieilten und meinen Vater auf eine Liege hievten. Wie ferngesteuert lief ich hinterher. „Wie alt ist der Mann?" fragte einer der Ärzte. Er war noch ziemlich jung und an seinem Kittel hing ein Schild mit dem Namen „Dr. Benjamin Sattler". Ich starrte ins leere, unfähig zu reagieren. Erst als Shaw mich an der Schulter anfasste, sah ich auf. „Riley, wie alt ist dein Vater?". „48", sagte ich ausdruckslos. Dr. Sattler nickte und lief den anderen Ärzten hinterher durch eine Tür, die zu den OP- Saals führte. Vielleicht hatte ich Dad gerade zum letzten Mal gesehen. Es fühlte sich an wie ein Schlag in die Magengrube. Mir wurde übel. Ich erblickte eine Damentoilette gegenüber und stürzte dort hinein.
Als ich aus der Kabine wieder heraustrat, fühlte ich mich leer. Nicht nur körperlich. Das einzige, was mir wohl noch übrig geblieben war, waren Tränen. Ich ließ mich an der Wand entlang auf den Boden sinken, zog meine Beine an, schlang meine Arme um die Knie und stütze meinen Kopf darauf. Ich spürte das getrocknete Blut an meinen Händen und wie die Klamotten von Schweiß getränkt an mir klebten. Dadurch fröstelte es mich jetzt. Niemand konnte mir diesen Schmerz abnehmen, aber ich wünschte, es wäre so, denn er drohte, mich zu erdrücken. Ich hatte Kopfschmerzen, so stark, dass ich dachte, es würde gleich eine Bombe explodieren. Ich rang nach Luft zwischen den Schluchzern, von denen ich geschüttelt wurde. Mir war wieder schlecht, aber ich wusste sowieso, dass es in meinem Magen nichts mehr gab, was hätte herauskommen können. Ich hatte kein Zeitgefühl mehr, denn alles schien stillzustehen. Welcher Tag es war, hätte ich vermutlich auch nicht mehr sagen können. Mein Vater wurde operiert und jeden Moment könnte ein Arzt kommen, um mir entweder mitzuteilen, dass er wieder gesund werden würde, oder dass er es nicht geschafft hätte.
Ich hörte nicht, dass die Tür geöffnet wurde, aber Shaw rüttelte plötzlich sanft an meinen Schultern. Es musste ein Mitleid-erregender Anblick sein, wie ich da so auf den kalten Fliesen saß. Deswegen sah ich auch nicht auf, aber ich hörte, wie er sich ebenfalls auf den Boden niederließ. „Nenn mir fünf Sachen die du sehen kannst.". Automatisch hob ich den Kopf. „Was?". „Nenn mir fünf Sachen die du siehst.", wiederholte er. Ich runzelte die Stirn. „Vertrau mir.". Also sah ich mich um. Es gab weit mehr als nur fünf Dinge, die ich hätte aufzählen können und es war schwer, mich zu entscheiden. „Das Waschbecken", fing ich an. „Ein Seifenspender,... den Mülleimer, die Papierbehälter". Eine Sache noch. Da ich nicht unbedingt „Toilettenkabine" sagen wollte, sagte ich einfach: „Dich.". Er lächelte. „Ich bin zwar keine Sache, aber das lasse ich gelten. Und jetzt noch fünf Dinge, die du hörst.". „Echt jetzt?". Was für ein Spiel sollte das werden? Aber er nickte nur, also schloss ich die Augen. Es war um einiges schwerer, gezielt etwas zu nennen, das man hörte. Man machte sich eigentlich nie die Mühe, Geräusche zu isolieren, denn es kostete mir einiges an Konzentration. „Die Klimaanlage, die Schritte auf dem Flur,...". Tropfte da nicht ein Wasserhahn im Hintergrund? „Der Wasserhahn der tropft,... ein Kind weint, ein klingelndes Handy.". Wieder nickte Shaw. „Besser?", fragte er jetzt. Ich hatte es nicht bemerkt, aber durch das Konzentrieren auf die Geräusche und die Sachen in meiner Umgebung, hatte ich mich auf einen Schlag beruhigt. Mein Atem ging normal, mein Herz raste nicht mehr und ich fror auch nicht mehr. Dafür war ich jetzt erschöpft, als wäre ich einen Marathon gelaufen. Im Grunde genommen hatte ich das auch, nur eben psychisch und nicht physisch. „Das war eine Panikattacke, oder?", fragte ich leise. „Ich schätze ja.". Ich setzte mich ein wenig aufrechter hin. „Woher kennst du diese Methode?", fragte ich ihn. Er antwortete nicht gleich. „Wenn man so ein Leben führt wie ich, eignet man sich nach und nach so seine Vorgehensweisen an.". Ich verstand sofort, dass er nicht darüber reden wollte. Aber das war okay. Und eigentlich kannte ich ihn ja gar nicht, also ging es mich auch nichts an. „Danke.", sagte ich dennoch. „Dann werde ich mir mal die Hände waschen.". Ich stemmte mich hoch, blieb aber noch an der Wand lehnen. „Und ich besorge uns was zu essen.". Er versicherte sich noch, dass er mich alleine lassen konnte und trat wieder auf den Flur hinaus. Als ich wieder alleine war und in den Spiegel sah, erkannte ich mich nicht wieder. Das Mädchen, dass ich noch bis vor ein paar Tagen war, gab es nicht mehr. Und wie auch immer das hier ausgehen würde hatte ich nicht mehr in der Hand. Jetzt musste ich mich auf das Schicksal verlassen. Und beten.
DU LIEST GERADE
Fast and furious
FanfictionRiley ist 17 Jahre alt, lebt seit elf Jahren in einem Weisenhaus, ihr Vater sitzt im Gefängnis. Ihre einzige Leidenschaft ist das Rennen fahren. Bei einem solchen Rennen begegnet sie Dom und seinem Team. Als ein alter Bekannter ihres Vaters sein Gel...