Kapitel 5

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Die ersten paar Sekunden geschah überhaupt nichts, doch dann war ich auf einmal irgendwo anders. An einem Ort, an dem ich nie zuvor gewesen war. Wo war ich gelandet. Hier war es Nacht und ich konnte lediglich Schemen in meiner Umgebung wahrnehmen. Ich war barfuß und spürte den sandigen Boden unter meinen Fußsohlen. Bei jedem Schritt knirschte er und es verfing sich immer mehr von ihm zwischen meinen Zehen. Es fröstelte mich, was kein Wunder war, denn ich war nur noch in ein seidiges und luftiges Nachtkleid gehüllt. Zudem hatte es hier winterliche Temperaturen und die Luft war feucht.

Möglicherweise war ein See oder Teich in der Nähe, ein Fluss bestimmt nicht, denn den würde man hören. Bei näherer Betrachtung meiner Umgebung nahm ich wahr, dass überall um mich herum meterhohe dunkle Steine standen. Sie umzingelten mich und ich fühlte mich winzig klein zwischen ihnen. Egal wie weit oder in welche Richtung ich auch ging, es sah alles gleich aus. Es war als wäre ich in einem undurchdringbaren Labyrinth gefangen und hätte keine Chance zu entkommen.

Aber dann veränderte sich die Umgebung plötzlich doch und ich schien im Inneren dieses Irrgartens angelangt zu sein. Hier stand ein hoher und äußerst breiter Turm mit einer riesigen Uhr. Ich hatte noch nie in meinem Leben eine solche gesehen, es wäre beeindruckend gewesen, hätte ich keine anderen Sorgen gehabt. Es schien kurz vor Mittag zu sein.

Ich fiel fast in Ohnmacht vor lauter Schreck, als plötzlich die Stimme der Mondgöttin erklang. Ich drehte mich mehrmals um meine eigene Achse, doch ich konnte sie nirgends entdecken. Da sprach sie erneut zu mir: »Elina, folge deinem Herzen und schaue ob es hier für dich einen Platz gibt. Aber beeile dich, denn sobald der zwölfte Glockenschlag der Uhr verklungen ist, musst du deine Wahl getroffen haben. Möglicherweise gehört einer dieser Stein zu dir.

Wenn dem so ist, dann berühre ihn, aber auch nur diesen Einen. Bedenke, du darfst nur einen einzigen anfassen oder wenn du mit deinem Herzen zu keinem von diesen eine Verbindung spürst, dann gar keinen. Ich hoffe, dass du die für dich richtige Entscheidung triffst. Ansonsten wirst du diesen Ort ohne ein Zeichen verlassen oder im schlimmsten Fall sterben.«

Diese Informationen musste ich erst einmal kurz Sacken lassen, denn sie waren heftig. Trotz dessen, dass ich eigentlich wusste worauf ich mich da eingelassen hatte, kamen mir durch diese Worte Zweifel. Aber ich schob sie beiseite und versuchte mich zu konzentrieren.

Jetzt war nicht die Zeit in Panik zu verfallen, das konnte ich mir in meiner momentanen Lage nicht leisten. Aber ich konnte es mir auch nicht leisten zu versagen und bisher konnte ich keinerlei Anziehung spüren und so begann ich meine Augen zu schließen, aus Hoffnung so eine Verbindung zu einem der Felsen fühlen zu können.

Es funktionierte nicht, daher irrte ich eine Weile ziellos umher. Bis die Uhr anfing zu läuten. Es war der erste Glockenschlag, das bedeutete für mich, dass ich nur noch elf Schläge Zeit hatte. Je mehr Schläge es wurden, desto mehr verfiel ich doch in Panik. Es wäre alles umsonst gewesen, ich hätte so viel dafür riskiert, um am Ende genauso wie am Anfang dazustehen.

Leider ist das Leben manchmal so, nicht immer alles läuft so wie man es sich wünscht. Aber in diesem Fall werde ich das nicht akzeptieren, ich werde kämpfen bis es endgültig zu spät ist. Die Glocke läutete bereits zum fünften Mal und ich versuchte mich wieder zu beruhigen, konzentrierte mich stattdessen auf meine Atmung und schloss meine Augen.

Dann sah ich es plötzlich, es war wie aus dem Nichts gekommen. Ich traute mich gar nicht meine Augen wieder zu öffnen, aus Angst, dass der Lichtstrahl dann wieder verschwunden wäre. Mir war aber durchaus bewusst, wie sehr die Zeit drängte und wie wenig ich von ihr noch übrighatte.

Also hob ich blitzschnell meine Augenlider und konnte es selbst kaum fassen, das hellblaue Licht war noch immer da. So schnell mich meine Füße tragen konnten lief ich los und folgte dem leuchtenden Strahl, ohne zu wissen wo er endete. Ich lief so schnell, dass ich sogar einmal über meine eigenen Füße gestolpert war und mir mein rechtes Knie blutig geschlagen hatte.

Die Aufopferung Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt