Der König übergab mich an seinen engsten Vertrauten, damit mich dieser sicher zu See führen würde und er auf die Bühne steigen kann, um unbesorgt seine Eröffnungsrede zu halten. Ich bekam nicht viel von dieser mit, sondern starrte auf das Wasser, indem sich bereits der helle Vollmond spiegelte und hoffet darauf, dass dieser Tag bald zu Ende ist.
Nach einer Ewigkeit, zumindest kam es mir so vor, durfte ich endlich ins Wasser steigen und losschwimmen. Als ich mit meinen Füßen das Wasser zum ersten Mal berührte, wollte ich am Liebsten sofort wieder hinaus. Es war eiskalt. Sogar so kalt, dass ich mich einfach nicht an diese Kälte gewöhnen konnte. Mein luftiges Kleid sog sich mit dem Eiswasser voll und erschwerte mir das Schwimmen.
Aber die Strecke, die ich zurücklegen musste war nicht sehr weit. Wegen der Opferung hatten alle im Reich das Privileg schwimmen lernen zu dürfen bzw. zu müssen, daher war bisher jedes der Opfer Heil zur Insel gelangt, auch wenn der Weg eher einem Kampf als einem netten Schwimmen beim Mondschein glich.
Als ich es dann endlich zur Insel geschafft hatte und den See verlassen durfte, zitterte ich bereits am ganzen Körper. Auch meine Lippen waren betroffen und wiesen einen bläulichen Glanz von der Kälte auf. Zudem klapperten meine Zähne.
Wenn ich nicht so von der Kälte abgelenkt worden wäre, dann wäre es mir bestimmt peinlich gewesen. Denn jeder konnte durch den nun durchsichtig gewordenen Stoff meine Unterwäsche sehen, aber ich war viel zu sehr damit Beschäftigt zu frieren. Auf der Insel nahm man mich bereits in Empfang.
Eine None half mir aus dem Wasser und führte mich hinter das Schilf. Dort zog sie mir das nasse Kleid über den Kopf und streifte mir mein durchnässtes Höschen von meinem Körper ab. Danach wrang sie meine Haare etwas aus, flocht diese zu einem Zopf und steckte mich in ein sehr edles Gewand. Ich kann mich nicht daran erinnern jemals ein so edles Kleid getragen zu haben.
Der Unterrock war aus feinstem weißem Stoff und das eigentliche Kleid schien so kostbar zu sein, dass ich Angst hatte es durch das bloße Tragen zu beschmutzen. Es strahlte unglaublich hell.
Es war himmelblau und mit feinen silbernen Fäden durchzogen. Die Ärmel schmiegten sich wie angegossen an meine Haut und doch spürte ich sie kaum. Außerdem waren ein paar funkelnde Saphire an Kragen und Hüfte genäht worden. Es war ein Traum.
Doch nicht nur ich kam aus dem Staunen nicht mehr hinaus, der None erging es ebenso. Als wir beide uns wieder besannen und ich hinter dem Schilf hervortrat blieb auch der Menge für einige Augenblicke der Atem weg.
Diese traumhafte Bekleidung war einfach etwas Besonderes. Zudem verlieh der Mond ihm einen magischen Schimmer, denn durch seinen Schein wirkte es, als würde es aus bloßem Sternenstaub bestehen. Dann begann die Menge zu tuscheln, doch dies wurde unverzüglich von der Garde des Königs unterbunden. Nachdem sich dann alle wieder beruhigt hatten, ging das Spektakel weiter.
Der Priester kam auf mich zugeeilt und zog mich an dem nicht gezeichneten Oberarm zum bereits wartenden Schatzmeister hinüber. Er zog so fest an mir, dass ich beinahe gefallen wäre und ich Angst haben musste, dass das schöne Kleid riss.
Der Schatzmeister, welcher ein alter, rundlicher und freundlicher Mann ist, hielt mir bereits eine kleine hölzerne, mit goldenen Rändern bestückte Truhe entgegen. Ich war ihm bereits einige Male im Palast begegnet und hatte sogar das ein oder andere Mal das Wort mit ihm gewechselt.
Daher wusste ich, dass er Lorenzo heißt und er seiner Arbeit bereits über vierzig Jahre nachgeht. Mit einem aufmunternden Lächeln bedeutete er mir, dass es nun an mir lag mir ein kostbares Schmuckstück auszusuchen. Ich besah den durch den Mondschein glänzenden Inhalt der Schatulle vor mir und betrachtete ihn nachdenklich.

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Die Aufopferung
FantasíaElina lebt in einer nicht gerade einfachen Welt, denn jedes Jahr am selben Tag erscheint bei einem Bewohner des Landes ein Zeichen. Dieses Zeichen, welches am Tag des Saphirmondes erscheint, ist jedes Mal anders. Wenn es wieder soweit ist, kommt ein...