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Wir müssen reden, Ava

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Wir müssen reden, Ava.

4 Worte. Vier verdammte Worte? Mehr war ich ihm nicht wert? Nach allem, was passiert war?
Nachdem er sich beinahe brutal in mein neues Leben hineingedrängt hat.
Unfassbar!

Seither waren einige Tage vergangen, in denen ich weder seine Anrufe noch Nachrichten beantwortet habe. Sie sind sobald sie angekommen waren, sofort im Papierkorb gelandet. Ich habe meine Antwort erhalten und mehr muss ich auch nicht wissen. Natürlich habe ich geheult und das reichlich aber ich habe diesen Mann schon so oft aus meinen Gedanken streichen müssen, dass ich mittlerweile zu einer perfekten Verdrängungskünstlerin avanciert bin.
Scheiß auf Arlo! Scheiß auf Viktoria und verdammt nochmal, scheiß auf diese verflixte Hochzeit!

Alle Hochzeitsrelevanten Dinge hatte ich auf Lielle's Handy umleiten lassen und sie war mir gerne dabei behilflich.
Den Rest dieser Tage war ich mit der Planung der anderen Feier beschäftigt und um ehrlich zu sein, war ich mehr als froh über diese Beschäftigung. Ich traf mich mit den Aristokraten, suchte Blumen-Arrangements und Catering mit ihnen aus und machte gute Miene zum bösen Spiel. Jeden Tag hatte ich die Befürchtung, dass Arlo vor meiner Tür aufkreuzen würde und mich damit zu einem Gespräch zwingen würde, aber diese Angst erwies sich als unbegründet.

Möglicherweise habe ich mit meiner Vermutung vor ein paar Wochen recht gehabt. Arlo Bennet Munro hat Angst vor Bindung. Ob damals mit mir, oder nun mit Viktoria. Er ist ein rastloser Geist, den man nicht greifen kann. Er sucht einem Heim, geht einem durch Mark und Bein und wenn er dann ganz nahe scheint und man seine Finger nach ihm ausstrecken möchte, gleitet er einfach hindurch, löst sich vor den eigenen Augen in Luft auf. Nichts weiter als eine Erinnerung.

Ich beende gerade ein Telefonat mit dem Sekretär der Braut und lege mein Handy vor mir auf den Tisch. Mein Blick fällt auf den Kalender und ich seufze tief, ehe ich die Lesebrille abnehme und über meinen Nasenrücken streiche.
Heute Mittag ist das Probedinner, das hier in London stattfinden wird. Für die Gäste wäre der Weg zu weit, um eben mal in der Location zu essen und aufgrund des Zeitmangels findet heute ebenfalls der Junggesellenabschied statt. Wie sehr ich mich auch sträuben mag, aber das Dinner kann ich nicht in Lielle's Hände legen, obwohl sie sich wirklich als enorme Hilfe entpuppt hat. Ich musste mich die letzten Tage praktisch um nichts kümmern und deshalb werde ich ihr heute mitteilen, falls wenn sie es möchte, nach dem Ende ihres Praktikums ein Job in dieser Firma auf sie wartet.
Ich stehe auf, schalte das Telefon ab und begebe mich nach Hause um mich zu duschen und umzuziehen. Die Gedanken daran Arlo zu begegnen, verdränge ich gekonnt und wenn ich Glück habe wird er so beschäftigt mit seinen Gästen sein, dass ihm keine Zeit für mich bleibt.

-

In einem engen schwarzen Hosenanzug und hohen Stilettos betrete ich das Vegane Restaurant, wo ich Viktoria zum ersten Mal begegnet bin. Die Gäste waren bereits eingetrudelt und unterhalten sich auf der anliegenden Terrasse. Mit einem Lächeln im Gesicht begrüße ich den Inhaber und gehe mit ihm noch einmal die heutige Menüfolge durch, danach lasse ich mich von ihm in den Speisesaal führen und rücke hie und da noch das eine Blumen- Bouquet zurecht.
Ich vermeide es so gut es geht, mich unter die Gäste zu mischen. Zwar ist mir klar, dass ich dem Treffen mit Arlo und Viktoria nicht ewig aus dem Weg gehen kann, jedoch können ein paar private Minuten mehr auch nicht schaden.
Ich atme tief durch und trete nach draußen, mein Lächeln freundlich und gesteuert. Ich begrüße alle denen ich begegne mit einem Kopfnicken und erspähe Brian, der wie wild Fotos schießt. Lielle steht ein wenig abseits und lässt konzentriert die Augen über das Geschehen schweifen. Ich gehe auf sie zu und stelle mich an ihre Seite.
„Was für ein Zirkus... Sagt sie und wendet ihren Kopf zu mir ohne die Gäste aus den Augen zu lassen." Wenn die wüssten, was in den letzten Wochen abgegangen ist, würden die nicht so ausgelassen plaudern."
Ich grinse und zucke mit den Schultern.
„Möglich, aber nun ist es eben so und wir werden diesen Auftrag erledigen und danach..."
Meine Blick bleibt an Arlo hängen, der Viktoria im Arm hat und sich mit einem ihrer Modelfreundinnen unterhält.
Ich reiße den Blick sofort wieder los, weil mir dieser Anblick einen tiefen Stich versetzt und räuspere mich.
„...Ähm... danach müssen wir die beiden nicht mehr wieder sehen.", beende ich meinen Monolog und greife nach einem Glas Champagner, welches ich zügig leere.
„Trotzdem, ich finde das trotz allem nicht fair! Ich dachte Mr. Munro sei ein Traumkerl aber er ist auch nicht anders, als die anderen Bre's."
Ich lache und knuffe Lielle liebevoll gegen die Schulter, ehe ich seufze und mich wieder unter die Leute mische.
Ich bin keine fünf Schritte weit gekommen, als mich jemand ruft.
Ich drehe meinen Kopf in die Richtung wo der Ruf herkam und erblicke Lizzy, Arlo's Schwester. Sie winkt und kommt freudestrahlend auf mich zu und mir rutscht das Herz in die Hose.
Ich möchte ihr gerade dümmlich die Hand entgegenstrecken, dich Lizzy schließt mich stattdessen fest in die Arme. Ich erstarre. Scheiße, hoffentlich sieht Viktoria das nicht.
„Schön dich zu sehen", murmelt sie in mein Haar und ich löse mich rasch aus ihrer Umklammerung und sehe verstohlen nach links und rechts.
Danach richte ich meine Aufmerksamkeit wieder der hübschen Frau zu die immer noch breit lächelt.
„Hi, Lizz...", bringe ich gerade noch so heraus und sie legt den Kopf schief.
„Wow, ich dachte du freust dich auch mich zu sehen aber da habe ich mich wohl geirrt."
Ihr Ton wirkt verletzt und nicht mehr so fröhlich.
Ich sehe mich erneut um und packe sie danach sanft aber bestimmt am Unterarm und schiebe sie in eine kleine Nische.
„Ich freue mich wirklich, dich zu sehen aber du kannst mich doch nicht vor allen Leuten umarmen!Was wenn Viktoria das gesehen hätte?"

Lizzy verdreht die Augen und grunzt.
„Denkst du, es kümmert mich was sie denkt? Sie trägt Mum's Ring, obwohl sie ihn sich nicht verdient hat und jetzt müssen alle ihretwegen Theater spielen? Sorry, Ava. Aber das ist verrückt. Wie konntest du überhaupt diesen Auftrag annehmen?"
Ich betrachte ihr aufgebrachtes Gesicht und am liebsten würde ich sie erneut umarmen, weil sie mir ein wenig aus der Seele spricht aber ich unterdrücke diesen Impuls und lächle sie schwach an.
„Keine Ahnung. Ich musste ihn irgendwie annehmen und plötzlich war es zu spät. Glaube mir, mir macht das ganze auch nicht so viel Spaß."
Sie wirkt nachdenklich.
„Ich dachte ja, dass wenn genügend Zeit vergangen wäre...", beginnt sie und ich schüttle schnell den Kopf, um sie zu unterbrechen.
„Lizz, bitte nicht. Das Ganze ist so lange her..."
Nun ist sie es die mich unterbricht in dem sie mir eine Hand auf den Arm legt.
„Also Arlo sagt da etwas anderes."
Ich blicke verdutzt in ihre sturmgrauen Augen, die sie mit ihrem Bruder teilt. Er hat es ihr erzählt?
„Er hat mir gesagt, dass er es nur durchzieht damit er nicht erneut dein Leben zerstört."
Wie bitte?
Ich möchte etwas erwidern, einfach mehr über dieses Gespräch erfahren aber da kommt Viktoria mit Arlo im Schlepptau an und quietscht vergnügt.
„Ava! Da bist du ja endlich..."
Ich lächle gequält und versuche meinen Ex so gut es geht zu ignorieren.
Viktoria drückt mich kurz, ohne Arlo's Hand loszulassen und so wird er wohl oder übel auch an meinen Körper gezogen. Sein Geruch steigt mir in die Nase und seine Wärme beschert mir einen Schauer, der sich über meinen ganzen Körper erstreckt.
Als die Braut sich von mir löst und mich abwartend ansieht, fange ich mich wieder.
„Tja du kennst mich doch... Arbeit wohin das Auge sieht."
Sie grinst und blickt danach zu ihrer Schwägerin in spe.
„Ah ihr habt euch bereits kennengelernt?!"
Ich möchte gerade antworten, als sich Lizzy zu Wort meldet.
„Ach, Ava und ich kennen uns schon ewig..."
Sie unterstreicht diese Anmerkung mit einer abfallenden Handbewegung und plötzlich schrillen bei mir sämtliche Alarmglocken. Was hat sie nur vor?
Zum ersten Mal wandert mein Blick zu Arlo, der mehr als nur nervös wirkt. Meine Gedanken überschlagen sich als ich Viktoria sehe die mich und Lizzy fragend ansieht.
„Ach, ihr beide...", sagt sie atemlos und wedelt mit dem Zeigefinger zwischen uns hin und her."Ihr kennt euch? Benny...?!"
Arlo beißt sich auf die Lippen und sucht fieberhaft nach Worten. Diese Situation ist einfach nur furchtbar und weil ich nicht weiß was ich machen soll, beginne ich zu lachen. Alle drei sehen mich irritiert an und ich kriege mich nicht mehr ein.
„Ein Scherz!", gebe ich lachend von mir und gebe Arlo's Schwester einen Klaps auf die Schulter. „ Ein richtiger Schwerzkeks..."
Viktoria's Gesichtszüge entspannen sich augenblicklich und nun lässt sich sie ein erleichtertes Lachen ertönen.
Arlo ignoriere ich erneut. Bitte gern geschehen du Arsch!
„Haha, Lizzy...Ich wusste nicht, dass du so lustig sein kannst...", kommt es von dem Model und Lizz zuckt nur mit den Schultern.
Ich möchte sofort die Kurve kratzen und lege mir gerade eine Ausrede zurecht, doch damit habe ich kein Glück. Hinter Viktoria und Arlo taucht plötzlich Henry- Arlo's Dad auf und vor sich schiebt er einen Rollstuhl her. Darin sitzt eine gebrechliche alte Dame mit Abwesenden Blick.
Ach du Schande!
Die nächsten Minuten erlebe ich wie in Trance. Arlo der mir seinen Vater vorstellt als wäre er ein Fremder, ich die seine Hand schüttelt und tapfer lächle, während meine Augen meistens an Arlo's Großmutter hängen. Sie sieht so klein aus, als damals. In ihrem Gesicht spiegelt sich nichts von ihrem früheren Leben wieder und mit steigen die Tränen in die Augen.
„...und das ist Arlo's Nana. Leider leidet sie an Demenz und kann sich kaum an jemanden erinnern.", höre ich Viktorias gekünstelte Stimme und beginne mich zu fragen, was ich hier überhaupt noch will. Ich muss weg, aber schnell.
„Ava?"
„Hmm?", mache ich und reiße meinen Blick von der alten Frau los.
Viktoria sieht mich fragend an.
„Du musst wirklich kürzer treten... Ich habe dich gefragt ob du für heute Abend bereit bist?"
Ach, der Junggesellen-Abschied! No way...
„Achso, jaah. Ich kann leider nicht, ich muss noch so viel für die andere Hochzeit erledigen aber ich bin mir sicher, dass ihr ohne mir Spaß haben werdet."
Richte ich das Wort an die Braut und sie zieht einen Flunsch.
Doch nicht nur Viktoria reagiert auf meine Worte, im Augenwinkel sehe ich wie Nana mich plötzlich aus ihren trüben Augen ansieht. Mir wird übel, warum habe ich das Gefühl als wäre sie gerade aus einem Schlaf erwacht. Sie zwinkert ein paar Mal und sieht sich danach fragend um, ehe ihr Blick wieder zu mir wandert und ich dabei das Gefühl habe sie sieht direkt in mich hinein.
„Ava? Ava- Kind bist du es?", höre ich ihre zittrige Stimme und erstarre.

Verdammte Scheiße, sie erkennt mich!

𝐵𝑒𝒻𝑜𝓇𝑒 𝓎𝑜𝓊 𝓈𝒶𝓎 𝐼 𝒹𝑜...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt