Kapitel 32 - Rilsa

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Rilsa keuchte, als sie gemeinsam mit Tessina und Kosiris am Schacht ankamen. Kosiris streckte sich und glitt beinahe mühelos über den knapp eineinhalb Meter breiten Schacht und Rilsa sah, wie er den in das Loch gepressten Stein betrachtete. 

„Warte, ich schaffe es ohne Hilfe nicht auf die andere Seite", sagte Tessina und ließ Rilsa dadurch innehalten. Sie blickte nach unten zu der braunen Schlange, die deutlich kleiner war als Kosiris. Sie nickte ihr zu und blieb einen Moment lang regungslos stehen, damit Tessina sich über ihr Bein ihren Körper entlang schlängeln und sich schließlich um ihre Schultern legen konnte. 

Rilsa legte zur Sicherheit die Hände auf ihren schlanken Körper, der auf ihren Schultern ruhte, ehe sie Anlauf nahm und über das dunkle, tiefe Loch sprang. Kaum dass sie gelandet war, ließ Tessina sich wieder von ihr heruntergleiten und schlängelte sich zu Kosiris, der noch immer skeptisch den Stein betrachtete. 

„Sobald der Stein entfernt wird, dringt Wasser heraus?", fragte er und eilig nickte Rilsa. 

„Ja", sagte sie zur Bestätigung, was Kosiris nicken ließ.

„Gut, das heißt, dass irgendwo ein großer Teich oder gar ein See sein muss, der genug Wasserdruck erzeugt. Sobald ich drin bin, verschließt das Loch wieder, damit unsere Tunnel nicht geflutet werden. Ich rufe, wenn ich wieder raus will", erklärte er und wieder nickte Rilsa. Kosiris suchte ihren Blick und nickte. 

„Es war gut, dass du das entdeckt hast. Es ist wirklich eine Chance für uns, weiter zu kommen", sagte er ernst, dann wandte er sich noch einmal Tessina zu, die unruhig hin und her schlängelte. 

„In Ordnung. Ich bin so weit. Löse den Stein", sagte Kosiris, wich ein Stück zurück, um Rilsa Platz zu machen und nickte. Rilsa war auf einmal merkwürdig nervös, denn auch wenn Anakondas bis zu 45 Minuten unter Wasser bleiben konnten, musste es beängstigend sein, durch einen engen Tunnel zu kriechen, von dem man nicht wusste, wo er aufhörte. 

Rilsa beeilte sich, den Stein wieder auf dem Loch zu lösen und sofort schoss Wasser daraus hervor. Kosiris eilte heran und richtete sich auf, bis er Kopf voran in die Dunkelheit verschwand. 

Eilig schob Rilsa den Stein wieder hinein und der Wasserstrom versiegte. Sie trat noch einen Schritt näher an die Wand heran, damit sie Kosiris auf jeden Fall hörte, sobald er wieder zu ihnen stoßen wollte. Tessina schlängelte sich wieder einmal um ihre Schultern und sie hörte, wie sie seufzte. 

„Hoffentlich geht alles gut", sagte sie, was Rilsa schmunzeln ließ. 

„Du magst ihn, habe ich recht?", fragte sie, woraufhin Tessina sofort empört den Kopf schüttelte, dann aber innehielt, als würde sie nachdenken. 

„Nun ja, ich mag ihn. Immerhin sind wir Verbündete", sagte sie, aber Rilsa spürte, dass das nur die halbe Wahrheit war. 

„Ach, nur Verbündete?", frotzelte sie, was Tessina beinahe verlegen den Blick senken ließ. 

„Nun, vielleicht bin ich ganz froh, ihn um mich zu haben. Er ist klug, stark und...", setzte sie an, stockte aber, als würde sie den letzten Teil lieber nicht aussprechen wollen. 

„Einfach hinreißend?", schlug Rilsa vor, was Tessina mit einem verächtlichen Schnauben quittierte. 

„Hast wohl ein Auge auf ihn geworfen?", fragte Tessina beinahe wütend, was Rilsa lachen ließ. 

„Aber nicht doch", widersprach sie, denn tatsächlich sah sie Kosiris nur als einen Freund. Tessina brummte, doch es klang irgendwie zufrieden. 

„Hoffen wir nur, er kommt unbeschadet zurück", sagte sie leise, was in Rilsa ein merkwürdig bedrückendes Gefühl auslöste. Sollten sie nun auch noch Kosiris verlieren, würde sie nicht weiter machen können. So viele Verluste in so kurzer Zeit konnte sie nicht verkraften. 

Der Biss der SchlangeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt