Kapitel 35 - Atimis

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Als Atimis aufwachte, fühlte er sich vollkommen benebelt. Er blinzelte ein paar Mal und sah sich um, bis er schließlich begriff, dass er in seinem Bett lag. Laskina war jedoch nicht zu sehen. Mühsam richtete er sich auf und auf einmal prasselten die Erinnerungen auf ihn ein. 

Die Peitschenhiebe, die seinen Rücken in eine rohe, blutige Masse verwandelt hatten, die Schlange, die ihm die Medizin gegeben hatte und schließlich Laskina, die sich um ihn gekümmert hatte. 

Atimis Blick wanderte zu dem kleinen Fenster und als er sah, dass die Sonne bereits unterging, durchfuhr ihn ein Schock. Er hatte den ganzen Tag verschlafen und war somit nicht bei der Arbeit erschienen, sodass er heute kein Gold mit nach Hause brachte. Ein schlechtes Gewissen machte sich in ihm breit, denn eigentlich waren sie auf jede Münze angewiesen. 

Seufzend erhob er sich, zuckte aber unter dem Schmerz, der durch seinen Rücken schoss, zusammen. Noch immer fühlte sich alles wund an und er versuchte, über die Schulter etwas zu erkennen, aber es war unmöglich. Langsam wankte er zum Fenster und sah hinaus. Es schien ein schöner Tag gewesen zu sein, zumindest wenn man dem noch immer blauen, wolkenfreien Himmel traute. 

Er bemerkte, dass bereits einige Leute über den Weg liefen, also war es bereits Feierabendzeit. Sicherlich würde Laskina auch gleich nach Hause kommen und gemeinsam mit ihm eine Kleinigkeit essen. 

Unwillkürlich legte er seine Hand auf den Armring und wartete auf das vertraute Vibrieren, doch nichts geschah. Verwundert sah er den Ring an und erschrak. Sein Ring war noch blasser geworden, als er es ohnehin schon gewesen war. Atimis biss die Zähne aufeinander, denn das konnte nur eines bedeuten: Laskina und Ethonis hatten eine Verbindung, die eindeutig stärker war, als ihm lieb war. 

Bebend vor Wut und Enttäuschung, dass Laskina sich darauf einließ schlug er mit der flachen Hand gegen die Wand. Das durfte sie ihm nicht antun! Er fing an, in dem kleinen Haus auf und ab zu wandern, bis er schließlich auf dem Bett zusammensank. Er umklammerte seine Knie, auch wenn diese Position in seinem Rücken schmerzte und flehte, dass Laskina sich nicht von Ethonis um den Finger wickeln ließ. Er wollte sie nicht verlieren, er liebte sie doch und er wusste, dass sie ihn auch liebte. Gleichzeitig war ihm klar, dass Ethonis Gefühle für sie nur von kurzer Dauer sein würden. So war es doch immer, wenn Hohe Menschen sich einen Niederen suchten, um mit ihm die körperlichen Begierden zu befriedigen. 

Allein bei dieser Vorstellung wurde ihm die Kehle eng. Er war eifersüchtig und gleichzeitig wütend, dass Laskina sich dafür empfänglich zeigte. Kopfschüttelnd umklammerte er das Kissen und krallte sich daran fest. Er musste Laskina zeigen, was es bedeutete, sich auf einen Hohen Menschen einzulassen, denn das ging niemals gut aus. Nach ein paar Wochen ließ er sie fallen und sie würde mit leeren Händen und ohne einen Verbundenen dastehen. 

Auf einmal hörte er das vertraute Quietschen des Gartentors und sprang so eilig aus dem Bett, dass ihm schwindlig wurde. Er hastete zur Tür und öffnete sie, bevor Laskina es tun konnte. Erschrocken zuckte sie zusammen, dann lachte sie, doch er bemerkte, dass es ihre Augen nicht erreichte. 

„Du bist wach", sagte sie und drängte sich an ihm vorbei ins Innere der Hütte. 

„Ja, ich bin vor wenigen Minuten aufgewacht", erklärte er, schloss leise die Tür und sah zu ihr herüber. Sie ließ sich mit einem Seufzen auf dem Bett nieder und erwiderte seinen Blick. Atimis spürte, wie sein Herz ihm bis zum Hals schlug, denn er musste dringend mit Laskina reden. 

„Wie geht es deinem Rücken?", fragte sie jedoch, bevor er einen Anfang gefunden hatte, sie auf Ethonis anzusprechen. 

„Gut, es ist schon viel besser", antwortete er wahrheitsgemäß, dann setzte er sich neben sie auf das Bett, langsam und behutsam. Sein Blick hing auf Laskinas Armring, der eindeutig eher golden schimmerte als blau. Atimis streckte die Hand danach aus und berührte sanft das kühle Metall. Laskina sog scharf die Luft ein, entwand ihm ihr Handgelenk und hielt es an ihre Brust gedrückt. 

Der Biss der SchlangeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt