Epilog

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Epilog

Manche nannten es Revolution, manche sozialer Ungehorsam. Wie auch immer man es nannte, es war erfolgreich. Dem Untergrund war es gelungen, das Königspaar und seine Gefolgschaft auszulöschen. 

Atimis und Rilsa, das Paar der Revolution – Tessina war diese Bezeichnung eingefallen – stand auf dem Plateau des Berges, auf dem sich einige der Lebewesen vor der Welle in Sicherheit gebracht hatten. Atimis seufzte, legte den Arm um Rilsas Schultern und zog sie enger an sich. 

„Kannst du glauben, dass das wirklich die Realität ist?", fragte er, während er über das unter ihnen liegende Trümmerfeld blickte. Einen Moment lang schwieg Rilsa. 

„Es fühlt sich an, als wären die letzten Jahre nur ein Traum gewesen, aus dem ich nun endlich erwacht bin", sagte sie, was Atimis den Blick auf den Boden richten ließ. 

Er teilte ihre Meinung nicht, denn auch wenn er glücklich war, dass sie nun ein freies Leben leben konnten, stand ihnen harte Arbeit bevor. Kein Haus stand mehr, mit Sicherheit würden sie unter dem Schlamm noch jede Menge Lebewesen finden, Überlebende und Tote. 

„He, verlässt dich etwa der Mut? Jetzt, wo wir alles geschafft haben?", fragte Rilsa und rammte ihm nicht ganz unsanft den Ellbogen in die Rippen. Sofort riss er den Blick hoch und sah in ihr strahlendes Gesicht. 

„Sieh nur. Die Lebewesen beginnen bereits mit dem Wiederaufbau. Sie räumen Trümmer zusammen und einige suchen nach Überlebenden", sagte sie und machte eine ausladende Handbewegung über das weite Land. Tatsächlich hatte sie recht. Offensichtlich fühlte nur er sich bedrückt, denn alle Lebewesen arbeiteten emsig und schafften so den Grundstein für ihr neues Leben. 

Langsam nickte er und zwang sich zu einem Lächeln, das jedoch nicht seine Augen erreichte. Sie hatte ja recht, das war nun einmal Teil ihres Plans gewesen, alles mit einer Flutwelle zu zerstören. Nach der Zerstörung folgte Wiederaufbau. 

„Komm, wir sollten ihnen helfen", fuhr Rilsa fort, löste sich aus seiner inzwischen eher verkrampften Umklammerung und ging zu der Seilbahn. Das Seil, an dem der Sitz befestigt war, klemmte zwischen zwei großen Steinen, sodass er noch hier oben war und sie nun hinunterfahren konnten. 

Rilsa bückte sich, schob mit einem leisen, ziemlich niedlichen Ächzen einen der Steine zur Seite und befreite das Seil. Eilig griff Atimis nach dem Sitz, damit er nicht herunterrutschte, wenn sie das Seil locker ließ. Für einen Moment schloss er die Augen und sammelte sich. 

„Meine Dame", sagte er überzogen vornehm und deutete mit der flachen Hand auf den Sitz. Rilsa kicherte, gehorchte aber seiner Aufforderung und setzte sich. Er selbst platzierte einen Fuß neben ihr auf der Sitzfläche um kaum dass er den zweiten hob, setzte sich die Seilbahn in Bewegung. Schnell schob er auch den zweiten Fuß neben ihr Bein auf die Sitzfläche und als hätte Rilsa Angst, dass er herunterfiel, umschlang sie seine Wade mit dem Arm. 

Der Wind pfiff ihnen nur so um die Ohren, als sie mit einer Mordsgeschwindigkeit nach unten sausten. Atimis genoss das Gefühl, denn es fühlte sich an, als würde der Wind seine negativen Gedanken fortwehen. 

Sie hatten es geschafft. Es lag nun in ihrer Hand, wie sie die Welt gestalteten, denn unweigerlich nach ihrem Erfolg im Königspalast hatten die Überlebenden sie als die neuen Anführer auserkoren. Sie alle, auch Tessina, Kosiris und Generis. Tessina schien den Ruhm zu genießen, immerhin war sie es gewesen, die den König ausgeschaltet hatte. 

Mit einem leichten Schwung gelangten sie an das Ende der Seilbahn und leichtfüßig sprang Atimis herunter. Als er im Matsch landete, verursachte es ein schmatzendes Geräusch und augenblicklich sank er einige Zentimeter tief ein. 

Der Biss der SchlangeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt