Kapitel 47 - Rilsa

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„Beruhige dich", sagte Rilsa noch einmal eindringlich, doch Tessina hörte nicht auf, unruhig hin und her zu wuseln. Sie murmelte durchgängig vor sich hin, eindeutig panisch. 

„Tessina", sagte Kosiris mit fester Stimme und tatsächlich schien er zu ihr durchdringen zu können. Sie hielt inne und sah zu der großen Schlange auf. 

„Es ist alles in Ordnung. Du hast richtig gehandelt", erklärte er, was Tessina fahrig nicken ließ. Rilsa schluckte schwer, denn sie konnte Tessina nur zu gut verstehen. Sie hatte heute drei Menschen mit ihrem Gift getötet. Allerdings hatte jeder von ihnen den Tod verdient und eigentlich schien Tessina bisher immer ganz versessen darauf zu sein, Hohe Menschen zu beißen. Aber nun war sie vollkommen durch den Wind. 

„Komm mit", forderte Kosiris, bedeutete ihr mit einer Kopfbewegung, ihm zu folgen und verschwand. Tessina folgte ihm und ließ somit Atimis und sie allein in ihrem Versteck zurück. 

Sie hatten sich ganz in der Nähe des Gartens des Hohen Menschen versteckt, um möglichst bald einen zweiten Versuch zu starten, mit Generis in Kontakt zu kommen. Auch wenn Tessina bereits kurz mit ihm gesprochen hatte, war ihr Plan von dem Auftauchen der wahnsinnigen Menschenfrau durchkreuzt worden. 

Zum Glück hatte Tessina sie rechtzeitig bemerkt, sodass sie nicht entdeckt worden waren, aber wirklich etwas erreicht hatten sie noch nicht. Stattdessen hockten sie nun in einer kleinen Hütte im Wald, die sie notdürftig aus Ästen und Blättern gebaut hatten. Hier würde sie hoffentlich niemand finden. 

Rilsa sah zu Atimis, der zusammengekauert dasaß, die Beine angezogen und mit den Armen umschlungen. Sein Blick ging ins Leere und hin und wieder lief ihm eine einzelne Träne über die Wange. 

Sie schluckte schwer, denn nicht nur, dass Laskina beinahe gestorben war, sie hatte ihn auch noch zurückgewiesen. Der Schmerz in seinen Augen war unverkennbar gewesen, als sie sich aus seiner Umarmung gelöst und mit Generis zusammen in Richtung Haus gegangen war. 

Rilsa rutschte zögerlich näher an ihn heran und stupste ihn an der Schulter an. Atimis reagierte nur mit einem gequälten Seufzen, richtete dann aber den Blick auf sie. Rilsa spürte, wie ihr Herzschlag sich beschleunigte und sie spürte das drängende Gefühl in sich, ihn in den Arm zu nehmen. 

„Ihr ist nichts geschehen", sagte sie leise, doch Atimis schnaubte verächtlich und schüttelte den Kopf. 

„Sie hat mich angesehen, als sei ich ein Fremder", sagte er verbittert und auch wenn Rilsa die Situation nur aus der Ferne beobachtet hatte, stimmte sie ihm zu. Laskina wirkte kalt und abweisend, aber vielleicht war das auch nur eine Fassade. 

„Sie hat sich nun einmal von dir getrennt. Was hast du erwartet?", fragte sie, woraufhin Atimis sie böse anfunkelte. 

„Du hast keine Ahnung", sagte er leise, vergrub das Gesicht in den Armen und schluchzte leise. Rilsa fühlte sich schlecht. Anscheinend hatte sie die falschen Worte gewählt, aber sie wusste einfach nicht, wie sie ihn wieder aufmuntern sollte. 

Ihr Blick wanderte zum Ausgang, aus dem die beiden Schlangen vor wenigen Minuten verschwunden waren, aber sie waren nicht mehr zu sehen. 

„Entschuldige, ich... ich wollte dich nicht verletzen", murmelte sie, rückte von ihm weg und rollte sich auf dem weichen Waldboden zusammen. Auch wenn es helllichter Tag war und sie noch vor wenigen Tagen ziemlich viel dafür gegeben hätte, bei Sonnenlicht draußen zu sein, wollte sie sich nun am liebsten wieder in ihre Tunnel zurückziehen. Dort waren sie immerhin sicher und sie musste sich keine Gedanken darüber machen, von Hohen Menschen mit Klingen oder Speeren getötet zu werden. 

Ein Schauer lief ihr den Rücken hinunter und sie schüttelte sich unwillkürlich. Auch wenn sie endlich dabei waren, einen wirklichen Fortschritt zu machen, so wie sie es sich lange ausgemalt hatte, bekam sie nun Angst. Die Hohen Menschen hatte starke Waffen und sie waren skrupellos, das hatte sie heute mit eigenen Augen gesehen. 

Der Biss der SchlangeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt