Kapitel 1

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„Don't go breaking my heart..." schallert es aus den Lautsprechern des Wagens. Ich presse die Lippen aufeinander und schnaube leise.

„I couldn't if I try!" ruft Dax lauthals mit, wirft den Kopf in den Nacken und trommelt mit den Fingern im Takt des Liedes auf das Lenkrad. Die Musik ist viel zu laut und die Stimme meines Mitfahrers nicht besonders gut. Warum musste er denn auch unbedingt mitkommen?! Ich hätte das sicher auch allein geschafft.

„Dax, bitte, stell das Gejaule ab!" stöhne ich genervt und lehne die Stirn gegen die kühle Fensterscheibe. Draußen werfen die Straßenlaternen ein warmes Licht auf den regennassen Gehweg, während einzelne Tropfen Wasserspuren auf der Scheibe hinterlassen. Das war ja nicht zum Aushalten und wenn das so weitergehen würde, hätte ich morgen früh gewaltige Kopfschmerzen. Es reichte ja nicht schon, dass ich seit heute Morgen auf heißen Kohlen saß. Eigentlich sollte ich froh darüber sein, von einem Kollegen begleitet zu werden, der mich im Ernstfall unterstützen würde, aber ausgerechnet Daxter Sherman? Da konnte ich mir doch gleich selbst in den Kopf schießen. Oder noch besser: mit einer Polizeimarke und geladener Waffe auf dieser Party auftauchen. Ich hatte gerade hinter meinem Laptop gesessen und ein paar Akten gewälzt, als Jeff mein Büro betreten und mich über diesen Sondereinsatz informiert hatte.

Mein Kollege wirft mir einen missmutigen Seitenblick zu und schiebt die Unterlippe vor.

„Ich fahre, also wähle ich die Musik aus!" protestiert er und dreht die Anlage noch etwas mehr auf. Ich starre ihn finster an, stütze nur den Kopf in die Hand. Immerhin lenkte mich seine schrille Stimme von den Tatsachen ab.

„Du übertreibst mal wieder maßlos, eigentlich magst du meine Singstimme, ich weiß es." fährt er unbeirrt fort um nur wenige Sekunden später weiter: „Honey when you knock on my door, ooohh I gave you the key!"

Am liebsten wäre ich aus dem fahrenden Wagen gesprungen, doch ich atme einfach nur tief durch und räuspere mich leise.

„Dax, BITTE!," versuche ich es noch einmal, denn wie lange ich diese musikalische Verunglimpfung noch aushalten würde, ohne jemanden zu verletzen, wusste ich nicht mit Sicherheit.

„Das ist Folter! Können wir nicht wenigstens was anderes an machen? Oder ich fahre?"

Der Dunkelhaarige dreht den Kopf nur minimal zu mir, ohne den Blick von der dunklen, vor uns liegenden Fahrbahn zu wenden. Nur die Lichter der Straßenlaternen werfen ab und an helle Flecken auf den nassen Asphalt.

„Du fährst, als wärst du lebensmüde, Lil, nichts für ungut, aber ich habe wirklich Angst um mein Leben, wenn ich neben dir im Auto sitze. Also nein, ich fahre."

Erneut verlässt ein genervtes Stöhnen meine Lippen, als ich die Augen verdrehe, auch wenn ich das kleine Lächeln nur schwer verbergen kann.

Dax war eigentlich schon ganz in Ordnung, auch wenn er mir manchmal gewaltig auf die Nerven ging. Vor allem, wenn wir im Außendienst unterwegs waren. Er stellte sich manchmal einfach unfassbar tollpatschig an und trieb mich regelmäßig mit seinem sonnigen Gemüt und seiner Gelassenheit zur Weißglut. Da wir aber nur in mäßigen Abständen zusammenarbeiten mussten, konnte ich das gerade noch ertragen. Eine andere Wahl hatte ich ja auch nicht wirklich, denn mit Jeff zu diskutieren brachte nichts, das hatte ich schon oft genug versucht und ich war immer zu demselben Ergebnis gekommen.

„Gut von mir aus.", brumme ich also nur missmutig und verschränke die Arme vor der Brust und nicke anklagend in Richtung des Radios.

„Aber wenn ich taub von diesem Gejaule werde, ist es ganz allein deine Schuld."

Mein Blick richtet sich wieder auf die Straße vor uns. Noch immer klatschen dicke Regentropfen auf die Scheibe und hinterlassen einen nassen Film auf dem Glas. Es könnte fast schon beruhigend sein, dem Klopfen auf das Autodach zu lauschen, wäre da nicht diese furchtbare Musik und Dax, der jede Zeile mitgröhlt, als ginge es um sein Leben. Ein Musiker wird wohl definitiv nicht mehr aus ihm.

The DealWo Geschichten leben. Entdecke jetzt