Kapitel 4

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Den Rest der Fahrt verbringen wir schweigsam. Niemand sagt ein Wort, was den eigentlich recht kurzen Weg zur Wache unerträglich in die Länge zieht.

Daxters Blick ist fest auf die Straße gepinnt, vielleicht auch, weil er weiß, wie übel ich es ihm nehmen würde, wenn er seinen kleinen Stunt von vorhin wiederholen würde. Auf eine Autopanne, konnte wohl jeder von uns verzichten. Sogar das Radio ist stumm. Die Lichter auf der Straße ziehen langsam an uns vorbei, vermischen sich mit dem Dunkel der Nacht zu leuchtenden Flecken, die an uns vorbeiziehen. Nur ab und zu fällt der Schein der Straßenlaternen zu uns herein und malt Muster auf das Gesicht unseres Fahrers. Meine Finger bearbeiten immer noch den Saum meiner Jacke, die ich über meinen Beinen ausgebreitet habe. Mein Blick ist fest auf den Schriftzug gerichtet, der in großen weißen Lettern auf der Rückseite prangt: POLICE. Ich knabbere an meiner Unterlippe, versuche meine Gedanken ein wenig zu ordnen. Irgendwie bin ich ein bisschen durcheinander. Da ist kein Gefühl von Erleichterung, kein Stolz, kein Gefühl von Freude. Irgendwie ist da nur ein seltsames Zwicken in meinem Bauch, etwas, das ich nicht richtig einordnen kann. Für den Bruchteil einer Sekunde huscht mein Blick doch nach hinten zu dem Dunkelhaarigen. Er hat die Augen geschlossen, den Kopf in Richtung Fenster gedreht, sodass ich nicht sehen kann, was sich auf seinem Gesicht abspielt. Ich senke den Kopf ein wenig, starre auf meine Finger, auf den Aufdruck meiner Jacke. Das Ziehen in meiner Magengegend verstärkt sich und ich schlucke kurz. Ich hatte meinen Job erledigt, ich sollte froh sein, dass es so gut für mich gelaufen war. Ich sollte stolz sein. Aber für einen Moment hatte ich mir an diesem Abend gewünscht, wirklich zufällig auf dieser Party gelandet zu sein. Und jetzt schäme ich mich fast schon für dieses Gefühl. Ich bin vieles, aber sicher kein Held. Seine Worte hallen in meinem Kopf wieder. Gott, wie Recht er doch damit hatte. Verärgert schüttelte ich leicht den Kopf über mich, um den Gedanken zu vertreiben.

Erst als das Auto auf den Parkplatz vor der 173. Wache rollt, löse ich meine Augen von meiner Jacke. Der Gurt löst sich mit einem leisen Klicken. Ich steige aus dem Wagen, schlinge die Jacke um meine nackten Schultern, als mir ein kalter Luftzug entgegenkommt. Ich sauge sie tief in meine Lungen und schließe kurz die Augen. So langsam holt mich doch die Müdigkeit ein. Gepaart mit der Kälte und dem langen Tag, den ich hinter mir habe, ist es ein zähes Gefühl, dass meine Augen schwer werden lässt. Doch ich versuche es zur Seite zu schieben.

Nur noch ein paar Stunden, nur noch die Personalien aufnehmen, dann könnte ich nach hause, in mein Bett -, versuche ich mich selbst zu motivieren, straffe die Schultern und will mich gerade zum Auto umwenden, als sich die Tür zur Wache öffnet. Ein Kollege kommt heraus, steuert den Aschenbecher neben der Tür an und fängt an sich eine Zigarette zu drehen. Es dauert einen Moment, bis sein Blick über den Parkplatz wandern lässt und an unsere Auto hängen bleibt. Er Sieht einen Moment in unsere Richtung bevor er sich in Bewegung setzt und zielstrebig auf uns zusteuert. Etwas irritiert runzle ich die Stirn. Die meisten meiner Kollegen sollten schon weg sein, nur ein paar waren auf der Wache, für alle Fälle und mit den meisten hatte ich nicht wirklich viel zu tun.

Doch als ich erkenne wer da zu uns kommt, kann ich nicht anders als ein wenig genervt zu seufzen. Natürlich muss ich ausgerechnet noch ihm über den Weg laufen. Das könnte noch ein lustiger Abend werden.

„Na sieh mal einer an, die Quotenpolizistin ist zurück," brüllt Mc Loud mir über den halben Parkplatz entgegen, bevor sein kehliges Lachen ertönt. Ich zwinge mich dazu, den Impuls zu unterdrücken, die Augen zu verdrehen. Mein Lieblingskollege war einer derjenigen, der der Meinung war, dass Frauen nichts im Polizeirevier zu suchen hatten, außer sie wollten putzen oder Kaffee kochen und das ließ er einen auch ganz klar spüren. Nicht, dass Mc Loud andere Kollegen gerade mit seiner Freundlichkeit bestach. Im Gegenteil. Wobei ich mit einem grummeligen Mitarbeiter sicher besser klar gekommen wäre, als mit einem sexistischen Arschloch. Aber da war ich bei Mc Loud wahrscheinlich an der falschen Adresse. Anfangs hatte ich noch versucht nett zu sein, doch mittlerweile hatte ich es schon lange aufgegeben, ihn mögen zu wollen oder irgendwie mit ihm auszukommen. Um sich nur ansatzweise seinen Respekt zu verdienen, wäre es wohl nötig gewesen ein Y Chromosom zu besitzen und das konnte ich nun mal nicht bieten. Zumal es mir inzwischen auf egal war. Wären da nur nicht diese blöden Sprüche.

The DealWo Geschichten leben. Entdecke jetzt