Kapitel 10

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Die Bar ist auch jetzt nicht sonderlich voll. Als ich die Tür aufstoße, weht mir zuerst der Geruch von Bier, Holz und Zigarettenrauch entgegen. Aus den Lautsprechern unter der Decke dudelt leise Rock - Musik.

Irgendwann hatte ich Nathaniel eingeholt, sodass wir beide zusammen das Innere der kleinen Kneipe betreten. Dass wir auf den letzten Metern weder ein Wort miteinander gewechselt, noch uns eines Blickes gewürdigt hatten, war mir ganz recht, auch wenn ich ihm gern noch ein paar Dinge an den Kopf geworfen hätte. Nur, dass das unsere Zusammenarbeit auch nicht einfacher machte.

Mein Blick wandert durch den Schankraum, in dem große Holztische verteilt sind, hinter denen sich ein paar rote und schwarze Barhocker befinden, auf denen vereinzelte Gäste sitzen und in ihre Gläser starren.

An den Wänden hängen vergilbte Plakate und Poster, auf denen irgendwelche Auftritte angekündigt werden. Die Lampen hängen tief über den Tischen und malen warme Lichtkreise auf das dunkle Holz. Vor der Bar, hinter der sich ein volles Regal mit sämtlichen Alkoholsorten befindet, steht ein großer, alter Billardtisch. Ein bisschen heruntergekommen wirkt das Flux schon, aber mit genügend Fantasie und gutem Willen, könnte man hier noch von Vintage-Charme sprechen.

Ein paar Männer stehen auf beiden Seiten und schieben schweigend ihre Kugeln über das Feld. Nichts, aber auch gar nichts wirkt hieran verdächtig. Was ich erwartet hatte, wusste ich auch nicht recht, aber auf den ersten Blick wirkt das hier nicht unbedingt wie ein Drogenumschlagplatz. Sicher, ich bin nicht davon ausgegangen, dass Nathaniel mich direkt in ein Drogenlabor führen würde, aber das hier wirklich nichts -so gar nichts- den Anschein erweckt, als könnte hier etwas nicht mit rechten Dingen zugehen, ist fast etwas enttäuschend.

Ich drehe mich leicht über die Schulter, sehe zu Nate, der mir nur mit einer knappen Kopfbewegung bedeutet, dass ich mich endlich von der Stelle bewegen soll. Dass er so dicht hinter mir steht, passt mir nicht, es sorgt für einen Schauer, der mir den Rücken hinunterläuft, während ich seinen Atem an meinem Hals spüre.

"Zur Bar. Er ist noch nicht hier," sagt er kaum hörbar, die Stimme so unterkühlt, dass sich wieder die Härchen in meinem Nacken aufstellen. Ein leises Räuspern kommt über meine Lippen, doch ich setze mich einfach in Bewegung, laufe durch den schmalen Gang aus Tischen und Stühlen in Richtung der Theke. Nathaniel folgt mir, als ich mich hinter den Billiardspielern entlangdrängle.

Ein älterer Herr, mit einem beachtlichen, struppigen Bart und einer zerschlissenen Armeejacke, versetzt der weißen Kugel gerade einen Stoß. Sie trifft klackend gegen einen kleinen Haufen und bleibt dann mitten auf dem Spielfeld liegen.

"So eine Scheiße," brummt er nur leise, ohne aufzusehen. "Kein Glück heute..." Seine Stimme ist verwaschen vom Alkohol, die Augen wirken trüb. Ich ziehe einen der Barhocker heran.

Das dunkle Leder ist abgewetzt, der Stuhl wackelig, als ich nach oben klettere. Nathaniel nimmt auf dem Hocker neben mir Platz, kramt sein Drehzeug aus der Hosentasche, während er einen Aschenbecher zu sich heranzieht, der auf der Theke steht. "Muss das sein?" raune ich leise in seine Richtung, doch Nate ignoriert mich einfach und krümelt in aller Seelenruhe weiter den Tabak auf das kleine Papier zwischen seinen Fingern.

"Ja, es entspannt mich." sagt er ruhig, ohne mich überhaupt anzusehen, als das Feuerzeug schon aufflammt. Ein Clipper, auf dem das Motiv einer Skat Karte prangt.

Ein Mariuhanablatt wäre sicher passender gewesen. Denke ich bitter und kräusle missbilligend die Lippen.

"Und trotzdem bringt dich das Gequalme irgendwann um, wenn du weiter so viel rauchst. " stelle ich trocken fest und schiebe die langen Ärmel des Pullovers nach hinten, damit ich die Hände frei hätte. "Weißt du, wie viele Leute an Lungenkrebs erkranken?" Nathaniel zieht die Augenbrauen nach oben und inhaliert den ersten Zug tief, ohne mich aus den Augen zu lassen. Er sagt nichts, aber das muss er auch nicht, allein diese kleine Geste reicht, um mich wieder frustriert schnauben zu lassen. "Vielleicht habe ich ja Glück und die Zigaretten bringen mich sofort um und alle erkennen, was für ein schlechter Einfluss sie sind. Dann hat der Tod wenigstens einen Sinn. Oh und ich muss mir deine Moralpredigten nicht mehr anhören, netter Nebeneffekt. " Er grinst breit und pustet eine Rauchwolke dann direkt in meine Richtung. Gerade will ich schon den Mund öffnen, um etwas zu sagen, als die Kellnerin auf uns zusteuert. Eine junge Frau mit kurzem blonden Pixie Cut, der von rosa Strähnen durchzogen ist, steuert unsere Plätze an. In ihrem Gesicht befindet sich so viel Metall, dass ich mich unweigerlich frage, ob sie bei einer Sicherheitskontrolle am Flughafen Probleme damit hat, überhaupt zum Gate zu kommen. Nase, Lippen, Augenbraue und Ohren, überall kann ich kleine Ringe und Steinchen glitzern sehen.

The DealWo Geschichten leben. Entdecke jetzt