Kapitel 9

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23: 12 Uhr.

Seit gut 10 Minuten stehe ich auf dem Parkplatz vor dem Flux und trete unruhig von einem Bein auf das andere. Und ich bin genervt.

Der Regen von heute Vormittag hat zwar inzwischen aufgehört, aber trotzdem ist es kalt.

Ein bisschen dämlich komme ich mir schon dabei vor, dass ich hier so abwartend in der Kälte herumlungere und gelegentlich einen Blick auf die Uhr werfe in der Hoffnung, dass Nathaniel endlich auftauchen würde. Ja, ich wünsche mir fast schon, dass er endlich kommt, nur damit ich nicht mehr allein in der Kälte und vor allem in der Dunkelheit warten muss. Mir wäre jeder Recht, der hier erschien, solange ich dann nicht mehr allein auf dem dunklen Platz herumstehen müsste. Nicht zuletzt, weil es schon ein bisschen gruselig war, so allein. Nach seinem Abgang hatte ich noch ein paar Akten kopiert und etwas Ordnung in das Chaos auf meinem Schreibtisch gebracht, ehe Daxter hereingeschneit war und mich anwies, nach Hause zu gehen.

Wenn du heute Abend arbeitest, solltest du dir wenigstens jetzt eine Pause gönnen, hatte er gesagt, und diesmal hatte ich ihm ohne einen weiteren Kommentar oder Protest zugestimmt. Seitdem ich wusste, dass Jeff ein Auge auf mich hatte, war ich nicht unbedingt gewillt, ihm noch mehr Anlass dazu zu geben, sich Sorgen zu machen. Zudem gab es erstmal eh nichts weiter für mich im Büro zu tun, also nur halb so schlimm. Dafür war ich jetzt hier, allein. Ein weiterer ungeduldiger Blick auf die Digitalanzeige meines Handys.

Wo zur Hölle also steckt Nate?

War er es doch gewesen, der die Uhrzeit und diesen Treffpunkt für den Beginn unserer "Observation" vorgeschlagen hatte. Ich hatte ihm gesagt, dass er mir einfach sagen sollte, wann es Sinn ergeben würde, dazu zu kommen und die Aussage, dass die meisten Leute eh erst gegen Abend in eine solche Bar gehen würden, wenn es unter der Woche dazu kam - was das anging, vertraute ich ihm, - leuchtete mir durchaus ein.

Ich kannte die Gegend nicht gut, aber das Klientel, das sich hier herum trieb, sehr wohl. Vielleicht ein Klischee, aber wer die Zeit hatte, unter der Woche in eine Kneipe wie das Flux zu gehen, schien wirklich keine anderen Probleme im Leben zu haben. Die Kneipe befand sich in einem der weniger angesehenen Bezirke der Kleinstadt. Die Häuser ringsum waren eingefallen, der Putz bröckelte von den Wänden und die Leuchtreklamen der umliegenden Geschäfte haben schon den ein oder anderen Buchstaben einbüßen müssen, oder flackern unregelmäßig. Irgendwie macht das die dunklen Gassen, in denen ich ab und an glaube, einen Schatten vorbeihuschen zu sehen, fast schon bedrohlich.

Seufzend ziehe ich die Ärmel meiner Jacke weiter über meine Hände und schlinge die Arme etwas fester um meinen Oberkörper. In der Ferne sind die Lichter der Stadt als kleine helle Flecken auszumachen, die vor meinen Augen verschwimmen. Die Umgebung wirkt ruhiger als sonst um diese Uhrzeit. Einzig und allein das Geräusch des ein oder anderen vorbeifahrenden Autos erfüllt die Luft und irgendwo bellt ein Hund. Es ist ungewöhnlich für die sonst so laute Stadt und doch genieße ich diese Art von Ruhe irgendwie. Nicht, dass man Bellflower mit L.A. vergleichen konnte, aber trotzdem wirkt die kleine, sonst so verschlafene Stadt jetzt fast ein bisschen, angsteinflößend.

Plötzlich mischen sich Schritte unter die Geräuschkulisse. Irgendwo klappt eine Tür, dann schiebt jemand etwas über den Boden. Ich drehe alarmiert den Kopf. Mein Herz schlägt ein bisschen zu schnell, als meine Finger schon den Bund meiner Jeans abtasten. Die Waffe, welche ich sonst im Dienst bei mir trug, hatte ich in meinem Dienstwagen gelassen, der ein paar Straßen weiter parkte. Jetzt bereue ich das allerdings. Ich bin unruhig, das spüre ich und ich mag es nicht. Klar, ich bin Polizistin, ich kann auf mich aufpassen und trotzdem gefällt mir diese Situation nicht. So vollkommen schutzlos und allein allem ausgeliefert zu sein, fühlt sich seltsam an.

Mein Herz pocht plötzlich schneller, während ich mich fast schon panisch umsehe, als ich den Lichtstrahl bemerke, der aus der Hintertür des kleinen Pubs auf den Platz hinaus fällt. Gefolgt von einem weiteren schleifenden Geräusch und einer Gestalt, die jetzt nach draußen tritt. Schemenhaft sehe ich, wie die Silhouette eine Kiste auf eine andere stapelt, dann die Hände an der Hose abwischt und ihr Werk kurz betrachtet. Erst jetzt hält sie inne, blickt zu mir und hantiert kurz an der Tür herum. Dann erlischt das Licht.

The DealWo Geschichten leben. Entdecke jetzt