Ein zaghaftes Klopfen kam von der Tür und ließ ihn von seinen Papieren aufsehen.
„Herein."
Die Assistentin der Hafenmeisterin trat zögerlich in das Büro und blieb etwas hilflos im Raum stehen. Die Tür wurde hinter ihr wieder geschlossen und sie zuckte leicht zusammen. Der Mann vor ihr erhob sich von seinem Stuhl und wies mit der Hand auf einen Stuhl ihm gegenüber.
„Bitte, setzten Sie sich, Miss", sagte er höflich.
Seine tiefe Stimme ließ ihr einen Schauer über den Rücken laufen, aber sie kam seiner Aufforderung dennoch nach.
„Meine Männer erzählten mir, dass sie mir etwas Interessantes berichten können."
„I-ich b-bin mir nicht sicher, o-ob das so interessant ist, S-Sir", stotterte sie ängstlich und rutschte nervös auf dem Stuhl hin und her.
„Machen Sie sich darüber bitte keine Gedanken. Erzählen Sie mir einfach, was Ihnen so interessantes passiert ist."
Der Mann nahm eine Flasche Wasser in die Hand und schenkte es in ein Glas, das er der verängstigten Frau hinstellte. Dann nahm er wieder auf seinem Stuhl platz, stütze sich mit den Ellbogen auf dem Tisch ab und verschränkte die Finger ineinander. Die Assistentin griff zitternd nach dem Glas und nahm einen kräftigen Schluck. Dann erzählte sie, was für ein Chaos vor kurzem im Hafen geherrscht hatte.
„Ich sehe schon, meine Männer hatten durchaus recht. Ihre Geschichte ist überaus interessant! Sagen Sie, wie sah dieser junge Mann aus, der für dieses Chaos verantwortlich war?"
„Eigentlich ganz normal", antwortete sie nachdenklich, „Er hatte schwarze Haare und trug, wenn ich mich richtig erinnere, eine Jeans, irgendein rotes Oberteil und eine Lederjacke. Oh, außerdem hatte er einen komischen Gürtel an und bevor er seine Kapuze aufsetzte, konnte ich sehen, dass seine Ohren eine ungewöhnliche Form hatten!"
Der Mann lächelte, stand auf und kam um den Tisch herumgelaufen. Er streckte ihr seine Hand entgegen und schüttelte ihre, nachdem sie ebenfalls aufgestanden war.
„Vielen Dank, Miss. Sie wissen gar nicht, wie sehr Sie mir mit dieser Geschichte den Tag versüßt haben."
Verwirrt ließ sie sich von ihm zur Tür geleiten und wurde dort von einem seiner Leute in Empfang genommen.
„Ich verabschiede mich nun von Ihnen, Miss. Haben Sie vielen Dank, für dieses informative Gespräch", sagte der Mann an die Assistentin gerichtet und wandte sich dann an den Mann vor ihm, „Sorgt dafür, dass sie gut nachhause kommt!"
„Ja, Sir. Miss, würden Sie mir bitte folgen."
Damit verschwand die Frau und er ging zurück in sein Büro. Aus einer der Schreibtischschubladen holte er ein Bild hervor und betrachtete es einen Moment. Er war also tatsächlich so dumm oder vielleicht auch einfach nur so dreist auf Isla Manua aufzutauchen.
Er griff nach einer Teleschnecke und sagte dann: „Er ist auf der Insel. Sucht ihn und bringt ihn zu mir!"
~*~*~*~
Mit strahlenden Augen betrat Kiyan die Stadt und ließ seinen Blick über die vielen Fachwerkhäuser wandern. Im Vergleich zu Muna wirkte die kleine Stadt Pivas wie ein Dorf. Von der Hauptstraße zweigten unzählige schmale Gässchen ab, die zu den Wohnhäusern der Bewohner zu führen schienen. Die Hauptstraße selbst war gesäumt mit den unterschiedlichsten Geschäften. Der Schwarzhaarige lief an den Schaufenstern vorbei und sah sich neugierig die Auslage an. Plötzlich blieb sein Blick an einem Schild hängen. ‚Paulas Papier-Paradies' stand in verschnörkelten Buchstaben auf dem schwarzen Ladenschild. Neugierig näherte er sich und ein breites Grinsen zeichnete sich auf seinem Gesicht ab, als er das Geschäft als Buchhandlung identifizierte. Vom Klingeln einer kleinen Glocke begleitet, betrat er den kleinen Laden. Der ganze Raum war voller alter Bücherregale, die so dicht an dicht standen, dass keine zwei Personen aneinander vorbeikämen. Dennoch wirkte der Laden übersichtlich, was in Kiyans Augen schon schier an ein Wunder grenzte. Der Duft von Papier stieg ihm in die Nase und kurz schloss er genießerisch die Augen.
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Returning Memories
FanfictionWas macht man, wenn man weder weiß wer man ist, noch woher man eigentlich kommt? Für Kiyan liegt es auf der Hand. Er muss seine Antworten auf dem Meer suchen. Doch wer weiß, auf was er dabei alles stößt. Und was hat es mit dem alten Notizbuch, sein...