Ein Weg nach unten

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Stumm folgte Kalana dem Schwarzhaarigen zu einem großen steinernen Tor, in dessen Innerem sich ein Aufzug befand, der diese Ebene mit der darunterliegenden verband. Kurz bevor sie es erreichten, blieb der Schwarzhaarige unvermittelt stehen und bedachte die Torwächter mit einem kritischen Blick. Als er zuvor mit dem Aufzug auf diese Ebene gefahren war, waren sie nicht einmal ansatzweise so engagiert gewesen, wie sie es jetzt waren. Es beunruhigte ihn, dass jeder Fremde, der an ihnen vorbeikam, angehalten und genaustens überprüft wurde. Das galt sowohl für diejenigen, die nach oben kamen, als auch für diejenigen, die auf die untere Ebene wollten. Ein leiser Fluch kam ihm über die Lippen und fieberhaft ging er seine Möglichkeiten durch. Es gab nur dieses eine Tor, vor dem sich mittlerweile eine ziemliche Schlange bildete. Seinen Schwanz konnte er zwar ganz gut tarnen, allerdings galt das nicht für seine Ohren. Sobald er seine Kapuze herunterziehen musste, würde er auffliegen und so, wie er die Wächter gerade einschätzte, würden sie das definitiv von ihm verlangen. Somit fiel der Aufzug als Möglichkeit aus.

„Die ganze Insel ist der Gier verfallen, das gibt es doch nicht", murmelte Kalana neben ihm kopfschüttelnd und sie rümpfte leicht angewidert die Nase, „Die Wachen waren, als ich hier hochgefahren bin, so träge, dass sie sich einen Scheiß um ihre Arbeit gekümmert haben. Und jetzt? Jetzt ist da nicht einmal mehr ein Funke an Trägheit in ihnen!"

Ihr Blick wandte sich von dem Getümmel am Tor ab und richtete sich auf Kiyan, der nachdenklich ins Leere starrte und den Daumen seiner rechten Hand unter seinem Kinn liegen hatte und mit dem Zeigefinger gegen seine Lippen klopfte. Schließlich schnalzte er frustriert mit der Zunge und näherte sich der Mauer, die verhindern sollte, dass jemand die Klippe hinunterstürzte. Er legte seine Arme auf der Mauer ab, die nahezu auf einer Höhe mit seinen Schultern war, und bettete dann den Kopf auf ihnen. Seufzend ließ er seinen Blick über die gelben Felder und die großen Windmühlen gleiten. In der Ferne konnte er das Tor zum Hafen erahnen, bei dem es vermutlich nicht besser aussah als hier.

„Ich frage mich, ob man noch durch die Minen kommt?", murmelte Kalana, die sich neben ihm mit dem Rücken an die Wand lehnte und in den Himmel starrte.

Kiyan horchte auf und sah sie an: „Minen? Hier gibt es Minen?"

Die Blauhaarige nickte und erwiderte seinen Blick mit einem amüsierten Grinsen: „Ja, die sollen sich über alle Ebenen erstrecken und mehrfach miteinander verbunden sein!"

„Das ist die Idee!", grinste Kiyan und stieß sich von der Mauer ab, „Die Frage ist nur..."

Nachdenklich lief er vor der Halbelfe auf und ab und murmelte etwas in seinen nicht vorhandenen Bart, bis er schließlich stehen blieb und die Bewohner beobachtete, die an ihnen vorbeikamen. Er schloss für einen Augenblick die Augen und konzentrierte sich auf vereinzelte Personen.

„Ich darf nicht vergessen, die Wäsche von der Reinigung abzuholen!"

„Diese Hetzjagd ist wirklich abscheulich, aber ich brauche das Geld dringen, um die Reparaturen bezahlen zu können."

„Don Salvidesi ist echt das Letzte!"

„Mama wird echt sauer, wenn sie herausfindet, dass ich mit Mike bei der Mine war."

„Bingo", murmelte Kiyan zufrieden und öffnete die Augen wieder, nur um in Paar blauer Augen zu blicken und überrascht ein paar Schritte zurückzuweichen, über seine eigenen Füße zu stolpern und unsanft auf dem Boden zu landen. Kalana lachte im ersten Moment herzhaft auf und streckte ihm dann mit einem entschuldigenden Lächeln ihre Hand entgegen. Er ließ sich dankbar von ihr auf die Beine ziehen und rieb sich mit leicht verzogenem Gesicht den Hintern.

„'tschuldige Kiyan", grinste Kalana ihn schief an, „Aber du machst mich echt neugierig!"

„Wieso das denn?", fragte er verwundert, zog eine Braue hoch und richtete seine Kapuze, die ihm durch den Sturz fast vom Kopf gerutscht war.

Returning MemoriesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt