19. Kapitel

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Läuten bei den Jennis bald die Hochzeitsglocken?

Schon seit zwei Monaten sieht man die beiden nun, wie sie nicht von der Seite des anderen weichen. Elisa Jenni und Yves Schwarz folgen einander auf Schritt und Tritt. Man munkelt auch, die Tochter des Geschäftsführers einer der grössten Banken hier in der Schweiz und dessen stellvertretenden Geschäftsführer hätten schon zuvor etwas miteinander gehabt. Als sie nun am 1. April gemeinsam bei der Feier von Giselle Franière aufgetaucht waren, so konnte dies nur Eines bedeuten – die beiden sind kurz davor sich zu verloben. Denn die Jennis sind dafür bekannt, dass sie erst dann jemandem vom anderen Geschlecht zu einer Veranstaltung mitnehmen, wenn sie auf gutem Wege sind diesen zu heiraten.

Es war eher ein kleinerer Text und oben dran prangte auch nicht ein riesiges Foto sondern bloss ein Schnappschuss, der gemacht wurde, als wir gerade dabei gewesen waren Giselle zu begrüssen. Dennoch kochte die Wut in mir. Ich und verlobt mit Yves Schwarz? Das konnte doch nur ein schlechter Witz sein!

„Habt ihr das von Anfang an geplant?“, sagte ich, während ich die Zeitung wütend auf den Tisch knallte. Ich sah nun meinen Vater und Yves an, die nebeneinander vor mir standen. Sie antworteten mir nicht. Doch das mussten sie auch nicht. Es war einfach zu offensichtlich.

„Du hast die ganze Zeit versucht mich mit ihm zu verkuppeln! Und das womöglich noch zu deinen Gunsten. Wie heisst es so schön: Es ist sicherer das Geschäft nach seiner Pensionierung jemandem zu überlassen, der zur Familie gehört. Nur leider hast du ja keinen Sohn, dem du das überlassen könntest. Ach ja warte mal, du hast ja einen! Nur hat dieser nie die Chance gehabt in dieses Gewerbe einzusteigen, da er nicht gewusst hat, dass sein Vater in dieser Branche tätig ist!“, rief ich aus, drehte mich schnurstracks um, um in meinem Zimmer zu verschwinden. Ich wollte nun weder meinen Vater noch Yves sehen. Leider scheiterte ich bei meinem Vorhaben, denn die immerzu kühle Hand meines Vaters stoppte mich im Gehen.

„Du verstehst das nicht“, meinte er in ruhiger Stimme, aber ich wollte einfach nicht hören. Was gab es daran denn nicht zu verstehen? Es war doch alles klar. Mein Vater wollte in der Bank auch noch mitreden können, wenn er pensioniert wäre, was nicht mehr allzu lange dauern würde. Und da lag es nahe, den Nachfolger mit seiner Tochter zu verheiraten. Was jedoch für Yves dabei herausprang, wollte mir nicht in den Sinn kommen. Denn er musste nicht mit mir verheiratet sein, um die Stelle meines Vaters zu kriegen. Die würde er nämlich als stellvertretender Geschäftsführer sowieso erhalten, hätte mein Vater erst die Pension angetreten.

„Du verstehst das nicht“, wiederholte er, diesmal eher zu sich selbst als an mich gewandt.

„Was verstehe ich nicht?“, fragte ich immer noch aufgebracht, währenddessen Yves die Terrassentür nach draussen öffnete und uns allein liess.

Mein Vater setzte sich seufzend aufs Sofa nieder.

„Hör zu. Es war nicht meine Absicht, dass…“, begann er, doch ich unterbrach ihn sofort.

„Wieso hast du es dann getan? Ich kann gut auf mich selbst aufpassen. Dafür brauche ich keinen Babysitter. Ich bin 22 Jahre alt!“

„Wenn du mal zuhören würdest, was ich sage, dann wüsstest du, dass ich nicht davon spreche! Aber das tust du nie! Du hörst mir nie zu und das ist womöglich auch einer der Gründe, wieso ich dir zum Teil nicht vertraue“, sagte mein Vater in lautem Ton, jedoch immer noch diskret. Dennoch brachte sein Kommentar mich zum Kochen.

„Und an wem liegt es, dass ich so bin? Schliesslich war nicht ich diejenige, die ihr Kind sozusagen alleine gelassen hat. Und auch ich war nicht der Vater, der seinem Kind verschwiegen hat, dass es noch einen älteren Bruder hat. Weisst du eigentlich, was das alles für einen Unterschied gemacht hätte, hättest du es getan?“

Ausgerechnet Mr.Babysitter!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt