~Kapitel 45~

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Farell Price sah mich kurz durch zusammengekniffene Augen an. Möglicherweise dachte er gerade darüber nach, woher er mich kannte. War ich so unscheinbar, dass er eine Jugendliche zwischen tausenden Erwachsenen nicht wiedererkannte? Ich meine, mir sollte es recht sein. Dann murmelte er doch nachdenklich vor sich hin.

„Ach du bist's." Das war's? Keinerlei Reaktion darauf, dass sich zwei Jugendliche gerade in ein gesichertes Labor schlichen? Dann fiel mir ein, was Nora gesagt hatte. Farell Price war ein Genie, aber er hatte nicht mehr alle Tassen im Schrank. Oder so ähnlich.

„Äh... ja, ich bin's! Wir müssen dann auch mal los, was holen." Ich wollte mich an Farell Price vorbei schlängeln, doch er hielt mir plötzlich die Hand vors Gesicht, sodass ich fast gestolpert wäre.

„Stop! Da darfst du nicht rein!" Ich schluckte nervös und warf Louie einen hilflosen Blick zu. Was sollte ich jetzt tun? Wir waren eindeutig aufgeflogen. Farell Price senkte die Hand langsam wieder, sah mir aber noch immer genauso dringlich in die Augen.

„Du darfst da einfach nicht rein gehen. Dieser Ort ist nicht gut für Menschen." Einerseits kam Erleichterung in mir auf. Er war nicht wütend oder wollte uns den Zutritt verwehren, weil es verboten war, er machte sich vielmehr Sorgen. Und da waren wir auch schon bei dem Problem. Was sollte das heißen?

Louie verdrehte die Augen und sah mich verzweifelt an. Er schien eindeutig an den Verstand des älteren Mannes zu zweifeln. Konnte ihm keiner verübeln. Trotzdem wollte ich nicht einfach ohne eine Erklärung davonrennen.

„Und warum nicht? Sie arbeiten da täglich drin, erinnern Sie sich?" Farell Price schüttelte nur mit nachdenklichem Blick den Kopf.

„Und deswegen ist es nicht gut." Louie verlor langsam die Geduld.

„Wir haben es eilig, oder Tia?" Ich schüttelte bestimmt den Kopf. Seine Ungeduld war gerade mehr als fehl am Platz. Statt mit Louie gemeinsam endlich zu verschwinden und unseren Plan durchzuziehen wollte ich unbedingt bleiben. Ich meine, wann hatte ich sonst die Chance mit einem Wissenschaftler persönlich über das Labor zu sprechen? Und obwohl ich mich dafür hasste, wir konnten Farell Prices merkwürdigen Verstand einfach ausnutzen. Wir mussten nur geschickt fragen und er sagte uns alles, was wir wissen wollten.

„Warum ist es denn deswegen nicht gut?" Sachte ging ich vor, fast wie mit einem kleinen Kind. Farell Price sah mich aus großen Augen an.

„Wir haben es schon zu weit gebracht, ich habe es zu weit gebracht. Wenn ihr da rein geht, werdet ihr ebenfalls Dinge wissen, die zu gefährlich sind! Haltet euch von diesem Ort fern, es ist gefährlich."

„Warum gehen Sie dann nicht?"

„Für mich ist es schon zu spät, aber für euch..." Er schüttelte bedauernd den Kopf und verfiel dann wieder in seine Trance.

„Ein bisschen dramatisch, oder?" Louie grinste belustigt und sah mich dann streng an. Er griff energisch nach meinem Arm.

„Jetzt komm! Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit!" Er zog mich hinter sich her durch die Tür ins Labor und ich konnte gerade noch einen letzten Blick auf Farell Price erhaschen. Er stand einfach nur da und starrte Löcher in die Luft. Offenbar hatte er uns schon wieder vergessen.

Erst als wir so weit vom Eingang entfernt waren, dass der verrückte Wissenschaftler nicht mehr zu sehen war, ließ Louie meinen mittlerweile schmerzenden Arm los. Vielleicht auch, weil einige Leute bereits guckten und über unseren seltsamen Anblick diskutierten. Zwei Jugendliche in Kitteln, von denen einer den anderen hinter sich herzog. Louie zischte mir plötzlich leise ins Ohr, sodass ich mich fast erschreckte.

„Komm, die starren schon." Ich zog den Kragen meines ein bisschen zu großen Kittels ein wenig weiter nach oben und folgte Louie flink durch die Menschengruppen und Tische. Tatsächlich war das Labor so groß, dass den Weg wiederzufinden eine ganz schöne Herausforderung war. Zumal die Materialen auf den Tischen, an denen ich mich orientiert hatte, nun nicht mehr die Selben waren. Ich lief mehr durch Zufall als durch Wissen an dem richtigen Tisch vorbei. Und günstiger hätte die Situation nicht sein können.

Der Typ hatte sein Blubberzeug einfach unbeaufsichtigt auf dem Tisch stehen lassen. Mein Chemielehrer wäre wahrscheinlich erst vor Schock tot umgefallen und wäre dann wieder aus dem Grab gekrabbelt, um uns die Schulordnung abschreiben zu lassen.

Aber in unserem Fall war es so perfekt. Louie hielt staunend sein Gesicht vor die Behälter und hob dann einen von der Flamme, um daran zu riechen. Zweiter Grund, warum mein Chemielehrer uns die Schulordnung hätte abschreiben lassen.

„Irre! Das sieht genauso aus und riecht auch so wie Blut. Wenn das was anderes sein sollte, dann hinterfrag ich nochmal mein komplettes Wissen."

„Hab ich doch gesagt." Das konnte ich mir nicht verkneifen. Louie maulte mich nur beleidigt an.

„Ich habe dir doch auch geglaubt! Nur das mit dem Ding im Flur muss ich mit eigenen Augen sehen, um dich da völlig ernst zu nehmen. Was nicht heißt, dass ich es für unmöglich halte. Vielleicht gibt es hier ja tatsächlich komische Tiere oder so etwas." Er drückte mir das Reagenzglas in die Hand.

„Willst du probieren oder soll ich?" Ich traute meinen Ohren nicht.

„Wie bitte?" Louie verdrehte genervt die Augen.

„Wer von uns macht den Geschmackstest?"

Das konnte ja wohl nicht dein Ernst sein!

Area 51 - Don't trust anybody! Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt