~Kapitel 5~

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Im Nachhinein würde ich sagen, dass es nicht so schlau war unter der Woche bis morgens aufzubleiben und sich zu betrinken. Doch auch mein Schlafmangel und die Überbleibsel von meinem Alkoholkonsum am Vortag retteten mich nicht vor der Schule. Kurz gesagt, ich hatte Kopfschmerzen und konnte kaum die Augen aufhalten, weil ich mich nach zwei Stunden Schlaf schon wieder aus dem Bett quälen musste.

Ich würde ja einfach zuhause bleiben, aber wenn man über meine Schule eins wissen sollte, dann, dass die Organisation dort für die Tonne war. Wenn man sich krank melden wollte, hatte man schon Glück, wenn das Telefon der Schule überhaupt klingelte. Und auch dann nahm eh niemand ab, da die Lehrer schon aufgegeben hatten, jemanden an ein fast nicht funktionierendes Telefon zu setzen, welches vielleicht einmal im Monat klingelte. Man könnte jetzt denken, dass die Schule eigentlich verpflichtet war ein Neues zu besorgen, aber es kümmerte sich keiner so wirklich. Deshalb müsste ich sowieso erst zur Schule fahren, um mich abzumelden und wenn ich einmal dort war, konnte ich auch genauso gut bleiben. Außerdem würde mich die grelle Sonne bestimmt wach machen. Oder die Hitze.

Ich hiefte unter Ächzen ein paar Kisten mit Zeitung in den Jeep.

„Geht das schneller? Wir kommen nur wieder zu spät." August steckte den Kopf lässlich durch das geöffnete Fenster seines Autos und blickte nach hinten.

„Wenn du mir helfen würdest, bestimmt."

„Nein, das ist dein Zeug. Das kannst du schön selbst machen." Ich verdrehte nur die Augen und stapfte durch einige vertrocknete Grasbüschel zur Tür des Jeeps, welche ich aufschwang und mich dann auf den staubigen Beifahrersitz fallen ließ. Dann sollte er einfach nicht fragen!

Unter Knarzen und Klappern ging der Motor an und August lenkte das Fahrzeug auf die Straße. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich vermutlich denken, dass das Auto jeden Moment in sich zusammenbrechen würde. Allerdings war das Knarzen auch das Einzige, woran man erkannte, dass es sich um ein bereits gebrauchtes Auto handelte. Die Vorbesitzer hatten August versichert, dass das Auto noch so gut wie neu war und sie sich nur um das Modell vertan hatten. Und so hatte August sich das Auto von dem Gehalt seines Nebenjobs leisten können. Und ich musste zugeben, dass es überaus praktisch war.

Während nämlich andere Mädchen in meinem Alter mit dem Schulbus fuhren, hatte ich meinen persönlichen Chauffeur. Dieser saß neben mir auf dem Platz und schien völlig aufs Fahren fokussiert zu sein. Ich lehnte mich zurück und genoss den kühlen Windhauch, der durch das geöffnete Fenster hineinkam. Einige Strähnen flogen mir ins Gesicht und ich musste mir durchs Gesicht wischen, um sie wieder loszuwerden. Durch das Radio dröhnte altmodische Musik, doch dieses Mal störte mich diese kaum. Vielleicht, weil ich August seinen Spaß lassen wollte, oder auch, weil die Musik im Gegensatz zu gestern ziemlich leise war.

Ich hatte übrigens recht gehabt. Mit dem Weg war ich wach geworden und ich genoss die Fahrt richtig. Doch meine Freude und Entspannung hielten nicht lange an. Bald wurden die Geräusche lauter und wir parkten auf einem kleinen Parkplatz vor dem Schulgebäude, wo bereits einige Autos und Motorräder standen. Mit Schwung riss ich die schwere Tür auf und sprang aus dem Auto. Den Rucksack warf ich mir über den Rücken und beobachtete August anschließend dabei, wie dieser seinen Kofferraum öffnete und seine Mappen und Ordner heraushob.

Er war eben schon immer ein perfekter Schüler gewesen und sammelte alles Mögliche, was auch nur annähernd noch einmal zu gebrauchen sein konnte in seinen Mappen. Dagegen fühlte ich mich unvorbereitet. Damit war ich aber nicht lange alleine, denn Thea hatte uns entdeckt und löste sich von einigen schwatzenden Jugendlichen.

Ihr Rucksack war ebenso leer wie meiner, bloß mit dem Unterschied, dass sie wahrscheinlich nur bekritzeltes Papier dabei hatte. Schule war eben nicht so ihres.

„Hey! Ihr seid ja auch noch aufgewacht! Ich dachte, euch ist so schlecht, dass ihr heute gar nicht mehr kommt."

„Ich wäre auch nicht gekommen, wenn ich nicht schon so viele Fehlstunden bei Mr. Moore hätte. Außerdem sind bald die Prüfungen." Thea winkte entspannt ab und ich war fast ein bisschen neidisch auf ihre Nerven.

„Ach, das mach ich nebenbei. Es kann nicht so schwer sein und die aus dem letzten Jahr sind auch durchgekommen." Thea grinste zufrieden und fuhr fort.

„Ich meine, hast du mal gesehen, wer da alles dabei war? Bei einigen könnte man denken, dass sie noch immer nicht lesen können. Das wird easy!" Ich lachte, denn ihre gute Laune war ansteckend.

„Na wenn du meinst. Du bist diejenige, die auf die Schnauze fällt." Wir wurden von dem Gong unterbrochen, welcher laut und deutlich sowohl über Schulhof als auch Parkplatz hallte. Ich deutete auf das Gebäude, in welches jetzt die Schülermassen strömten.

„Unser Zeichen. Wenn wir nicht bald gehen, komm' ich zu spät und dann kann ich auch direkt wieder gehen. Ihr wisst, wie der Lehrer ist." Thea sah mich dramatisch an.

„Oh ja, der könnte unsere Köpfe auf den Zaun aufspießen und damit die jüngeren Schüler abschrecken. Aber vorher quält er uns mit Matheaufgaben zu Tode!"

„Da hast du sicher recht, aber auch ohne unsere Köpfe kann der jüngere Schüler vertreiben." Wir blickten verdattert zu August, der schmunzelnd mit den Mappen, die er unter seinen Arm klemmte, nach drinnen lief. Thea und ich prusteten los. Offensichtlich bekam selbst August etwas von unserer guten Laune ab.

Area 51 - Don't trust anybody! Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt