Kapitel 31 das Verhör

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Winnetou, Old Shatterhand und Sam zogen sich zur Beratung zurück. Ashok konnte ihnen nichts mehr verraten, daher war dieser David Chapman nun die wichtigste Spur zu Ribanna. Sicher war bisher nur, dass er zu Robert Merrils Männern gehörte. Doch welchen Bezug hatte er zu Ashok?
Winnetou hatte seine eigene Theorie, von der er überzeugt war. Diesen Trumpf behielt er in der Hinterhand, als die drei am frühen Morgen zurück zu ihrem Gefangenen gingen.

"David?" sprach Old Shatterhand ihn an. Dieser sah zu ihm auf.
"Wir haben einige Fragen. Werdet ihr diese im Sinne der Wahrheit beantworten, werden wir euch gehen lassen. Wenn nicht, wird das Gericht über euch entscheiden." erklärte er um Druck auf ihn auszuüben.
"Schon gut." seufzte David. "Ich sage euch, was ich weiß. Doch das ist nicht viel! Bindet mich los!"
Winnetou nickte seinem Blutsbruder zustimmend zu, dieser schnitt das Seil am Rücken des Gefangenen los und setzte sich, mit seinem Messer in der Hand, neben ihn. Auch Winnetou und Sam hielten ihre Silberbüchse und Liddy fest in den Händen, als reine Sicherheitsmaßnahme, wie Old Shatterhand versicherte.

"Ich lebe im Fort Niobrara und bin eine Art Ansprechpartner für Robert. Er wollte mit seiner Frau in die Stadt ziehen, sie aber nicht. Immer wenn das Thema aufkam, gab es Streit. Am Abend vor ihrem Verschwinden gab es wieder eine solche Diskussion, die beiden haben sich angeschrien. Robert, der Ribanna zeigen wollte, wie toll es in der Stadt ist, das sie sich schon daran gewöhnen würde und dass sie ja mittlerweile keine Indianerin mehr war, versuchte seine Pläne schönzureden. Ribanna wollte dagegen ankommen, doch sie hatte keine Chance. Sie drohte ihm zu ihrem Vater zurück zu gehen, wenn er seinen Plan durchziehen würde. Daraufhin ist Robert ausgerastet, auf sie losgegangen und hat ihr eine Ohrfeige gegeben. Wären nicht einige Männer dazwischen gegangen, hätte er sie sicherlich niedergeschlagen."
Er holte einmal tief Luft, die anderen, besonders Winnetou, hörten gespannt zu und gaben keinen Laut von sich.
"Am nächsten Morgen war Ribanna verschwunden. Robert dachte sofort an das, was sie am Abend gesagt hatte, dass sie zu ihrem Vater gehen würde. Daraufhin ist er zu ihm gestürmt, hat einen riesen Aufstand bei den Assiniboins gemacht. Tah-scha-tunga versicherte ihm, dass er nichts weiß, doch Robert ließ sich nicht davon abbringen. Erst, als der Häuptling Winnetou erwähnte, beruhigte er sich etwas. Er wollte, dass sie gemeinsam mit einigen Kriegern zu den Mescaleros reiten. Wir, ich und zwei weitere Männer aus dem Fort, die Robert zu Tah-scha-tunga begleiteten, sollten zurück."

"Sie waren in Winnetous Pueblo. Robert verriet mir, dass er Tah-scha-tunga hinter ihrem Verschwinden vermutete. Doch sie war bei mir. Die ganze Zeit über." stellte er klar.
"...was?" überrascht riss David die Augen auf. "Aber... wieso hast du nie etwas gesagt?"
Winnetou erklärte ihm was er von Ribanna erfahren hatte, dass sie unter keinen Umständen gefunden werden wollte. Das schien bei David noch einmal zu wirken. Er wirkte nun bedröppelt, als wäre alles seine Schuld.

"Was ist passiert, nachdem Robert zurück im Fort war?" fragte Old Shatterhand.
"Er wirkte wütend. Immer wieder betonte er, dass er Tah-scha-tunga nicht abnahm, Ribannas Aufenthaltsort nicht zu kennen. Er hatte sich völlig auf ihn eingeschossen und ließ gar keine anderen Theorien zu. Da kam er auf die Idee, einen Jungen bei den Assiniboins einzuschleusen."
"Ashok." nahm Winnetou ihm vorweg.
"Genau. Er ist ein Halbblut, seine Mutter, eine Weiße, kam bei einem Feuer im Fort vor einigen Jahren um, sein Vater war ein Indianer, ich glaube ein Mohikaner. Er starb bereits kurz nach seiner Geburt bei einem Überfall auf das Lager der Indianer. Damals war die Mutter mit ihm geflohen. Durch seine Abstammung war er der perfekte Indianer, da er auch ihre Sprache einigermaßen gut verstand."

"Und so wurde der junge Ashok mit einer etwas abgeänderten Geschichte bei den Assiniboins aufgenommen. Von gutgläubigen Squaws, die dachten, sie würden etwas Gutes tun und einem armen Waisenjungen helfen." kombinierte Old Shatterhand. "Doch in Wahrheit spionierte er."

"Ich sollte Ashok regelmäßig am Rio Grande treffen, wenn er zu einer angeblichen Gedenkstelle seiner Eltern ging. Dabei hätte ihn nie jemand gestört."
"Woher wusste er, dass Ribanna bei mir war?" fragte Winnetou und dachte daran, wie Ashok sein Lager entdeckt hatte.
"Das wusste er nicht. Er sollte Augen und Ohren offenhalten. Anfangs redeten die Assiniboins noch ab und zu über Ribanna, doch bald war ihr Name verklungen. Dass Ashok dich am Lager überrascht hat, war Zufall. Doch sein Spürsinn verriet ihm, dass etwas dahinter stecken musste. Und er hatte Recht. Ribanna war bei dir." David sprach nun direkt zu Winnetou, der immer noch vor ihm kniete.

"Ashok ist ein Kojote!" rief Winnetou und sprang mit einem Satz auf.

Winnetou und Ribanna I. TeilWo Geschichten leben. Entdecke jetzt