Kapitel 5

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Schon den ganzen Vormittag liege ich gelangweilt auf dem Sofa in der WG herum und kann mich zu nichts aufraffen. Meine Wut auf meine Eltern ist noch lange nicht verraucht, aber es ist noch zusätzlich Traurigkeit hinzugekommen. Und diese ganzen Empfindungen machen mich echt fertig. Und in meiner Wut und Traurigkeit habe ich ganz vergessen meinen Freunden Bescheid zu geben, daher krame ich nach meinem Handy, welches irgendwo zwischen den Kissen verschwunden ist und suche die Gruppe bei Whatsapp heraus.

Ich: Hey Leute. Ich habe schlechte Neuigkeiten. Meine Alten weigern sich, mich aus dem Internat abzuholen. Sie wollen dass ich die kompletten Ferien hier verbringe. Leider fährt in diesem Kaff weder ein Bus noch ein Zug. Es tut mir so leid.

Ich muss nicht lange auf Antworten warten, denn kurz darauf trudeln schon die ersten Nachrichten ein.

Jordy: WTF? Was denken sich deine Alten denn dabei? Man scheiße ey!

Trev: Was soll der Kack man?

Lucy: Oh man ey. Ich hab mich so auf dich gefreut. :(

Carlos: Mierda! Deine Alten nerven mich echt. Dios mio

Ich will gerade auf alle Nachrichten antworten, da klingelt mein Handy und auf dem Display wird mir der Name von Jordy angezeigt. Ich hebe natürlich sofort ab.

»Hey Jordy.« sage ich traurig und kann nicht verhindern, dass erneute Tränen in meine Augen steigen. »Oh man Jamie. Ganz ehrlich, ich hasse deine Eltern. Haben sie dir denn einen Grund genannt, warum sie dich nicht abholen wollen?«

Ich lasse erneut das Gespräch mit meiner Mutter Revue passieren und werde wieder wütend. »Ja allerdings. Sie möchten nicht, dass ich mich mit euch treffe und in alte Gewohnheiten verfalle. Sie sind der Meinung, dass ihr einen schlechten Einfluss auf mich habt. Ich soll in Green Manor bleiben und weiterhin lernen.« Wütend trete ich ein Kissen vom Sofa, welches auf dem Tisch landet und dort ein Glas Wasser umwirft. Augenrollend stehe ich auf, stampfe mit dem Handy am Ohr in die Küche und hole dort ein wenig Küchenpapier um mein Malheur wegzuwischen.

»Deine Eltern haben sie wirklich nicht mehr alle. Ich würde am liebsten zu ihnen gehen und ihnen meine Meinung sagen. Aber ich glaube, damit würde ich dir keinen Gefallen tun oder?« Trotz meiner Wut muss ich bei der Vorstellung lachen. Mir ist immer bewusst gewesen, dass meine Eltern Jordy nicht leiden können. Aber mir war und ist das wirklich egal. Er ist mein Freund und nicht ihrer. Aber wenn ich mir vorstelle, wie Jordy vor meinen Eltern steht und ihnen die Leviten liest, sehe ich meine Mutter wie sie ihn am liebsten wie ein Insekt zerquetschen würde. Jordy würde jedenfalls nicht lebend aus der ganzen Sache heraus kommen.

»Wenn du lange leben möchtest, solltest du dich von ihnen fernhalten Jordy.« kicher ich und bin dankbar das mein bester Freund mich direkt aufheitern konnte.

»Na gut. Aber nur weil ich alt und runzelig werden will. Aber mal was anderes. Was wirst du denn die zwei Wochen machen?«

»Wenn ich das wüsste. Die Mädels sind natürlich in die Ferien gefahren und ich bin ganz alleine in der WG. Und bis auf Oliver habe ich sonst niemanden außerhalb der WG kennengelernt. Die Direktorin meinte, dass einige Schüler und Lehrer ebenfalls hier bleiben, von daher werde ich mich mal umschauen.« Ein kurzes Schweigen und dann höre ich ein leises Kichern durch den Telefonhörer. »So so, es sind also auch Lehrer anwesend?« fragt Jordy und ich weiß worauf er hinaus will, doch den Zahn weiß ich zu ziehen. »Allerdings, aber ich muss dich enttäuschen. Miss Walker ist ebenfalls in die Ferien gefahren. Schon gestern Abend und sie hat sich nicht mal verabschiedet. Und wenn ich sage, dass ich alleine in der WG bin, dann bedeutet das auch alleine.«

Unzufrieden schnaubt Jordy und gibt ein tiefes Seufzen von sich. »Schade. Es hätte ja sein können, dass ihr euch näher kommt. Aber wenn sie nicht da ist. Na du wirst schon eine Beschäftigung finden. Vielleicht erkundigst du ein wenig die Umgebung?« Der Vorschlag ist nicht schlecht, doch was soll ich hier schon großartig entdecken? Außer dem kleinen Dorf gibt es hier nur Wald und Hügel. Doch da fällt mir plötzlich der See ein, den Oliver an meinem ersten Tag erwähnt hat. Vielleicht schnappe ich mir meine Kamera, die noch tief vergraben in meinem Koffer liegt und begebe mich auf die Suche danach.

Green Manor SchoolWo Geschichten leben. Entdecke jetzt