Einige Stunden später sieht es in meinem Zimmer aus als wäre eine Bombe eingeschlagen. Vermutlich jedes einzelne Kleidungsstück, welches ich besitze , liegt verstreut auf dem Boden, meinem Bett und dem Schreibtisch. Ich mache mich seit Minuten selber verrückt und frage mich was ich zum Kochen anziehen soll. Ich will nicht allzu schick daherkommen, aber auch nicht zu schludrig. Ratlos stehe ich da, lasse meinen Blick schweifen und greife dann letztendlich zu einer blauen Jeans und einem weißen leicht transparenten Shirt. Ich denke das Outfit ist in Ordnung so. Mit einem letzten Blick in den Spiegel und einem kurzem Zupfen an meinen Haaren atme ich tief durch und verlasse dann mein Zimmer. Fast wie auf Zehenspitzen tapse ich barfuß und leise durch den Flur in die Küche und bleibe abrupt stehen. Miss Walker ist schon gut dabei, steht an der Küchenzeile und schnippelt irgendetwas auf einem Brettchen klein. Ich räuspere mich um sie nicht zu erschrecken und gehe näher heran.
»In Ordnung. Ich bin bereit für den Kochunterricht. Was soll ich tun?« grinse ich fröhlich und lehne mich neben Miss Walker an den Schrank und merke zu spät, dass ich ein bisschen zu nah an ihrem Körper stehe. Der Duft ihres Shampoos steigt mir sofort in die Nase und ich habe kurzzeitig das Gefühl schwerelos zu sein. Jedoch habe ich keine Gelegenheit in meine Träumereien zu verschwinden, da Miss Walker mir ein paar Paprika auf den Tisch legt. Ich nicke und mache mich auf die Suche nach einem Messer, Brettchen und einer Schale für die geschnittenen Paprika. Als ich alles beisammen habe, setze ich mich an den Küchentisch und beginne höchst konzentriert die erste Paprika zu schneiden. Doch weit komme ich nicht, denn plötzlich landet neben mir auf dem Tisch ein kleiner Feuerlöscher. Irritiert blicke ich den roten Gegenstand an und lasse dann meine Augen zu Miss Walker gleiten, die breit grinsend daneben steht.
»Oh. Ha ha ha. Wirklich witzig.« mache ich und versuche mein Lachen zu verkneifen. Bei Miss Walker dagegen bricht das Lachen urplötzlich aus ihr heraus und der Klang ihres Lachens bringt mich in andere Sphären. Es ist so klar und hell, etwas schöneres habe ich vorher noch nie gehört. Nachdem sie sich wieder beruhigt hat, gluckste sie vergnügt: »Entschuldige bitte, aber ich konnte mir diesen kleinen Scherz nicht verkneifen.« Dieses Mal kann ich mein Lachen nicht unterdrücken und lasse es einfach raus. Doch das vergeht mir in dem Moment, in dem Miss Walker sich zu mir herunter beugt und mir erklärt, wie ich die Paprika schneiden soll. Ihr Gesicht ist meinem so nah, dass ich ihren Atem auf meiner Wange spüren kann. Urplötzlich fängt mein Körper an zu zittern und ich kann es nur unter größter Anstrengung verbergen. Der Duft ihrer Haare, die mein Ohr kitzeln, steigt erneut in meine Nase und ich versuche angestrengt ruhig zu atmen. Ich wage mich keinen Zentimeter vor oder zurück. Stocksteif sitze ich da und konzentriere mich voll auf die Stimme meiner Lehrerin. »Schneidest du die Paprika in gleichmäßige Würfel?« Nickend greife ich erneut zum Messer und bin froh darüber, dass ich das Zittern meines Körpers unter Kontrolle habe. Miss Walker geht wieder zur Anrichte und arbeitet dort weiter, dies gibt mir die Möglichkeit mich zu sammeln und tief durchzuatmen. Wie soll ich zukünftig nur ihre Nähe aushalten? Irgendwann wird sie meine Reaktionen auf sie mitbekommen und dann wird es richtig peinlich. Ich verdränge diese Gedanken in die hinterste Region meines Hirns und konzentriere mich darauf, die Paprika wie gewünscht zu schneiden.
Kurze Zeit später bin ich damit fertig, bringe die volle Schale zur Anrichte, wo Miss Walker schon allerlei weitere Zutaten vorbereitet hat. Ich stelle die Schale dazu, lehne mich erneut an die Küchenzeile und schaue meiner Lehrerin beim Schneiden der Karotten zu. »Was kochen wir eigentlich? Oder besser gesagt Sie?« frage ich neugierig und versuche herauszufinden, wofür all die Zutaten sind. »Wir machen eine leckere Gemüselasagne. Und zum Nachtisch gibt es dann Eis mit Sahne. Ist das in Ordnung für dich?« Allein bei dem Gedanken daran beginnt mein Magen zu knurren, was Miss Walker wohl als Zustimmung gelten lässt. »Ich nehme das als ein Ja.« grinst sie. Sie bedeutet mir ihr die Auflaufform für die Lasagne zu reichen, was ich dann auch mache. Dann schichten wir gemeinsam alle Zutaten sorgsam hintereinander in die Form und bestreuen die Lasagne dann noch mit reichlich Käse. Vorher hat Miss Walker bereits den Ofen vorgeheizt, erklärt mir aber dennoch wie viel Grad man einstellen muss. Dann schiebe ich die Auflaufform mit der Gemüselasagne auf die mittlere Schiene und schließe die gläserne Ofentür. Und als würden wir beide gemeinsam in ein Schaufenster blicken, stehen wir vor dem Herd und beobachten die Lasagne. Miss Walker steht mir dabei erneut so nahe, dass sich unsere Arme berühren und ich spürte ihre warme Haut an meiner. Und wie soll es anders sein, bekomme ich just in dem Moment eine Gänsehaut, die Miss Walker ebenfalls registriert. »Ist dir kalt?« fragte sie und aus den Augenwinkeln sehe ich, dass sie ihren Kopf zu mir gedreht hat. Ich aber blicke stur gerade aus auf die Lasagne und schüttel den Kopf. »Nein, mir ist nicht kalt. Im Gegenteil.« flüster ich leise, nicht wissend ob sie es überhaupt gehört hat.
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Green Manor School
RomanceVon ihren Eltern aufs Internat abgeschoben, beginnt für Jamie das letzte Schuljahr. Auf der Green Manor School füttern sie einen nicht nur mit Wissen, sondern wollen die Schüler auch auf ein selbstständiges Leben vorbereiten. Anders als gewöhnlich i...