#3 Wieder sehen

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Emilio

Wieder einmal saß Zero an der gleichen Hauswand. Man hätte behaupten können, dass er sich seit dem Vortag nicht wegbewegt hatte, aber ich wusste, dass es nicht so war.

Bei mir saß der Schock noch immer tief, dass er gerade Mal siebzehn war. Ich hätte ihm jegliche andere Frage stellen können, aber es brannte mir zu sehr auf der Zunge. Es lagen nur zwei Jahre zwischen uns.

Mir wurde klar, wie unterschiedlich die Welt sein konnte. Während ich mit allem möglichen aufgewachsen war, bettelte Zero und verkaufte sich. Ich bezweifelte, dass er viel an diesem Zustand ändern konnte.

Da ich nicht wusste, wann er seinen ersten Termin hatte, machte ich mich auf dem Weg zu dem Bordell. Ich wollte mir einen Termin bei ihm holen, damit er meine Anwesenheit nicht abweisen konnte.

Die gleiche Frau, wie am Vortag, saß am Tresen. Sofort lächelte sie mich an. Bevor ich etwas sagte, legte ich Geld auf den Tresen.

„Zero hat nichts mehr frei", informierte sie mich. „Ich will nur mit ihm reden", sagte ich. „Wenn reiche Leute schon fürs reden zahlen", schnaubte sie belustigt.

Aus ihrem Mund hörte sich das wirklich komisch an. Wahrscheinlich war es das auch, aber ich sah keine andere Möglichkeit. Ich wusste auch nicht so wirklich, warum ich das tat.

„Er ist meist früher da, wodurch ich die Zeit anbieten könnte", sagte sie. „Super. Mal rein aus Interesse, wie heißt er wirklich?", wollte ich wissen. „Weiß ich nicht. Wir alle kennen ihn nur als Zero", meinte sie.

Zero schien keinen an sich ranzulassen. Es konnte auch nur sein, dass er  Arbeit und Privat trennte. Bei so einer Beschäftigung konnte ich das nachvollziehen.

„Sehen wir uns jetzt öfter?", spielte sie mit ihren blonden Haaren. „Hängt von Zero ab", meinte ich. „Oke, ich bin Amber", stellte sie sich vor, wobei sie mir ihre Hand hinhielt. „Emilio", nahm ich ihre Hand entgegen. „Das Zimmer müsste offen sein, wenn du warten möchtest", bot Amber mir an.

Dankend nahm ich ihr Angebot an. Entspannt setzte ich mich im Zimmer auf das Bett. Mein Blick war auf die Tür gerichtet. Jeden Moment könnte Zero reinkommen.

Kurz ließ ich mein Blick durch das Zimmer schweifen. Es bestand nur aus diesem Bett, einem großen Kleiderschrank mit Spiegel, einem kleinem Nachttisch und Tisch. Alles in einem schlichtem schwarz.

„Ach du scheiße", hielt Zero sich seine Hand auf die Brust, als er das Zimmer betrat. „Ich habe doch gesagt, dass wir uns wieder sehen", grinste ich. „Raus hier", zischte er mich wütend an.

Stur blieb ich auf dem Bett sitzen, während er seine Tasche im Kleiderschrank verstaute. Kurz danach hatte er nur noch seine Unterhose an. Zügig überflog ich seinen Körper. Zero war sehr dünn und seine Haut fast so hell, wie bei den Vampiren von Twilight.

„Ich weiß, dass du nicht wegen Sex hier bist, also was willst du?", fragte Zero genervt. „Und was ist, wenn ich genau deswegen hier bin?", grinste ich. „Dann müsste ich freundlicher zu dir sein" schnaubte er.

Kurz musste ich auflachen. Ich konnte mir Zero nicht in freundlich vorstellen. In dem Moment, wo er freiwillig freundlich zu mir sein würde, wäre der Zeitpunkt in dem die Hölle einfriert. Kopfschüttelnd setzte er sich zu mir auf das Bett.

„Jetzt verschwinde, ich muss noch duschen", befahl Zero mir. „Bis später", grinste ich ihn an.

Verdutzt schaute er mich an, als ich das Zimmer verließ. Zero sollte klar sein, dass er mich nicht mehr so leicht loswerden würde. Schmunzelnd lief ich nach unten, wo Amber einem älteren Herren eine Zimmernummer nannte. Bei genauem hinhören, merkte ich, dass es Zeros seine war.

„Wie lange ist Zero schon hier?", fragte ich, als der Mann den Tresen verlassen hatte. „Erstens darf ich darüber Auskunft geben, zweitens weiß ich es nicht", antwortete Amber. „Ich kann dir zwar keinen Stuhl anbieten, aber möchtest du dich zu mir setzen?", fragte sie schüchtern.

Das ließ ich mich nicht zwei Mal fragen. Ich sah es als meine Chance an, mehr über Zero zu erfahren. Hinterm Tresen setzte ich mich auf den Boden und lehnte mich gegen die Wand.

„Was findest du an unserem Teufel?", interessierte Amber sich. „Keine Ahnung", zuckte ich mit den Schultern. „Seine zickige Art kann es unwahrscheinlich sein", lachte sie.

Die zickige Art war niedlich. Ich hatte direkt gemerkt, dass da da mehr hinter stecken musste. Wahrscheinlich konnte er einer der ruhigsten Menschen sein, wenn man ihn kannte. Auf einmal schlug jemand wütend auf die Theke, wodurch wir zusammenzuckten. Es war der ältere Mann.

„Ich will mein Geld zurück", atmete er schwer. „Was ist denn passiert?", wollte Amber wissen. „Der Bengel, ist durch geknallt. Der wollte nach mir beißen", erklärte er.

Ich musste mir das lachen verkneifen, denn er sollte nicht merken, dass ich hier saß. Wahrscheinlich war es noch nichtmal erlaubt, dass ich hinter dem Tresen war. Amber seufzte, aber in dem Moment kam auch Zero.

„Ich bin durch geknallt? Sie haben sie wohl nicht mehr alle. Es gibt eine scheiß Regel bei mir. Ich habe mich nur gewehrt", maulte er. „Zero", mahnte Amber. „Nein, er kann froh sein, dass ich ihm keine rein gehauen habe", meinte er. „Tut mir leid, Sir. In diesem Fall gibt es kein Geld zurück", gab Amber zuckersüß von sich. „Scheiß Laden", mit diesen Worten zischte der Mann ab.

Zero knallte wütend seine Faust auf den Tresen. Man hörte ihn schwer atmen. Was war seine Regel? Zumindest wusste er sich zu wehren, dachte ich mir.

„Beruhig dich und geh wieder hoch. Nutz die Zeit ein wenig", meinte Amber. „Gib mir bitte etwas", bat Zero.

Kopfschüttelnd öffnete Amber eine Schublade, wo sie ein kleines Tütchen raus holte, welches sie über die Theke schob. Zero bedankte sich, bevor er wieder verschwand.

„Was war das?", wollte ich wissen. „Tabletten zur Beruhigung", antwortete Amber. „Sah nicht sonderlich legal aus", schmunzelte ich. „Ist es auch nicht. Die Tabletten sind eigentlich verschreibungspflichtig. Zero ist meiner Meinung nach Abhängig von dem Zeug", erzählte sie mir.

Ich musste schwer schlucken. Es war zu verstehen, wenn er solche Kunden hatte. Kurz fragte ich mich, wie es überhaupt zu der Situation gekommen war. Amber schaute mich erwartungsvoll an, wodurch ich wissen wollte, ob sie was von mir wollte.

„Wolltest du nochmal zu Zero?", wiederholte sie ihre Frage. „Bis wann hat er Termine?", wollte ich wissen. „Er müsste um zehn durch sein", meinte sie. „Ich warte bis dahin", beschloss ich.

Nochmal wollte ich ihn nicht unter so einem Zeitdruck sprechen. Zusätzlich sollte er sich erstmal beruhigen. Es würde nichts bringen, wenn er mich auch noch angreifen würde. Lächelnd drehte Amber sich um, da schon der nächste an den Tresen kam. Der junge Mann wollte zu einer Dame.

ZeroWo Geschichten leben. Entdecke jetzt