#26 Suppe und das Leben

175 16 0
                                    

Zero

Wie zum Teufel hatte ich es hinbekommen in kürzester Zeit zwei Mal krank zu werden? Mir war die Situation im gesamten unangenehm. Ich wollte eigentlich gar nicht hier sein, aber Emilio hatte mich so angeherrscht. Er wollte es sich anscheinend zur Aufgabe machen sich um mich zu kümmern. Selbst bei Amber mochte ich es nicht, wenn sie das tat.

Zumindest hatte ich dieses Mal bessere Unterhaltung, denn ich konnte Mario Kart spielen. Den Tee, denn Emilio mir hingestellt hatte, hatte ich bestimmt schon mehrfach mit meinem Blick umgebracht. Ich hasste Tee.

Immer wieder schaute ich zur Wohnungstür, wenn ich etwas hörte. Dadurch das Fabio bis vorhin noch einen nachgemachten Schlüssel besaß, hatte ich Angst, dass er oder jemand anderes noch einen hatte. Als die Tür sich öffnete, merkte ich direkt am Seufzen, dass es Emilio war.

Er sah erschöpft und genervt zugleich aus. In seinen Händen hatte er zwei Tüten. Eine kleine von der Apotheke und eine große vom Supermarkt. Die große Tüte stellte Emilio in der Küche ab, bevor er mit einem Glas Wasser zu mir kam.

„Ich habe dir etwas gegen Übelkeit besorgt", hielt er mir das Glas und eine Tablette hin. „Danke", nahm ich beides entgegen. „Du hast den Tee nicht angerührt", fiel Emilio auf. „Ich mag Tee nicht", meinte ich, was er mit einem Nicken abtat.

Mitleidig schaute Emilio mich an, wodurch ich meinen Blick von ihm abwendete. Am liebsten wäre ich zurückgefahren, aber mir fehlte die Kraft dazu. Ich spürte, wie er mir ein paar Strähnen aus dem Gesicht strich, was mich kurz dazu brachte ihn anzuschauen.

„Ich wollte dir eine Suppe kochen außer du sagst mir jetzt, dass du die genau so wenig, wie Tee magst", neckte Emilio mich leicht. „Tee und Suppe sind ein gewaltiger Unterschied", merkte ich an. „Zero", seufzte er nur, bevor er mich alleine ließ.

Eventuell sollte ich mich ein wenig benehmen, wenn ich schon seine Wohnung besetzte. Naja, auf der anderen Seite zwang er mich schon fast.

Mit der Decke um meinen Schultern schlurfte ich in die Küche. Auf dem Herd stand ein Topf mit köchelnden Wasser, wo Emilio Brühe am einrühren war. In einer Schüssel waren rohe Nudeln, die er nun auch in den Topf schüttete.

„Siehst du, ich benutze die Küche", neckte Emilio mich wieder. „Ich hoffe, dass es schmeckt", stellte ich mich murrend neben ihn.

Zögerlich legte er einen Arm um mich, welchen ich dieses Mal nicht sofort wegschlug. Kraftlos ließ ich mich gegen ihn sacken, wobei mir bewusst wurde, dass ich lieber auf der Couch geblieben wäre.

Es gab bei mir zwei Optionen, wenn ich krank war. Entweder ich war äußerst genervt oder anhänglich, wie ein kleines Kind. Anhänglich war dieses Mal komplett fehl am Platz.

Auffordernd hielt Emilio mir einen Löffel mit Suppe hin, welchen ich entgegen nahm. Tatsächlich musste ich ihm dafür ein Kompliment machen, obwohl es eine einfache Suppe war. Emilio schöpfte mir etwas in eine Schüssel, womit ich mich auf die Ablage setzte.

„Es ist gibt so etwas, wie einen Tisch", merkte Emilio an. „Ich weiß", meinte ich nur. „Bevor ich es vergesse, du kannst solange hier bleiben, bis du wieder gesund bist. Natürlich auch länger, wenn du möchtest, aber du sollst dich zu nichts gezwungen fühlen", meinte er. „Danke", lächelte ich.

Tatsächlich war ich mit der Situation leicht überfordert. Ich versuchte es mir nicht anmerken zu lassen, während ich die Suppe in mich hinein löffelte. Auf einmal stellte Emilio sich direkt vor mich, wobei er seine Hände sachte auf meine Oberschenkel legte.

Nun war ich am überlegen, wer von uns beiden krank war. Mich wunderte es, dass Emilio sich nach meinen ganzen Ablehnungen traute mich zu berühren. Er wusste selber, dass ich es nicht mochte, aber tat es trotzdem. Zusätzlich war mir unklar, was er damit bezwecken wollte. Die Gänsehaut, die er damit auslöste, war wohl nicht sonderlich hilfreich dabei.

„Nimm deine Pfoten von mir weg oder ich lasse gleich ganz ausversehen meine Schüssel fallen", drohte ich Emilio mit einem Lächeln an. „Die arme Suppe", gab Emilio gespielt empört von sich, aber nahm seine Hände von mir weg.

Ja, diese Situation war merkwürdig. Seufzend lehnte er sich gegen den Tisch, wobei er ganz genau beobachtete, wie ich mir die letzten Löffel reinschob.

Ich wusste nicht, wie genau es dazu gekommen war, aber ich lag mit meinem Kopf auf Emilios Schoß am Abend. Immer wieder lachte er bei dem Schwachsinn, der im Fernseher kam.

„Zero, wie stellst du dir eigentlich dein restliches Leben vor?", fragte Emilio aus dem nichts. „So wie es vor dir war", zögerte ich. „Also dich weiterhin so billig verkaufen?", versuchte er mich zu provozieren. „Nein, teurer", gab ich ironisch zurück.

Zu gerne hätte ich gewusst, wie er zu der Frage gekommen war, aber dann hätten wir noch länger auf dem Thema herum gekaut. In meiner Antwort steckte zumindest zur Hälfte die Wahrheit. Ich wusste einfach nur nicht, was ich anderes machen sollte, da ich weder Träume noch Wünsche hatte.

„Wie sieht es bei dir aus", interessierte ich mich, wobei ich mich aufsetzte, um ihn anzusehen. „So ein kleiner idiotischer Traum, der nie in Erfüllung gehen wird. Wohl oder übel werde ich wohl in der Firma meiner Eltern versauern", meinte Emilio, wobei seine Miene sich zu traurig änderte. „Was genau?", wollte ich wissen. „Wie du immer so schön sagst, unwichtig", schenkte er mir ein falsches Lächeln.

Mit einem Nicken quittierte ich die Antwort. Er wollte nicht genauer darauf eingehen, was mir ganz recht war. So sehr interessiert es mich dann doch nicht, denn ich hatte nur aus Höflichkeit gefragt.

Mich verwunderte es nur, dass Emilio so schlecht über die Firma seiner Eltern sprach. Er hatte gute Voraussetzungen, die er nicht nutzte. Emilio traf spontane Entscheidungen, die ihn wahrscheinlich schon oft genug in Schwierigkeiten gebracht hatten. Eine davon war auf jeden Fall ich. Ohne einen Grund steckte er mir immer wieder Geld zu, nahm mich bei sich auf und wollte sich um mich kümmern.

„Ich fahre morgen früh zurück", beschloss ich. „Empfehlen kann ich es dir nicht, aber es ist deine Entscheidung", antwortete Emilio neutral. „Es ist besser so", meinte ich. „Ist es etwa so schlimm hier?", schnaubte er belustigt.

Bevor ich überhaupt etwas antworten konnte, musste ich zum gefühlten hundertsten Mal an dem Tag ins Badezimmer rennen. Warum sprach mein Körper so gegen meinen Willen, fragte ich mich.

„Wie gesagt, ich kann es dir nicht empfehlen", wiederholte Emilio, der im Türrahmen stand. „Ich hasse meinen Körper", seufzte ich erledigt. „Wenn man jetzt Mal davon absieht, was er gerade mit dir macht, ist er sehr akzeptabel. Du solltest nur ein paar Kilos zu nehmen", lächelte er zu mir hinab. „Wenn nicht alles rauskommt, überlege ich es mir mal", gab ich sarkastisch zurück.

Solche Ratschläge konnte ich in solchen Momenten nicht gebrauchen. Manchmal sollte Emilio zwei Mal nachdenken, bevor er etwas sagt.

ZeroWo Geschichten leben. Entdecke jetzt