Schon seit Tagen hänge ich bereits mit den Außenseitern ab, ich spüre deutlich von einigen wenigen die verächtlichen Blicke, doch das interessiert mich nicht. Meine Konzentration liegt voll und ganz darauf, Informationen von ihnen zu bekommen. Veits Vertrauen zu gewinnen war einfach, er ist offen und erzählt gerne viel. Bereits jetzt hat er mir anvertraut, dass die Beziehung zu Kadira nur gespielt ist, um seine Homosexualität zu vertuschen. Wahrscheinlich geht es allen aus deren Gruppe genauso, dass sie ihre wahre Identität verstecken müssen, um nicht bestraft zu werden. Kadira ist immer noch sehr skeptisch und verschlossen, über sie erfahre ich leider kaum etwas.
Abends, im Schutz der Dunkelheit, ist die einzige Zeit, wo sie außerhalb der Zimmer ein Stückchen sie selbst sein können. Veit sitzt mit Luc am Ende des Tisches und hält heimlich seine Hand, während Kadira und ich am anderen Ende sitzen und schweigen. Die anderen beiden aus der Gruppe sind gerade erst gegangen und ich habe das Gefühl, dass Kadira auch gleich gehen wird, um bloß nicht mit mir hier herumzusitzen.
„Vermissen dich deine Freunde nicht schon, wenn du ständig mit uns herumhängst?", fragt sie jedoch und blickt zum anderen Ende des Gartens.
„Ständig ist bisschen übertrieben, ich verbringe fast genauso viel Zeit mit den anderen." Ich schaue kurz rüber und sehe, wie Darian Cally etwas ins Ohr flüstert und die beiden gemeinsam darüber lachen.
Ich drehe mich wieder zu Kadira und schaue sie forschend an. „Wie lange habt ihr diese Fake-Beziehung eigentlich schon am Laufen?"
Für einen kurzen Moment weiten sich ihre Augen und sofort schaut sie sich um.
„Woher weißt du das?" Ihre Stimme ist ein Zischen und mit verengten Augen starrt sie mich an.
„Komm schon, das ist doch ziemlich offensichtlich", ich blicke vielsagend zu Veit herüber, der sehr nah an Luc sitzt und ihm etwas ins Ohr flüstert, „außerdem hat es mir Veit erzählt."
Kadira stöhnt auf und verdreht genervt die Augen.
„Ich habe ihm schon so oft gesagt, dass er es nicht einfach so herumerzählen soll!"
„Keine Sorge, ich habe auch ohne ihn begriffen, was hier abgeht. Das ist schlau mit der Beziehung, ich würde es genauso machen."
„Ach ja?" Sie zieht eine Augenbraue hoch und mustert mich. Ich lege ihr meine Hand auf den Unterarm und schaue ihr fest in die Augen. Ihr Blick wandert kurz irritiert zu meiner Hand, doch sie zieht ihren Arm nicht weg.
„Wieso geht ihr nicht einfach von hier weg, wenn ihr nicht ihr selbst sein könnt? Das ist doch kein Leben, wenn ihr euch verstecken müsst und bestraft werdet, wenn man euch erwischt." Ihr Kiefer spannt sich an und mehrere Sekunden schaut sie mich einfach nur an.
„Es ist definitiv kein schönes Leben, aber Charles lässt uns nicht gehen."
„Wie, er lässt euch nicht gehen?" Ich runzle die Stirn und beobachte, wie sie sich seufzend zurücklehnt.
„Wir haben versucht, von der Insel zu kommen und haben erst mit Charles geredet, doch er wollte uns kein Boot zur Verfügung stellen. Beim zweiten Mal wollten wir fliehen und haben uns heimlich ein Floss gebaut, doch wir wurden erwischt. Charles war der Meinung, dass der Glaube uns schon heilen wird und hat mehrere...Maßnahmen versucht, um uns wieder auf den richtigen Weg zu bringen und seitdem lassen wir ihn in dem Glauben, dass es funktioniert hat. Aber trotzdem weigert er sich aus irgendeinem Grund, dass irgendjemand die Insel verlassen darf." Vorsichtig nehme ich ihre Hände in meine und drücke sie.
„Tut mir leid. Ich verstehe echt nicht, warum er euch nicht einfach weggeschickt hat, wenn er so ein Problem damit hat. Die ganze Welt ist im Wandel, nur er scheint an seinen veralteten Ansichten festzuhalten."
DU LIEST GERADE
Im Verborgenen
AdventureEine Insel. Eine Gemeinschaft. Ein Pirat und seine Mannschaft. Fünf Freunde. Eine Mission. Valora und ihre Freunde sollen die verloren geglaubte Tochter ihres Anführers wieder zurückbringen. Diese soll ausgerechnet auf der Insel gesichtet worden sei...