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Direkt am gleichen Tag haben wir es auch noch Silvan gebeichtet. Er war anfangs ebenfalls schockiert, doch dann fand er es einfach nur cool und hat sich für uns gefreut. Und tausend Fragen gestellt, die teilweise schon etwas unangebracht waren, aber so ist Silvan nun mal.

Die letzten zwei Tage haben wir in jeder Minute Freizeit an dem Boot gearbeitet und langsam geht es voran. Wir haben sogar auch Hilfe, von einigen Leuten hier, besonders Darian legt sich ins Zeug, um Cally zu imponieren.

„Leute, ich will euch Ami vorstellen", meint Silvan beim Abendessen. Er steht vor dem Tisch und in seinem Arm die blonde Frau. Er stellt uns alle vor und dann setzen sie sich zu uns.

„Freut mich euch kennenzulernen", sagt sie und lächelt uns an. Ihr Lächeln ist freundlich, warm und an ihrem oberen Schneidezahn fehlt eine Ecke. Unzählige Sommersprossen zieren ihre Nase und lassen sie jung aussehen.

„Erstaunlich, dass du es so lange mit Silvan aushältst", sage ich grinsend, um ihn ein bisschen zu ärgern. Jetzt schaut mich Ami direkt an, erst irritiert, doch dann grinst sie ebenfalls. Ihr Gesicht lässt etwas ganz hinten in meinem Hirn aufblitzen, doch ich kann die Erinnerung oder den Gedanken nicht greifen.

„Ach, ich weiß auch nicht wie ich das schaffe. Aber es wird von Tag zu Tag bisschen erträglicher." Ihre braunen Augen blitzen auf als sie sich zu Silvan dreht und ihm ein liebevolles Lächeln schenkt.

„Oha, ihr tut ja so, als wäre ich die schlimmste Person." Silvan verschränkt die Arme, doch er lacht belustigt.

„Bist du nicht?" Kian hebt überrascht die Augenbraue und bekommt dafür einen Schlag verpasst.

Allein durch dieses Abendessen habe ich das Gefühl, dass Ami gut in unsere Gruppe passen würde. Sie macht bei unseren Späßen mit und nimmt nicht alles zu ernst. Sie passt auch echt gut zu Silvan, ich will gar nicht erst daran denken, wie der Abschied sein wird, wenn wir wieder abreisen müssen.

„Ich sehe, ihr habt einen Neuzugang in eurer Gruppe", bemerkt Kadira, als ich am Abend wieder mit ihr und ihren Freunden an einem der Tische sitze.

„Ja, zwischen Silvan und ihr scheint es echt gefunkt zu haben." Ich schaue kurz zu den beiden herüber, die sich lachend zu necken scheinen und dabei ganz nah beieinandersitzen. „Milo ist schon zu Kian gezogen, damit er nicht immer aus seinem Zimmer rausgeschmissen wird."

„Die können also echt nicht die Finger voneinander lassen, das hätte ich von Ami aber nicht gedacht", meint Veit lachend und streicht sich über die wenigen Haare, die über seiner Oberlippe wachsen.

„Wieso nicht?"

„Sie war immer sehr ruhig und zurückhaltend, hat kaum etwas preisgegeben, als sie hier auf die Insel gekommen ist. Wir wussten die ersten Tage eigentlich nur, dass ihr Name Amina Monsch war."

„Sie war gar nicht von Anfang an hier?"

„Die Hälfte der Leute ist erst später dazugekommen", erklärt Kadira.

„Wann seid ihr denn auf die Insel gekommen?"

„Ich war schon seit Beginn mit meinem Großvater hier", antwortet Veit und schaut zu Kadira, damit sie ihre Geschichte erzählt.

„Ich bin paar Jahre danach mit Luc hier gestrandet und seitdem sind wir nie wieder weggekommen. Das ist ungefähr sechs Jahre her."

„Wurden hier auch welche gegen ihren Willen hergebracht oder sind alle freiwillig hier?" Meine Stimme ist gesenkt und gespannt schaue ich die beiden an. Kadira erwidert meinen Blick forschend und kurz blitzt Misstrauen in ihren Augen auf.

„Offiziell sind alle freiwillig hier", antwortet sie dann zögernd.

„Aber inoffiziell weiß man es nicht. Zwei Jahre nachdem das hier angefangen hat, hat ein Schiff ein Haufen Leute mitgebracht, darunter waren z.B. auch Ami und Seb. Ich fand, sie sahen nicht so begeistert aus, aber sie wirkten auch nicht, als würden sie gezwungen werden. Sie kamen alle aus verschiedenen Orten, ein wild zusammengewürfelter Haufen."

Im VerborgenenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt