Der erste Fall

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„Morgen, Dan" lächelte ich den kleinen Busfahrer an und setzte mich wie immer in die dritte Reihe an das Fenster.

Dan sah aus wie Danny Devito, und sein Vorname unterstrich den Vergleich.

Morgens war der Bus noch ziemlich leer, nur dass Mädchen in der fünften Reihe saß schon da.

Ich platzierte meine Tasche auf meinem Schoß und schaute nach draußen.

Die Fensterscheibe war durchzogen von Regentropfen, die sich ihren Weg nach unten bahnten.

Ich liebte London, keine Frage, aber dieses Wetter machte mich so depressiv.

Verträumt lehnte ich meine Stirn an die Scheibe und diese beschlug sofort durch meinen warmen Atem.

In letzter Zeit hatte ich so viele Zukunftszweifel, was meine Arbeit in der Agentur betraf.

Die Probezeit war nun fast vorüber, ich musste nur noch das Redaktionseigene „Ritual" durchlaufen, dann würde ich fest eingestellt.

Ich liebte diesen Beruf. Seit ich denken kann, wollte ich Journalistin werden. Ich studierte Journalismus und Public Relations an der Universität und bekam dank meines guten Abschlusses sofort die Stelle in der Agentur. Die Bezahlung war nicht schlecht und ich liebte es, unterwegs zu sein und die Leute der Agentur waren auch relativ nett.

Das „Ritual" bestand darin, sich einen ungelösten Fall von früher auszusuchen, und diesen im besten Fall natürlich zu lösen oder die Polizei anhand Beweise so weit bringen, die Ermittlungen erneut aufzunehmen. Ich atmete tief ein.

Micaela.

In mir zog sich alles zusammen.

Wieso jagt mir dieser Name so einen Schauer über den Rücken? Wieso beschäftigt mich das so?

Ich nahm tief Luft und zog meine Tasche zurück auf meinen Schoß.

Leise öffnete ich den Reißverschluss und starrte auf meine neue Kamera und meinen Laptop.

Und plötzlich ging ein Ruck durch den Bus.

Ich schaute auf, als Dan auch schon fluchend aufstand, die Türen öffnete und aus dem Bus stieg.

Er zog sich den Kragen hoch, um sich ein wenig vor dem kühlen Wind zu schützen und lief an meinem Fenster vorbei nach hinten.

Dann fing er an, mit den Armen umherzuschlenkern und zu diskutieren.

Ich stand auf und platzierte meine Tasche auf meinem Sitz, dann lief ich nach hinten, um durch das große Fenster zu schauen.

Ein großer Jeep war uns hinten reingefahren, der Fahrer stand neben an und begutachtete verzweifelt sein Auto, während Dan wie wild mit den Händen fuchtelte und auf den gut gebauten Mann mit Anzug einsprach.

Ich seufzte und lief nach vorne, schnappte meine Tasche und stieg aus.

Kurz schaute ich auf Dan, dann zog ich mir die Tasche über und machte mich auf den Weg zur Redaktion.

Pitschnass kam ich in meinem Büro an.

„Sorry Jake. Der Bus hatte eine Panne" entschuldigte ich mich bei meinem Partner, der mich nur angrinste und nickte.

„Also, da du ja noch einen Spaziergang unternommen hast, habe ich mich im Archiv schon umgesehen und ein paar attraktive alte Fälle für dich herausgesucht."

Ich verzog das Gesicht, dann setzte ich mich neben ihn.

„Also." Er breitete ungefähr zehn Ordner vor mir aus, manche dick, manche dünn, manche staubten beim Anfassen.

LuziferWo Geschichten leben. Entdecke jetzt