Hintergangen

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Brighton war knapp zwei Stunden von London entfernt, und als wir in der Stadt ankamen, suchten wir erst mal die Straße. Jake machte die Musik aus und wir fuhren die genannte Straße ab und suchten die Hausnummer. „Hier muss es sein" sagte ich und Jake fuhr auf einen Parkplatz vor dem Haus. Wir klingelten und blieben auf der letzten Treppenstufe stehen. Ich war total nervös und knetete meine Hände, bis sie rot waren. Die Türe öffnete sich und eine Frau Ende vierzig öffnete die Türe. „Ja?" fragte sie und ich streckte meine Hand aus. „Hallo Miss Web, wir sind April und Jake von der Agentur aus London, sie hatten uns angerufen." Die Frau nickte, dann zog sie die Türe weiter auf. „Kommt doch bitte herein." Ich versuchte mich nicht zu auffällig in ihrem Haus umzusehen, doch es war wunderschön. „Setzten sie sich. Wollen sie einen Tee?" Ich nickte und nahm auf ihrem großen Sofa Platz, Jake ließ sich neben mir fallen. „Ich bin gleich wieder da", meinte die Frau und verschwand in der Küche. Sobald sie nicht mehr zu sehen war, atmete ich tief aus. „Beruhig sich, Ap. Wenn du willst, kann ich reden." Ich nickte, dann holte ich meine kleinen Zettel heraus, die ich mir geschrieben hatte. Miss Web erschien wieder, in der einen Hand drei Tassen, in der anderen eine altmodische Teekanne. Sie setzte sich gegenüber von uns und schenkte uns ein. „Also" begann ich und schloss meine Hände um den warmen Tee. „Was genau wollten sie uns erzählen?" Die Frau starrte mich an, ihre eisblauen Augen füllten sich mit Tränen. O mein Gott, hab ich was Falsches gesagt? Sie nahm zitternd einen Schluck Tee. „An diesem Abend kam ich sehr spät von einer Freundin nach Hause. Ich schlich in mein Zimmer und zog mich um, und da schaute ich durch mein Fenster. Von dort hatte ich perfekten Blick in ihren Garten und da sah ich... ich... sah einen Mann, er war komplett schwarz gekleidet und kletterte durch ein Fenster in ihr Haus."
„und sie haben nicht die Polizei gerufen?" schoss es mir raus und Jake legte seine Hand auf meine, was so viel bedeutete wie: Ich bin dran. Die Frau schluchzte jetzt. „Ich wusste nicht, was ich tun sollte, ich war 12!" Jake beugte sich vor und nahm eine Hand von ihr in seine. „Haben sie noch etwas beobachtet?" Miss Web atmete zitternd aus. „Ich setzte mich auf meine Fensterbank und ließ den Rollladen gerade so weit runter, dass ich noch perfekten Blick auf ihr Haus hatte. Und da saß ich dann, beobachtete das Fenster. Ich war neugierig geworden- aber ich hatte auch Angst. Angst, dass der Mann mich vielleicht sehen könne. Ich saß da eine halbe Ewigkeit, es war bestimmt nur eine halbe Stunde, es fühlte sich aber solange an. Und gerade, als ich ins Bett gehen wollte, sah ich den Mann wieder. Er.. er...." Jetzt war der Damm gebrochen. Die Frau legte ihr Gesicht in ihre Hände und weinte. Sofort stiegen auch mir die Tränen in die Augen und ich hatte starke Mühe, sie zu unterdrücken. Dann stand ich auf und setzte mich neben sie, legte einen Arm um sie. „Das hat an ihnen genagt, oder? Die ganze Zeit, in der sie geschwiegen haben." Die Frau nickte und sie nahm die Hände weg: ihre Augen waren geschwollen und ihre Schminke lief in dünnen Rinnsalen die Wange nieder. Sie schluchzte und ich reichte ihr ein Taschentuch. „Ich sah, wie er wieder durch das Fenster sprang, er schaute sich um, dann rannte er. Ich war geschockt, ich malte mir sonst was aus, doch ich legte mich einfach ins Bett und schlief ein. Am nächsten Tag war sie nicht in der Schule und wir hörten, dass ihre Familie ermordet wurde- ich wusste, ich musste zur Polizei gehen, doch ich hatte Angst. Angst für ihren Tod verantwortlich gemacht zu werden, doch ich lebte so oder so mit der Schuld." Ich nickte, dann reichte ich ihr ein neues Taschentuch und rieb ihr die Schulter. Passierte das hier gerade wirklich? Es schien mir alles so surreal, die fremde Frau weinend neben mir, gestand gerade einen Mord beobachtet zu haben. „Können sie den Mann vielleicht beschreiben?" Sie schüttelte den Kopf. „Das kann ich nicht." Ich nahm ihre Hand. „Sie müssen uns helfen, den Mann zu finden. Bitte." Sie sah mich an. Lange. „Sie sagen auch niemanden, dass ich eine Aussage gemacht habe?" Ich schüttelte den Kopf. „Das bleibt unter uns drei, versprochen." Dann nickte sie. Und schloss die Augen. „Er musste mindestens 1.80 Meter groß sein, er konnte nämlich ohne Mühe durch das Fenster. Er hatte eine schwarze Jacke und eine schwarze Hose an, aber er hatte Helle Haare und grüne Nike-Schuhe." Ich lächelte. „Vielen Dank, sie waren eine unglaubliche Hilfe. Vielen Dank." Ich schaute zu Jake, der sein Notizblock zuklappte und er grinste mich an. Wir standen auf und Miss Web trocknete sich ihr geschwollenes Gesicht. „Bitte finden sie ihn, dass ich wieder in Ruhe schlafen kann." Ich nickte. „Das werden wir." Als wir in Jakes Wagen saßen, fuhren wir nicht gleich los. „Das war.... So irreal." Jake nickte. „Gänsehaut." Er fuhr an. „Lust auf Nandos?" Ich nickte. „Auf jeden Fall!" Zusammen setzten wir uns an einen Tisch und aßen und erzählten. „Wir fahren noch zu dem Haus von Sara, ich muss sehen, wie hoch das Fenster war." Jake schüttelte den Kopf. „Das Haus wurde abgerissen, da stehen jetzt neue Reihenhäuser." Ich schlug mit der Hand auf den Tisch. „Scheiße! Können wir nie Glück haben?" Er hob die Schultern. „ist eben nicht so wie in den Filmen. Wir müssen dran bleiben und suchen." Ich nickte. „Sie hat die ganze Zeit mit diesem Kloß im Herzen gelebt, ich denke sie hat uns nur angerufen um zu beichten" sagte ich leicht in Gedanken und schaute Jake an, der mich anstarrte. „Hast du Lust heute Abend mit mir Essen zu gehen?" Ich hob die Brauen und zeigte auf meinen Peri-Peri. „Nein, ich meine wirklich Essen gehen." Innerlich dachte ich: Was? Und verschluckte mich so arg, dass Jake mir erst mal auf den Rücken klopfte. „Du musst nicht, es war nur... ich dachte... wegen gestern sollten wir vielleicht reden." Ich schaute ihn an, dann putzte ich mich den Mund. „Da gibt es eigentlich nichts zu reden. Ich hab einen Fehler gemacht und das passiert nie wieder... Ich wollte dir... also weißt du...." Ich deutete mir auf die Backe und er nickte. „Tut mir leid. Ich hab scheiße gebaut." Er schüttelte den Kopf. „Nein, es war... schön." Unwillkürlich riss ich die Augen auf. Es war kurz stille, er schaute mir in die Augen, ich starrte zurück. „Wir sollten zurück in die Agentur" murmelte ich und stand auf. „Ähm, ja, du hast Recht." Auch er stand auf und schweigend liefen wir zu seinem Auto. Na, super. Und ich dachte er würde es vielleicht vergessen, aber stattdessen will er mit mir sprechen. Scheiße! Ich schloss die Augen und legte eine Hand auf die Stirn. Scheiße, Scheiße, Scheiße! „Alles okay?" fragte mich Jake und ich faltete schnell meine Hände in meinem Schoß. „Ähm, ja, klar. Hab nur Nachgedacht." Er hob eine Braue. „Aha, Nachgedacht." „Ja, Nachgedacht." „Du musst nicht mit mir Essen gehen. Du kannst einfach Nein sagen, es ist kein Problem." Schnell dachte ich nach. Dann schloss ich die Augen. „Ja, ich will mit dir Essen gehen." Ich schnaufte. „Jake, hör zu. Zwischen uns lief es super, also so als Partner. Ich will nicht, dass das jetzt alles kaputt ist, okay?" Er biss die Zähne zusammen. „Klar, Will ich auch nicht." ich nickte. Und unwillkürlich musste ich diesen „Kuss" denken; dieses Gefühl war wunderschön. Leider hab ich es viel zu schnell zu unterdrücken versucht, doch insgeheim bereute ich es kein bisschen. Und dann schaute ich zu Jake, der angestrengt auf die Straße schaute; Seine Kiefermuskeln angespannt, diese leichten Bartstoppeln, seine angespannten Armmuskeln, seine Brust die sich unter seinem Hemd abzeichnete. Schnell drehte ich meinen Kopf weg und schaute aus dem Fenster, ballte meine Hände in meinem Schoß; plötzlich war der Drang ihn anzufassen zu stark. Schon als ich ihn als erste Mal traf, fand ich ihn unglaublich Heiß, doch ich hatte noch nie Gefühle für ihn- nie so stark. Wir verstanden uns sehr gut, oft mussten wir Gerüchte beseitigen, die sagten, wir wären zusammen- weil uns jemand beobachtete wie Jake mich an der Hüfte anfasste oder sonst was. Wir fuhren die Auffahrt zur Agentur hoch und parkten. Schnell sammelte ich meine Gedanken und nahm meine Tasche. Wir kamen in unserem Stockwerk an und ließen uns vor Jakes PC nieder. „Ich glaub echt ich hab meinen Laptop für umsonst gekauft" lächelte ich und er nickte. „Ich hab dir aber gesagt damit kommst du nicht weit." Ich schaute ihn an. „Hast du gar nicht!" Er lächelte. „Stimmt." Jake tippte alles, was er aufgeschrieben hatte, in seinen PC. Plötzlich öffnete sich ein Pop-Up und ich las etwas von Grace:
Die Blutgruppen stimmen nicht überein, weder mit ihrer Mutter noch mit ihrem Vater. Was bedeutet, dass sie nicht das leibliche Kind von ihnen ist. Was willst du jetzt tun?
Schnell klickte er es weg und starrte schwer atmend auf den Bildschirm. Langsam drehte ich meinen Kopf zu ihm. „Wem seine Blutgruppen?" Jake schloss kurz die Augen und knetete seine Handflächen. „Deine." „Was? Du hast MEIN BLUT UNTERSUCHEN LASSEN?" Ich stand auf und verschränkte die Arme. „April, es tut mir leid, ich war einfach Neugierig!" Seine Augen waren groß und in ihnen spiegelte sich etwas wie Angst. Ich schüttelte den Kopf. „Das geht dich doch überhaupt nichts an! Was soll das bedeuten Nicht das leibliche Kind?" Ich fragte, obwohl ich es eigentlich schon zusammengesetzt hatte. Jake stand auf und wollte meine Hand nehmen, doch ich wich aus. „Nachdem ich diese ganzen Lücken in deinem Leben gefunden habe, hab ich nachgeforscht und euer Blut untersuchen lassen... Dadruch das ihr ale Blutspenden geht war das ziemlich easy... Und... na ja...." Ich bin adoptiert. Mit stiegen die Tränen in die Augen. Schwer atmete ich aus und taumelte rückwärts. „April..." begann Jake und streckte wieder die Hände nach mir aus, doch ich hob die Hand und er verstummte. Dann nahm ich meine Jacke und stürmte aus dem Gebäude.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jul 26 ⏰

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