Kapitel 10

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Adriana Elea

Den restlichen Tag verbrachte ich in meinem Zimmer und ging Kai so gut es ging aus dem Weg.

Eine Angestellte ließ mir ausrichten, dass er mich gerne sprechen wollte, doch ich ignorierte die Einladung.

Wie war ich auf die dumme Idee gekommen, dass es schlau wäre einen der Kandidaten zu küssen? Ich musste logisch die beste Entscheidung für mein Land wählen und das war sicher nicht Kai. Oder? Er war sicherlich konsequent und konnte ohne zu zögern handeln, aber konnte er auch sanft und fürsorglich sein? Konnte er mitfühlend und selbstaufopfernd sein, oder hinderte sein riesiges Ego ihn?

Mit all diesen verwirrenden Fragen fiel ich in einen unruhigen Schlaf, denn ich wollte, dass er mein zukünftiger Mann werden würde und das aus ziemlich egoistischen Gründen.

Eliana Isaak

Das warme Wasser der Regendusche floss angenehm über meine Haut. Ich verteilte etwas Shampoo in meinen Handflächen und massierte es in mein Haar. Der Duft nach Rosen erfüllte das Badezimmer und ließ mich zufrieden aufseufzen.

Mit einem flauschigen weißen Handtuch um dem Oberkörper geschlungen spazierte ich fröhlich in mein Schlafzimmer, nicht ahnend, dass dort bereits jemand auf mich wartete.

Die Gestalt, die auf meiner Bettkante saß, fiel mir erst auf, als ich den Raum bereits durchquert hatte, um zu meinem Kleiderschrank zu gelangen.

"Du bist es, oder?"
Die Stimme kam mir bekannt vor und war definitiv männlich. Erschrocken schnellte ich zu dem Mann auf meinem Bett herum.

"Was-", ich unterbrach mich, als ich Enrico erkannte.

"Du bist die Frau die ich heiraten soll", stellte er fest. Aus seiner Miene konnte ich nicht erkennen, ob ihn diese Information freute oder ärgerte.

Da es nichts nützte die Wahrheit weiter zu verstecken antwortete ich mit einem schlichten: "Wie hast du es herausgefunden?"

"Ich habe ein Buch in der Bibliothek gelesen, in der die Namen aller Mitglieder der Herrscherfamilien stehen. Ich war mir nur nicht sicher, ob wirklich du Dominics Cousine bist."

Enrico sah zu Boden. Seine dunklen Augen waren noch eine Spur schwärzer geworden und seine bronzene Haut glänzte unter den ersten Sonnenstrahlen. Seine Miene war zu einer Grimasse verzogen.

"Ist es so schlimm, mich zur Ehefrau zu haben", fragte ich ihn. Erschrocken sah er mich an: "Nein! Ich ärgere mich nur darüber, nicht schon vorher darauf gekommen zu sein. Du hast dieselben Nasen und dieselben vollen Lippen wie Dominic."

"Wenige wissen, dass ich überhaupt existiere, daher solltest du dir keine Vorwürfe machen", erwiderte ich beruhigend.

Er sah kurz zu Boden und wich meinem Blick unangenehm berührt aus, dann platzte aus ihm heraus: "Du bist unglaublich schön."

Ich lächelte ihn an. Enrico war attraktiv, keine Frage. Doch er löste kein Kribbeln oder Schmetterlinge in meinem Bauch aus. Er fühlte sich vertraut wie Familie, Zuhause und Schutz an, aber nicht nach Liebe.

"Ich glaube nicht, dass wir-", ich brach den Satz ab, weil ich nicht wusste, wie ich ihn beenden sollte, ohne dass es schlecht klang.
... wirklich zusammenkommen?
... uns lieben werden?
... ein Paar werden können?

Doch er lächelte mich nur an, als wüsste er, was ich ausdrücken wollte: "Das ist Okay. Ich habe kein Problem damit, mit dir verheiratet zu sein, aber zwischen uns wird vermutlich nie mehr Laufen als Freundschaft. Du erinnerst mich an meine kleine Schwester."

"Warte kurz, ich bin in fünf Minuten wieder da, dann können wir zum Frühstück gehen", sagte ich und verschwand mit einem himmelblauen Sommerkleid und Unterwäsche im Bad.

Nachdem ich in die Kleidung geschlüpft war, machten Enrico und ich uns auf den Weg zum Frühstück. Dabei unterhielten wir uns über die verschiedenen Oberhäupter und andere Kandidatinnen.

Wir stellten fest, dass wir beide Luciano und Stefanie absolut nicht ausstehen konnten und philosophierten, was zwischen Nicolas und Dominic geschehen war, damit sie so feindselig aufeinander reagierten.

Als wir die Halle betraten, saßen bereits der Großteil der Männer. Ich füllte mir frisches Obst und Haferflocken in eine Schüssel und füllte sie mit Milch auf. Enrico schmierte sich ein Brot und belegte es mit Fleischwurst.

Zusammen ließen wir uns neben den Anderen auf den Bänken nieder und begannen zu essen, während die Tür aufgestoßen wurde und die weiße Königin den Raum betrat: "Heute werden wir einen Ausflug in die Palastgärten machen. Zieht euch nicht zu fein an, ihr werdet auch mit anpacken müssen."

Sofort brach Lärm am Tisch aus. Luciano beugte sich zu Nicolas rüber und beschwerte sich: "Ich bin doch kein Bediensteter, sollen doch die Gärtner sich um die Gärten kümmern."

Langsam leerte sich der Tisch, bis ich mich auch von Enrico verabschiedete, um mir robustere Kleidung anzuziehen.

Mit einer hellblauen Jeans und einem weißen T-Shirt stand ich mit den anderen jungen Frauen und Männern in dem riesigen Rosengarten. Ich genoss den wunderbaren Duft und die Geräusche der Blätter im Wind.

Ein großer breitschultriger Mann in einer grünen Latzhose begrüßte uns und stellte sich als der Gärtner Gerald vor. Er erklärte uns: "Ihr werden zu zweit arbeiten. Jedes Team erhält eine Reihe von etwa zehn Meter Länge. In dieser hebt ihr jeden halben Meter ein Loch aus und pflanzt diese Setzlinge ein, danach verschließt ihr die Löcher wieder und gießt die Pflanzen. Die Team Wahl ist euch überlassen."

Sofort wechselten Enrico und ich einen Blick, der mir bestätigte, dass wir zusammen als Team arbeiteten.

Gemeinsam holten wir uns eine Schaufel und eine Gießkanne, sowie unseren ersten Setzling.

Wie ein eingespieltes Team grub Enrico das Loch aus, während ich den Setzling von der alten Erde befreite. Dann gruben wir die Pflanze ein und begossen sie.

"Ich bin froh, dass du es bist", meldete sich plötzlich Enrico.

Verwirrt sah ich zu ihm auf: "Dass ich was bin?"

"Meine Frau. Es hätte mich deutlich schlimmer treffen können. Du bist hübsch, zu jedem nett und eine gute Freundin."

Grinsend erwiderte ich: "Ich hätte sicherlich auch einen schlimmeren Ehemann bekommen können. Immerhin stinkst du nicht."

Ich musste bei seinem entsetzten Gesichtsausdruck lachen: "Das war ein Scherz! Du bist auch ein toller Freund."

Er stimmte in mein Lachen ein: "Wir schaffen das schon zusammen."

Ich lächelte ihn strahlend an. Wer hätte gedacht, dass ich mich mit meinem zukünftigen Ehemann anfreunde?

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Ist halt schön dumm, wenn dich deine zukünftige Ehefrau friendszoned. Aber immerhin sind sie freundlich zueinander und schlagen sich nicht die Köpfe ein.

Liona

Die Gunst der KöniginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt