Kapitel 14

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Kai Elmore

Als ich am nächsten Morgen aufwachte stieg mir als erstes der Geruch nach Moos und Kiefern geweckt.

Ich fühlte mich so gut, wie lange nicht mehr. Die gesamte Nacht konnte ich durchschlafen ohne Alpträume.

Ein Gewicht auf meiner Brust ließ mich nach unten schauen. Dort lag sie. Adriana.

Ihr dunkles Haar ergoß sich über meinen Oberkörper und ihre langen pechschwarzen Wimpern warfen Schatten auf ihr Gesicht.

In langsamen regelmäßigen Atemzügen hob und senkte sich ihr Körper. Sie war gestern auf meiner Brust eingeschlafen und ich hatte es nicht übers Herz gebracht sie zu wecken.

Sie hatte so unglaublich friedlich und glücklich gewirkt. Schließlich war ich auch kurz darauf eingeschlafen.

Ich streichelte sanft über ihr Haar und gab ihr einen Kuss auf den Scheitel. Ein verschlafenes Stöhnen informierte mich, dass sie aufgewacht war.

"Guten Morgen, Engelchen. Wir sollten aufstehen, sonst kommen wir zu spät zum Frühstück."

Bei meinen Worten klammerte sie sich noch fester an mich: "Will... nicht."

Schmutzelnd rutschte ich mit ihr auf dem Schoß an die Bettkante und schob meine Arme unter ihre Kniekehlen und ihren Rücken. Dann hob ich sie ruckartig hoch, was ihr ein überraschtes Keuchen entlockte.

Mit ihr in den Armen ging ich durch mein Zimmer zum Kleiderschrank und schob die Tür mit dem Fuß auf.

Als ich das gefunden hatte, was ich für richtig hielt, setzte ich die verschlafene Adriana auf einem Hocker neben dem Bad ab.

Dann griff ich nach einem schwarzen Hoodie und legte ihn auf ihren Schoß: "Zum Anziehen."

Ich ging mit meiner Kleidung ins Bad und begann mich umzuziehen und zu rasieren. Ich hätte sie auch zu ihrem Zimmer führen können, doch die Vorstellung erfüllte mich mit einer unglaublichen Zufriedenheit, sie in meiner Kleidung zu sehen.

Als ich aus dem Bad trat, stand sie in meinem großen schwarzen Hoodie vor mir. Er ging ihr bis zu den Kniekehlen und ließ nur noch den Saum des Faltenrockes, der zu ihrer Dienstkleidung  gehörte, erahnen.

Ich streckte ihr meine Hand hin, in die sie ihre sofort legte und wir machten und gemeinsam auf den Weg zum Speisesaal. Kurz davor blieb sie zögerlich stehen und sah auf unsere verschränkten Hände herunter, die sie nun sanft löste: "Wir sollten das noch nicht öffentlich machen."

"Warum", fragte ich irritiert. Ich sah das Problem nicht an der ganzen Sache.

"Weil die Anderen sonst denken, ich würde dir geheime Informationen über die weiße Prinzessin zuspielen. In fünf Tagen sind die weißen Wochen um, dann sind wir frei."

Frustriert seufzte ich: "Ich werde mich aber nicht von dir fernhalten."

"Das verlange ich auch gar nicht, nur dass wir es nicht öffentlich machen."

Ich nickte ihr zu: "Heute Abend kommst du aber wieder auf mein Zimmer, oder?"

Bestätigend nickte sie und sah mir hinterher, wie ich den Saal betrat. Ich ließ mich auf meinen Platz fallen und ignorierte die Gespräche der Anderen am Tisch, denn ich war mit den Gedanken ganz woanders.

Auch als die weiße Königin einen Kletterausflug ankündigte und erklärte, dass Nicolas und Dominic verhindert seien, bekam ich kaum mit, denn in diesem Moment betrat Adriana den Saal.

Der Blick der weißen Königin fiel auf den Hoodie, den Adriana trug. Meinen Hoodie.

"Adriana, könntest du nach dem Essen zu mir kommen?"
Adriana sah zu Boden: "Selbstverständlich, Eure Hoheit."

Bekam sie jetzt Ärger wegen mir? Wir wurden eilig von der weißen Königin aus den Saal gescheucht, sodass nur noch Adriana und sie übrig blieben. Ich  wartete vor den Türen des Saals auf mein Engelchen.

Falls es nötig wäre, würde ich den Ärger persönlich auf meine Kappe nehmen.

Adriana Elea

Meine Mutter stand mir gegenüber mit beiden Handflächen auf dem Tisch und sah mich erwartungsvoll an: "Also, wer ist es?"

"Wer ist was", stellte ich mich dumm, weil ich wirklich nicht mit meiner Mutter darüber reden wollte.

"Wer ist der Junge, der die den Hoodie geliehen hat? Wen ernennst du zum König? Wer ist dein Liebhaber?"

"Mum...", brachte ich stotternd heraus, nicht wissend, was ich antworten soll.

"Nenne einfach nur den Namen", forderte sie mich auf, sodass ich schließlich nachgab.

"Kai Elmore."

Ein langes Schweigen erfüllte den Raum. Als sie wieder sprach, klang ihre Stimme zögerlich: "Ich kenne ihn zu wenig um meine Meinung über ihn abzugeben, doch er scheint mir ein ganz guter Kerl zu sein, wenn auch etwas still."

Zufrieden nickte ich und verabschiedete mich von meiner Mutter. Draußen auf dem Gang erwartete mich bereits Kai: "Gibt es Probleme?"

Ich schüttelte den Kopf: "Nichts worüber du dir Sorgen machen müsstest."

"Kommst du eigentlich mit auf den Ausflug", wechselte er das Thema.

Ich brummte zustimmend und hielt vor meinem Zimmer an: "Wir sehen uns wahrscheinlich dort, ich fahre in einem anderen Wagen als ihr mit."

Er winkte mir noch zu, dann betrat ich mein Zimmer.

Zwei Stunden später stieg ich aus dem aufgeheizten Inneren des Geländewagens. Ich trug nun eine graue Leggings und ein lockeres weißes T-Shirt, damit ich nicht in der Sonne dahinschmolz.

Die anderen Wagen fuhren gerade auf dem steinigen Schotterplatz, als ich mich mit meiner Umgebung vertraut machte.

Ein Nadelwald umringe die Steinige Sandsteinklippen. Seile waren durch Metallringe nach oben geführt, wo ich auf einem Überhang die ersten Grasbüschel erkennen konnte.

Die Ersten stiegen aus und wurden mit den Regeln und den Instrumenten vertraut gemacht, während ich das Material auf seine Sicherheit überprüfte. Klettern war ich öfter mit meinem Vater gewesen, der dies unglaublich liebte.

Als die Männer alle Informationen bekommen hatten, gab ich ihnen jeweils Sicherheitsgurt und Karabiner.

Natürlich konnte Kai nicht darauf verzichten mir ein verschwörendes Zwinkern und eines seiner atemberaubenden Grinsen zuzuwerfen.

Gespielt genervt rollte ich mit den Augen und ging in den Schatten einer Kiefer, um die Männer zu beobachten, die sich nun in Teams von zwei Personen aufteilten, von denen immer Einer sicherte und der Andere kletterte. Auch Farina, Stefanie und Eliana waren jeweils in einer Gruppe untergekommen, was dafür sorgte, dass Lorenzo sich zu mir gesellte, da er keinen Partner hatte.

"Woher kannst du klettern", begann er zu fragen.

"Mein Vater hat es mir beigebracht, woran hast du da erkannt", erwiderte ich überrascht.

"Deine routinierten Bewegungen beim Sichern der Gurte, wirkten so, als würdest du es öfter machen."

Ich beobachtete Lorenzo genauer. Kleine Grüpchen zierten seine helle Haut mit den vielen Sommersprossen. Die warmen ozeanblauen Augen musterten mich freundlich und aufgeschlossen. Er könnte ein unglaublich guter Freund sein.

Dann fiel mein Blick auf den Busch hinter ihm. Am Rande des Abhangs zwischen dem Gestrüpp, sah ich etwas glitzernd Schwarzes.

Sofort eilte ich an dem verwirrten Lorenzo vorbei, zu der Stelle, an der ich es gesehen hatte. Dort schob ich einige Blätter und Äste beiseite.

Doch was ich dort erblickte, ließ mich erschrocken zurücktaumeln. Mein Mund öffnete uns schloss sich mehrfach, ohne einen Laut herauszubringen.

Luciano war tot.
Mausetot.

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Der erste Tote. Und natürlich werden noch weitere Folgen. Luciano war sowieso nicht mein Lieblingscharakter. Naja...

Liona

Die Gunst der KöniginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt