Kapitel 20

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Adriana Elea

Diese Nacht schlief ich unruhig. Kai klopfte mehrere Male an meine Tür, dich ich schaffte es nicht die Tür zu öffnen und ihn zu sehen.

Gegen vier Uhr morgens gab ich dann den Versuch zu schlafen auf und zog mir eine dicke Jacke an, um einen Spaziergang zu unternehmen.

Lautlos schlich ich durch die Flure nach draußen, mir bewusst, dass Jim mir genauso lautlos folgte. Als ich endlich an der frischen Luft war, atmete ich erleichtert auf.

Eine sanfte Briese strich um meine Haut und sorgte für eine Gänsehaut, doch die dicke Jacke hielt mich warm. Ich schlenderte über den breiten Pfad zwischen roten und rosanen Rosen entlang. Plötzlich hörte ich schneller kommende Schritte begleitet von keuchendem Atem.

Jim spannte sich hinter dem Rosenbusch an, doch als die Person nur wenige Schritte von mir entfernt war, entspannte er sich. Also kannte ich sie.

"Du denkst über ihn nach, oder", Lorenzos Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Ich riskierte einen kurzen Blick auf ihn. Sein rotbraunes Haar klebte ihm nass in der Stirn und er trug eine schwarze Jogginghose und ein hellblaues T-Shirt. Anscheinend war er gerade Laufen gewesen, obwohl es mich verwirrte, dass er so früh unterwegs war.

"Ja", antwortete ich schlicht. Wir beide wussten, dass er Kai gemeint hatte.

"Was ist mit dir? Warum läufst du um vier Uhr morgens?"

Lorenzo seufzte: "Das ist eine lange Geschichte."

"Ich habe Zeit und nichts Besseres zu tun, also erzähl!"

Er driftete mit seinem Blick in weite Ferne, als er zu erzählen begann: "Meine Mutter war eine Perfektionistin.  Ihr Schreibtisch musste geordnet sein, ihr Zimmer aufgeräumt und auf in ihrer Kleidung durfte keine einzige Falte sein. Leider galt dies aber auch für ihre Kinder.

Wir sollten schlank, aber nicht dürr, sportlich, aber nicht muskulös, groß, aber nicht riesig sein. Wogen wir zu viel, ließ sie mich und meine kleine Schwester für Tage nichts essen und beschimpfte uns.

Also begann ich weniger zu essen und mehr Sport zu treiben. Das traurige ist, dass ich diese Angewohnheiten selbst nach ihrem Tod nicht ablegen konnte."

Schmerz flammte in seinen ozeanblauen Augen auf. Dann blinzelte er angestrengt und glättete seine Züge: "Also, was ist jetzt mit dir und Kai?"

Er schien nicht weiter über dieses Thema reden zu wollen, also spielte ich mit: "Wir sind... oder waren zusammen, glaube ich."

Belustig schnaubte er: "Glaubst du? Er hat dich angeschaut, wie eine Göttin! Er schaut dich immernoch an wie sein ein und alles."

"Ich weiß, nur... Ich soll den König auswählen und dieser sollte verantwortungsvoll sein. Nachdem er ein Versprechen, das mir wirklich wichtig war gebrochen hat, scheint er mir kein sonderlich guter Kandidat, obwohl ich ihn mag."

Lorenzo lächelte: "Ich stelle dir eine andere Frage: Willst du dein Leben mit einem anderen Mann verbringen?"

Ich musste nicht lange darüber nachdenken: "Nein."

"Dann tu dir das nicht an. Für alles gibt es eine Lösung, bitte ihn kein Alkohol zu wichtigen Anlässen zu trinken oder besorgt euch eine dritte Person und redet mit ihr, vielleicht kann ein Außenstehender euch besser helfen."

Verwundert über seine zuversichtlichen Worte sah ich zu ihm: "Müsstest du mir nicht abraten ihn zum König zu nehmen und dich selber anbieten?"

Er lächelte milde: "Wir beide wissen, dass ich kein geeigneter Kandidat bin und, nimm es mir nicht übel, ich bin auch nicht an dir interessiert, abgesehen von einer Freundschaft."

Freunde. Das war etwas, was ich viel zu lange nicht hatte. Ich musste sein Lächeln erwidern.

"Du solltest besser reingehen, ich bin mir sicher, dass Kai bald an deine Tür klopfen wird, aber ich begleite dich noch bis zu deinem Zimmer", erklärte er und schob mich durch eine Hintertür in den warmen Flur, der zu unseren Zimmern führte

Wir waren nur wenige Meter von meiner Tür entfernt, als mir ein Zettel auffiel, def vor meiner Zimmertür lag.

Es war dickes teures Papier in einem leichten Beigeton. Vorsichtig faltete ich das Blatt auseinander und begann die in unordentlicher Handschrift geschriebene Botschaft zu lesen.

Prinzessin Adriana,
Zukünftige weiße Königin und meine zukünftige Ehefrau. Als dein zukünftiger Ehemann kann ich es gar nicht leiden, dass du dich mit diesen Männern herumtreibst. Wer gefällt dir am Besten? Der kleine dumme Lorenzo oder dein gewalttätiger Freund Kai?

Du darfst wählen, wer den nächsten Tag überleben soll. Schreibe mir deine Antwort auf einen Zettel, den du auf dem Brunnen, des Rosengarten plazierst. Der Andere von beiden stirbt. Du hast bis heute Abend Zeit.

Dein zukünftiger Ehemann.

Sobald mir die Bedrohung des Briefes klar wurde, steckte ich ihn schnell in meine Tasche. Ich war mir nicht sicher, ob Lorenzo ihn gesehen hatte, doch er verzog kein Gesicht.

Ich verabschiedete mich hastig von ihm mit einer Umarmung und schlug die Zimmertür hinter mir zu.

Dieser Brief veränderte alles. Da der Absender der dringenden Meinung war, mein zukünftiger Ehemann zu sein, würde er vermutlich den Mann töten, den ich zum König wählen wollte.

Daher war der Name, den ich auf das Papier schrieb vermutlich zum Tode verurteilt, obwohl ich mir auch da nicht sicher sein konnte.

Aber ich zweifelte nicht daran, dass der Fremde die Möglichkeit hätte, einen der Jungen zu tötet, wenn er bereits Luciano getötet hat und hier ohne Probleme herein kam. Wahrscheinlich steckte er sogar hinter dem Angriff vor ein paar Tagen.

Egal was geschehen war, leider wusste ich schon, als ich Kais Namen auf dem Blatt gelesen hatte, wen ich wählen würde.

Ich musste ihn schützen und das gelang mir nur, indem ich mich von ihm fern hielt, damit der Fremde keinen Anlass sah ihn zu töten.

Ein Klopfen an der Tür unterbrach meine Gedanken. Als ich die Tür öffnete, stand Kai davor: "Adriana, wir müssen reden."

Ich setzte eine unnachgiebige Maske auf: "Nein, mit einem Verräter wie dir rede ich nicht, verschwinde!"

Sein Blick wurde verzweifelter und er schob einen Fuß zwischen meine Tür: "Es tut mir leid. Ich war einfach nur extrem betrunken und brauchte jemanden zum Reden. Bitte verzeih mir!"

Jedes meiner Worte, die folgten taten mir vermutlich noch mehr weh, als ihm, doch ich blieb hart: "Lass mich in Ruhe, Arschloch, und sprich mich einfach nie wieder an. Ich glaube das wäre das beste für uns beide."

Ich zwängte mich an Kai vorbei und trat in den Flur um zum Speisesaal zu gehen.

Doch dort wo vorher mein Herz war, war gerade nur noch ein blutiger Matsch aus Schuldgefühlen und Schmerz.

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Was für ein schönes sprachliches Bild hier am Ende. Dafür sollte ich einen literarischen Preis bekommen. Zumal es sich wirklich so anfühlen kann.

Liona

Die Gunst der KöniginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt