Kapitel 7

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Der Mond steht hoch am Himmel, als ich nach Hause komme. Ich biege in unsere Straße ein und sofort überkommt mich ein seltsames Gefühl. Als würde irgendwas nicht richtig sein. Rysand.
Ich stürze durch die Tür und mich empfängt mich tränenüberströmt Rysands Freundin, Emelie. „Er.....er...." sie bricht weinend in meinen Armen zusammen.
Ich habe das Gefühl, als würde sich in mir ein bodenloses Loch auftun. Sie weint so sehr, dass mein T Shirt schon durch nässt ist.
Das Gesicht meines Vaters erscheint im Türrahmen. Steinern wie immer. „Rysand, konnte nicht gegen das Gift ankämpfen. Er ist vor einer Stunde verstorben." sagt er als würde er über das Wetter reden. Erwartungsvoll sieht er mich an. Ich weiß das ich keine Regung zeigen darf. Emelie schreit bei seinen Worten auf. Ihr Schmerz ist so einnehmend, dass sogar ich meine ihn fühlen zu können.
„Wann ist das Begräbnis?" Frage ich. Emelie sieht mich fassungslos mit dir verquollenen Augen an. „Wie kannst du es wagen..... wie schaffst du es so kalt zu sein...." ohne auf eine Antwort zu warten, stürzt sie raus in die Nacht. Ich fühle mich immer noch seltsam leer.
Mein Vater klopft mir anerkennend auf die Schulter. „und genau jetzt Lexa, redest du wie eine richtige Anführerin. Sie findet morgen Nacht statt, dass wir noch ein paar Vorbereitungen treffen können. Hilfst du mir?" wie ein Roboter nicke ich. Mechanisch laufe ich in das Wohnzimmer und bin froh, dass mein Vater wenigstens den leblosen Körper weggeräumt hat. Doch so viel Empathie.
Wir planen seine Beerdigung und meine Rede, was aber mehr eine hetze gegen die Jäger ist. Die Jäger. Hass kocht unter meiner Haut. Sie haben mir meinen Bruder genommen. Wenn ich mir schneller gewesen wäre, dann würde er noch leben. Es ist alles meine Schuld. „...was wir also  planen ist: Vergeltung." dringt die Stimme meines Vaters durch meinen Nebel aus Selbsthass und schuld. Ich nicke, als es an der Tür klopft. Es ist Lilith, die mir sofort um den Hals fällt. „Es tut mir so leid." flüstert sie und ich bemerke das Brennen hinter meinen Augen. Nicht vor meinem Vater. „Paps, entschuldigst du uns?" Frage ich und er nickt gleichgültig. Wir gehen hoch in mein Zimmer.
Die Nacht verbringe ich mit weinen. Ich weine so viel dass ich nicht glaube jemals aufhören zu können. Lilith hält mich und ist für mich da und am nächsten morgen wache ich mit verklebten, zugeschwollenen Augen auf. Ich schleppe mich in die Schule, weil ich es daheim nicht aushalte.
Ich bin aber mehr ein Abbild meiner selbst. Wie ein Geist Schwebe ich durch den Schulflur. Lilith weicht nicht von meiner Seite.
Die anderen Schüler sehen mich neugierig an, aber niemand fragt. Irgendwann ertrage ich die Blicke nicht mehr und flüchte mich auf die Toilette. Ich spritze mir kaltes Wasser ins Gesicht und halte mich links und rechts am Waschbeckenrand fest. Als die Tür aufgeht . Ich will gerade rausstürmen, als ich wie versteinert stehen bleibe. Clarke steht vor mir und sieht mich besorgt aus blauen Augen an. „Alexa, ist alles in Ordnung?" fragt sie vorsichtig und geht einen Schritt auf mich zu. „Sieht es für dich danach aus?" Frage ich bissig und sie weicht wieder einen Schritt zurück. „Ich....ich will einfach weg von hier." Murmel ich und lasse kraftlos den Kopf hängen. „Komm mit ich weiß wohin." sagt sie und streckt ihre Hand nach mir aus. Zögerlich ergreife ich sie und folge ihr aus der Toilette, raus aus dem Schulgebäude bis hin zu ihrem Auto? Ich bleibe stehen und unsere Hände lösen sich ruckartig. Ich habe ein seltsames Gefühl. „Komm ich beiße nicht." scherzt sie. Wenn sie wüsste. Ich verkneife mir jede Antwort und steige auf den Beifahrersitz. Bevor ich reagieren kann, beugt sie sich über meinen Sitz und schnallt mich an. Ihr Geruch weht mir um die Nase, aber noch stärker der Geruch ihres Blutes. Ihr Hals ist genau vor mir ich könnte einfach zubeißen.Mein Zahnfleisch brennt, doch ich unterdrücke den Hunger.
Die Fahrt über schweigen wird und irgendwie wirkt sie nervös. Ich höre ihren Herzschlag der ziemlich schnell ist. Wir fahren raus aus der Stadt und bald sehe ich nur noch Felder. Irgendwann biegt sie ab. Wir reden nicht viel aber ich genieße ihre Anwesenheit und bin froh, dass sie nicht fragt was los ist oder ob ich reden will. Komischerweise will ich mit ihr reden. Ich möchte, dass sie weiß wie es mir geht und was in mir vorgeht.
Sie hält an einem verlassenen Weg im Wald an.
Clarke schnallt sich ab und sieht mich an. „Willst du reden?" fragt sie. Eine Stimme in mir schreit ja! Aber ich sage stattdessen: „Nein, alles gut." sie hebt eine Augenbraue und diese Bewegung ist unendlich attraktiv. Wir sitzen nebeneinander und schweigen. Es ist eine angenehme Stille. „Mein Bruder er..." fange ich an und schaue dann schnell aus dem Fenster bevor meine Tränen die Wange entlang kullern. Sie sieht mich ruhig an. Zwingt mich nicht weiter zu reden, sondern lässt mir die Zeit. Ich merke wie mein Körper von heftigen Schluchzern geschüttelt wird. Komischerweise fühlt es sich sehr gut an, loszulassen. Nichts drinnen zu behalten, nichts zu verstecken. Mich nicht zu verstecken.
Clarke schnallt sich ab und nimmt mich in den Arm. Ich genieße ihre Nähe. Tatsächlich hilft die Umarmung und ich werde ruhiger.
Ihr T-Shirt ziert ein riesiger nasser Fleck und mir ist es etwas unangenehm.
„Gehen wir ein Stück." sagt Clarke und wir zwei steigen aus dem Auto und spazieren nebeneinander her.

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