Was definitiv normalerweise nicht auf meinen Tagesplan gehört, ist langes Laufen. Was aber noch weniger drauf steht, ist, einen waschechten Hundetraum vor mir zu sehen.
»Was zur heiligen Toilettenschüssel-«, kreischt Kerstin neben mir und ich muss schlucken. Dann nehme ich sie bei der Hand und drücke sie beruhigend.
»Der tut uns nichts.« Hoffentlich. Ich lege meinen Kopf schief und betrachte das Skelett genauer. Ein paar Stofffetzen kann ich noch erkennen. Ansonsten ist nur eine Sache ganz klar: Der Typ ist schon lange tot.
»Vielleicht war er ja mal das Begrüßungskomitee«, überlege ich. Denn an der Kleidung oder was davon übrig ist, kann man eindeutig erkennen, dass es sich um eine Uniform gehandelt hat. Über den klapprigen Schultern liegen große Schulterpolster und auf der Brust sind noch ein paar Abzeichen zu erkennen. Der Rest des Oberteils ist zerfetzt. Als hätte ein großer Hund dort mit seinen Krallen schon nach den Knochen gegraben, die jetzt übrig sind.
»Eher das Abschreckungsmanöver«, erwidert Kerstin. Sie ist ziemlich grün im Gesicht und wendet sich jetzt weg, um den Rest der Hütte zu betrachten. Dass Häuser meistens ihren Bewohnern ähneln, ist noch nie so offensichtlich gewesen, wie jetzt. Denn auch die Hütte ist zerfetzt und klapprig. An den meisten Stellen ist nur noch das Grundgerüst zu erkennen. Immerhin hat das dafür gesorgt, dass die Luft hier drin nicht steht und es nicht sehr nach Verwesung riecht. Eher nach Holz und Laub. Dieses bedeckt den Boden fast überall.
Unser Kumpel mit der Uniform grinst mich an, als würde er sagen wollen: »Tja, du brauchst gar nicht so abschätzig schauen. Irgendwann wirst du genau so aussehen wie ich. Früher oder später.«
Ich gehe in die Hocke und betrachte ihn genauer. Von seinem Körper sind wirklich ausschließlich Knochen übrig und die Kleidung ist sehr knittrig und verblasst. Auch die Hose besteht nur noch aus Stofffetzen. Für mich sieht es fast so aus, als hätte er keinen friedlichen Tod gehabt. Als sei die zerrissene Kleidung nicht auf das Alter des Knochenmanns sondern auf seine letzten Momente im Leben zurückzuführen. Als hätte ein Kampf stattgefunden und etwas Großes ihn zerfleischt. Und mit den Krallen nicht nur die Kleidung in Fetzen gerissen. Bei dem Gedanken bekomme ich Mitleid mit dem armen. Sowas hat man doch wirklich nicht verdient.
»Vita!«, ruft Kerstin plötzlich hinter mir.
»Warte.«
Ich schnappe mir zwei herumliegende Holzbrett-Überreste und ramme das erste mitten durch das zweite. Dann nehme ich mir weitere und lege damit einen kleinen Hügel vor seine Füße, sodass ich das Kreuz aufstellen kann. Ich flüstere meinem Kumpel noch ein »Ruhe in Frieden« zu und drehe mich dann zu Kerstin.
»Was ist?«
»Du musst dir das hier ansehen.« Ihre Stimme ist eine Mischung aus purer Ungläubigkeit gemischt mit Euphorie. Das kann nichts Gutes bedeuten.
Ich stelle mich neben sie in die Ecke der Hütte und kann die Reste einer Küche erkennen. Hier ist tatsächlich ziemlich wenig Laub auf dem Boden. Der Boden ist auch das, worauf Kerstin zeigt. Ich schaue sie verwirrt an.
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Ein Augenblick der Zeit
Science Fictionpausiert | wird überarbeitet | demnächst Tanz, Musik, Leidenschaft, Einzigartigkeit. Für Lavita sind diese Worte aus ihrem Leben nicht wegzudenken. Doch der Preis dafür ist hoch. Das unabhängige, freie Leben ist nur deswegen möglich, weil sie zu ei...