4 - Wettrennen

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„Jetzt hast du den besten Bereiter des ganzen Stalles auf dein Pony gelassen.", lachte Cedrics Vater, der gemeinsam mit Frau Ashworth zum Platz kam. Ich fand es ziemlich nett von Herrn Ashworth, dass er Prinz mein Pony nannte, das tat er immer.

„Bestes Pony, bester Bereiter.", strahlte ich. Prinz war ein unglaubliches Pony, total brav und konnte trotzdem Häuser springen, ich durfte ihn so lange reiten, bis Moritz ihn händeln konnte. Moritz durfte Prinz frei reiten, worüber er natürlich ziemlich stolz war, die Krönung für ihn war dann noch, dass er ihn antraben durfte. Nach anfänglichen Schwierigkeiten setzte sich Prinz gutmütig schneller fort.

Moritz genoss die Aufmerksamkeit seiner Eltern und die seines großen Bruders, die ihn lobten und anfeuerten. „Brrrr.", rief Moritz und Prinz lies sich wieder in den Schritt fallen. Ich weiß nicht mehr genau warum, aber aus irgend einem Grund blickte ich zu Herr und Frau Ashworth, die sich anstrahlten und sich daraufhin küssten, dabei sahen sie ein bisschen aus wie zwei verliebte 16 Jährige. Sowas hätte ich auch gerne, nach all den Jahren noch so verliebt zu sein. Unbewusst wanderte mein Blick weiter zu Cedric, der mich ebenfalls ansah. Erschrocken schaute ich wieder weg, das war, bestimmt nur ein Zufall, dass er mich angesehen hatte, warum sollte er auch, er hatte doch eine Freundin. Ich drehte meinen Kopf wieder in seine Richtung um sicherzugehen, dass ich mir das eben nur eingebildet hatte, doch sein Blick ruhte immer noch an mir, doch nun waren seine Lippen zu einem leichten Grinsen geformt. Entweder lachte er mich gerade innerlich aus, weil mein Kopf so eben knallrot angelaufen war und er sich freute, dass er mich so leicht aus der Fassung bringen konnte, oder .... Nein! Es gab kein oder, er lachte mich aus. Super, wie peinlich war das denn? Warum bin ich nicht gleich zu ihm gegangen und hab gesagt hey, ich kenne dich nicht, aber ich steh voll auf dich, wäre wahrscheinlich nicht schlimmer gewesen.

Wobei es nicht ganz stimmte, dass ich ihn nicht kannte, ich kannte ihn aus Annas Erzählungen, ich kannte ihn durch mein stundenlanges Heimliches aus der Ferne beobachten und ich kannte ihn durch Moritz, der mir schon oft von ihm erzählt hatte. Doch das war in diesem Moment egal, soeben hatte ich beschlossen mit Prinz nur noch eine Runde ins Gelände zu gehen. Moritz hielt vor mir an und lobte das Pony. „Hast du wirklich sehr gut gemacht.", lobte ich dafür Moritz, der bis über beide Ohren strahlte. „Jetzt, da du mir Prinz so gut vor geritten hast, kann ich entspannt ins Gelände gehen.", gab ich meinen Plan kund.

Ich half Moritz beim Absteigen, verstellte die Bügel auf meine Länge und stieg auf. Prinz und ich hatten den Hof fast schon verlassen, als jemand rief, „warte, ich komme mit." Verdutzt drehte ich mich um, diese Stimme erkannte ich unter tausenden. Cedric wollte mit mir ausreiten. Ein Gefühl der Freude breitete sich in mir aus. „Papa hat gesagt, ich soll mit dir ausreiten, damit meine junge Stute hier mal ins Gelände kommt.", erklärte er mir. Sofort erloschen meine Glücksgefühle wieder. „Also, welche Runde willst du gehen?", redete er freundlich weiter. So genaue Gedanken hatte ich mir darüber noch nicht gemacht, schließlich war es ja meine Entscheidung sehr spontan gewesen. „Hm, vielleicht nur eine Kleine?" Der Himmel hatte sich wieder ein bisschen verdunkelt. „Wäre ja zu schade, wenn wir uns wieder in einer Hütte verstecken müssten.", witzelte er. Bei dem Gedanken mit ihm alleine in einer Hütte zu sein, wurde mir gleich ganz heiß und das ganze Blut sammelte sich in meinem Kopf. „Ähm ... ja ... ähm..", stotterte ich. Was musste er nur von mir denken? „Das würde Lynn bestimmt nicht gefallen.", versuchte ich, mich zu retten. Wo war die eigentlich? Es wunderte mich, dass sie nicht gleich Cedric angeschlossen hatte. „Wir können doch nichts dafür wenn es regnet, sie würde das schon verkraften.", erklärte er fröhlich. So wie ich aber Lynn einschätzte, würde sie wahrscheinlich noch durch den Regen reiten nur um zu kontrollieren, ob da wirklich nichts läuft zwischen ihm und mir.

„Wieso kenn ich dich eigentlich nicht?", fragte er, nachdem wir uns für eine Richtung entschieden hatten. Das fragte ich mich allerdings auch, schließlich lief ich nicht erst seit gestern am Stall herum.

„Liegt vielleicht daran, dass ich meist zu Zeiten komme, wenn keiner da ist oder mit Moritz im Gelände bin.", überlegte ich.

„Ja, das ist möglich, wollen wir hier galoppieren?" Hatte er mir überhaupt richtig zu gehört? „Können wir." Ich hatte meine Worte noch gar nicht richtig ausgesprochen, war er schon angaloppiert. Und Prinz gleich mit dazu. Ich hatte ziemliche Schwierigkeiten ihn neben Cedrics Stute zu halten, denn normalerweise durfte er auf diesem Weg immer volles Tempo galoppieren.

„Wettrennen, wer zuerst am Ende des Weges ist.", rief Cedric, ohne auf eine Antwort zu warten, schnalzte er und die Stute galoppierte los. Wie gemein war das denn? Erstens hatten wir kürzere Beine und zweitens war ich gar nicht darauf vorbereitet.

Egal, ich konnte Prinz jetzt sowieso nicht mehr halten, „wir werden gewinnen.", schrie ich als Prinz an Stella - so lautete der Stallname der Stute - und Cedric vorbei zog. Aber ich hatte keine Ahnung, wie ich ihn je wieder Durchparieren sollte. Doch dieses Problem löste sich von ganz alleine, auf den letzten Metern wurde er von sich aus langsamer. Das nutze Cedric natürlich aus und holte noch einmal alles aus Stella heraus und galoppierte an uns vorbei.

„Du glaubst doch nicht, dass du mein zukünftiges Championatspferd schlagen kannst.", lachte Cedric als wir beide unsere Pferde zum Trab durchparierten und sie am halb langen Zügel noch etwas locker traben ließen. „Gib nicht so an, schließlich sitze ich auf einem Championatspony.", kicherte ich.

„Das stimmt, du sitzt auf dem besten Pony der Welt.", lobte er sein Pony. Kopfnickend stimmte ich ihm zu. Dafür das es das beste Pony der Welt war, machte er sich aber reichlich wenig Gedanken, wer es ritt. Ich nahm an so waren bestimmt alle Jungs in seinem Alter, wenn die Mama sagt es ist alles in Ordnung dann muss nichts er sich nicht weiter darum kümmern.

Als wir am langen Zügel im Schritt zurück ritten, fing es wieder das Nieseln an. „Ich glaube wir müssen uns doch eine Hütte suchen.", feixte er.

„Nein, rentiert sich nicht, wir sind doch bald wieder daheim."

„Warum, willst du nicht mit mir alleine sein?" Natürlich wollte ich mit ihm alleine sein, mehr als alles andere wollte ich das, aber nicht mit verschwitzen Pferden und nicht, wenn ich wusste, dass er eine Freundin daheim hatte. „Naja, die Pferde sind doch jetzt ziemlich verschwitzt, wir sollten eben lieber schauen, dass wir schnell daheim sind.", erzählte ich die Halbwahrheit. „Da du jetzt mein offizieller Ausreitparter bist, finden wir schon noch einen Tag für uns alleine in einer Hütte." Sein grinsen wurde immer frecher. „Seit wann bin ich denn dein offizieller Ausreitparter?", lenkte ich vom Thema ab.

„Seit dem Wettrennen, die anderen haben immer Angst um ihre Pferde und Lynn hat dauernd Angst ihren nicht mehr halten zu können, weshalb wir teilweise gar nicht galoppieren, wirklich langweilig.", erklärte er mir. Da musste ich mich also bei Prinz bedanken, dass er mir durch gegangen ist, sonst würde er mit mir wahrscheinlich auch nicht mehr reiten wollen.

Verliebt in einen SpringreiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt