21 - Verlass mich nicht

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Nach langer Zeit waren wir zu dritt in Cedrics Bett eingeschlafen, Cedric links, ich rechts und Moritz lag in der Mitte. Er lag auf dem Rücken und ich hatte schützend meine Hand auf seinen Bauch gelegt, Cedrics Hand lag auf meiner.

Für mein Gefühl betrat Mrs Ashworth das Zimmer viel zu bald am nächsten Morgen. Sie begann irgendetwas zu reden, doch ich war noch viel zu müde um zuzuhören und mit einem Mal verstummte ihre Stimme, ich hörte das klicken einer Handykamera. Langsam öffnete ich meine Augen. Cedric hatte seine Hand von meiner genommen und sich umgedreht.
"Es wird Zeit, Moritz, wir müssen gehen.", flüsterte sie. Der schüttelte aber nur den Kopf. Daraufhin unterhielt sie sich noch kurz mit Cedric, dass er sie wie abgemacht am kommenden Wochenende besuchen sollte.
"Auf geht's Moritz.", munterte sie den kleinen Jungen auf. Wiederwillig richtete er sich auf und folgte seiner Mutter verschlafen aus dem Zimmer. Nie hatte ich Cedric gefragt ob er hier bleiben wollte, oder sollte, da in der neuen Familie seiner Mutter kein Platz war. Er füllte den Platz zwischen uns, in dem er zu mir rutschte.

"Guten Morgen, ihr süßen!", begrüßte uns ein blondes Mädchen die ungefähr Mitte zwanzig war, also kaum älter als Cedric. Wow, Mrs Ashworth hatte vor gerade mal drei Stunden das Haus verlassen und schon war die nächste eingezogen.
"Wir sind nicht deine Süßen!", beschwerte sich Cedric zur Begrüßung.
"Oh, wie wollt ihr denn dann genannt werden? Schnuffis, Hasen?" Sie lächelte zuckersüß. Mit Mrs Ashworth war auch Mr Ashworth Würde gegangen.
"Nichts davon! Du könntest meine Schwester sein." Cedric ließ sie nicht aus den Augen, während Linda, so lautete ihr Name, weiterhin fröhlich vor sich hin Pfiff. Für sie musste das Ganze wie ein Sechser im Lotto sein, einen alten, aber tollen Kerl, das tolle Haus, richtig gute Pferde und einen unglaublich schönen Stiefsohn. Wobei sie letzteres wohl weniger interessierte.

"Cedric, benimm dich!" Mr Ashworth hatte die Küche betreten, ging direkt auf Linda zu und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Cedric nahm zwei Äpfel aus der Obstschale und zog mich mit sich.

"Tut mir leid, heute gibt es nur einen Apfel zum Frühstück, aber ich halte das nicht aus, zumindest noch nicht." Er sah mich entschuldigend an, als wir uns im Garten auf Moritz große Schaukel setzten. Ich konnte ihn nur zu gut verstehen.
"Vielleicht mache ich es wie Moritz, ich höre einfach mit dem reiten auf, dann kann ich weg ziehen und vielleicht etwas sinnvolles studieren.", dachte er laut nach.
"Nein! Das darfst du auf keinen Fall." Meine Stimme klang fast schon ein bisschen hysterisch.
"Ich habe doch alles erreicht was ich erreichen wollte, deutscher Meister, Silber Europameisterschaften, Gold mit der Mannschaft bei den Europameisterschaften, Sieger Preis der Besten, es wäre nicht schlimm jetzt aufzuhören, wenn es die Umstände so schwer machen weiter zu reiten.", antwortete er mir gedankenverloren. Niemals hätte ich gedacht er würde aufhören mit reiten, egal was kommt. Das ausgerechnet die Trennung seiner Eltern dazu führen sollte, hatte ich am allerwenigsten geglaubt.
"Ja, natürlich hast du das alles schon erreicht, aber du kannst doch noch so viel mehr erreichen, außerdem was ist denn das für eine Einstellung, bisher hast du doch auch nicht so schnell aufgegeben, nur weil dein Vater jetzt ein kleines blondes Mädchen angeschleppt hat, ist das doch kein Grund aufzuhören.", redete ich ein bisschen unsicher auf ihn ein. Lange schaute er mich an ohne ein Wort zu sagen, fast hatte ich schon wieder Angst er würde mich wieder sitzen lassen und abhauen.

"Es ist nicht nur das, ich komm schon seit einiger Zeit nicht mehr so gut klar mit meinem Vater." Er hatte den Blick abgewandt und schaute auf die Koppeln. Warum hatte er mir nie davon etwas erzählt? Ich legte meine Hand auf seine, weil ich nicht wusste was ich dazu sagen sollte. Vorsichtig Strich ich mit meinen Fingern über die Adern auf seinem Handrücken.
"Vielleicht wird jetzt alles besser, nachdem er nicht mehr mit der Last leben muss einen Sohn groß zuziehen, der gar nicht seiner ist. Wer weiß wie lange er schon davon wusste.", versuchte ich ihn aufzumuntern.
"Ja, vielleicht hast Recht." Auch wenn er mir zustimmte, in seinen Augen hatte ich nicht Recht, aber wenn er mir nicht erzählte, warum sich die beiden nicht so gut verstanden, konnte ich ihm auch schlecht helfen.

"Versprichst du mir, mich nie zu verlassen." Seine Stimme klang fest, sein Blick durchbohrte mich. Ich schluckte, das war ein ziemlich großes Versprechen und auch wenn ich nie vor hatte ihn zu verlassen, man wusste ja nie.
"Wenn du mich nicht verlässt, sehe ich keinen Grund dich zu verlassen." Mir war nicht ganz klar, warum meine Stimme bei diesen Worten so zitterte. Vielleicht lag es wirklich an seinem eindringlichen Blick, oder die Angst, dass ich etwas falsches sagte. Doch er lächelte mich an, beugte sich zu mir herüber und küsste mich. Es war kein Kuss wie jeder andere, er war anders, so anders das ich ihn kaum beschreiben konnte, eine Mischung aus Verlangen und Verzweiflung.

Verliebt in einen SpringreiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt