- Jeongin -
Mein Körper hatte aufgehört zu leben und funktionierte nur noch. Ich war erst seit einigen Monaten in der Kanzlei Kim & Partners, die mehr von mir verlangte, als ich zu tragen imstande war, aber ich war noch in der Probezeit und die Beamtenszene war hart. Ein Fehler und ich könnte auf der Straße landen.
„Sir, hier sind noch einige Akten, die überarbeitet werden müssen.“ Während ich mir Im Nayeons Namen gemerkt hatte – genau wie den von jeder anderen Person auf diesem Stockwerk –, schien die Sekretärin sich nicht die Mühe dafür zu machen. Was entweder bedeutet, dass sie sich nicht viele Namen merken konnte oder nicht wollte, weil kaum jemand die Probezeit überstand. „Danke, Im Nayeon“, sagte ich. Ich betonte absichtlich ihren Namen, aber bis auf eine platzende Kaugummiblase ihrerseits bekam ich nichts von ihr zu hören. Sobald sie mir ihren Rücken zugedreht hatte, um wieder an der Rezeption unseres Stockwerks zu verschwinden, seufzte ich.
Ein eigenes Büro besaß ich nicht, das war nur den Anwälten und Anwältinnen gestattet, die sich einen Namen gemacht hatten. Meinen kannte keiner. Das Jurastudium war hart. Während meine Freunde alle ihren Abschluss machten, fing ich mit dem fünften Jahr an und dementsprechend hing ich in der Arbeitswelt hinterher. Mein Abendessen bestand aus Überstunden, gefüllt mit alten Akten, die noch einmal überprüft werden mussten. Meistens waren es finanzielle Probleme mit großen Firmen, die viel Geld in die Kanzlei steckten. Ich verschwand in meiner kleinen Arbeitsnische, versuchte, mich mit Kaffee vom Schlafen abzuhalten, und öffnete die erste Akte von vielen.
-
Als das Wochenende vor der Tür stand, wollte ich am liebsten in Tränen ausbrechen. Die letzten Wochen fühlten sich an wie ein Berg, den ich zu erklimmen versuchte. Und ich stand immer noch ganz unten. Es war schwer, mich am Samstagmorgen aus dem Bett zu quälen und etwas im Haushalt zu erledigen. Ich sparte, um endlich in einer besseren Umgebung zu leben, aber jedes Mal, wenn ich in meinem Bett lag, liebte ich jeden Zentimeter dieser beschissenen Wohnung.
Hätte Jisung mich nicht daran erinnert, hätte ich das heutige Treffen bei ihm und Minho vergessen. Schon wieder. Diesmal würden sie mir wahrscheinlich nicht einfach verzeihen, obwohl ich nichts für mein aktuelles Arbeitsleben konnte. Zumindest nicht komplett.
Ich sprang unter die Dusche und versuchte damit das letzte bisschen Erschöpfung wegzuwaschen, die durch meinen Körper fuhr. Es zog an mir, wie Ketten, die mich auf den Boden ziehen wollten, aber irgendwie schaffte ich es trotzdem, um kurz nach vier vor der Tür von Minho und Jisung zu stehen.
„Zu spät, aber wenigstens bist du hier! Komm doch rein.“ Jisung umarmte mich bei seiner Begrüßung und zog mich dabei in die Wohnung. Seit der Studienzeit hatte sie sich kaum verändert, lediglich die Katzen waren älter und die Bilder mehr geworden.
„Fehlt nur noch Hyunjin.“ Jisung wartete, bis ich die Schuhe ausgezogen hatte. Hyunjin und ich hatten uns vor mehr als vier Jahren getrennt, und trotzdem führte sein Name noch zu Herzrasen. Nicht mehr ganz so intensiv, aber intensiv genug, um mich von einem anständigen Datingleben abzuhalten.
„Die Klatschpresse ist voll, Hyunjin ist anscheinend mit irgendeinem Model aus Frankreich zusammen.“ Felix verdrehte die Augen und hielt seinem Freund sein Handy hin. Changbin hatte die Hand auf Felix‘ Oberschenkel und streichelte mit seinem Daumen vorsichtig über den Stoff der Hose.
Auch Minho und Jisung saßen zusammen und wirkten wie ein klischeehaftes Paar. Seungmin hatte eine schwangere Verlobte zu Hause und Chan datete seit einigen Jahren einen jungen Mann, den er beim Einkaufen kennengelernt hatte. Die beiden hatten sich bei einem Gespräch über Sellerie kennengelernt, was zwar lange ein Hin und Her war, irgendwann aber gut endete.
Nur ich war seit der Trennung von Hyunjin noch immer Single, während er selbst von einem Bett ins nächste sprang. „Was auch sonst.“ Changbin lachte und auch die anderen schienen amüsiert über einen weiteren Skandal, den Hyunjin in die Presse brachte. Das passierte in den letzten Monaten so oft, dass es nicht mal mehr wirklich thematisiert wurde. Dass es mich zerstörte, sprach ich nicht mal aus, wenn ich glaubte, mit diesem Schmerz allein zu sein.
„Min, wie geht es Yujun?“, fragte Chan, der seine Haare anscheinend schwarz gefärbt hatte. „In letzter Zeit fühlt sie sich sehr schwach und die Kleine ist nachts sehr aktiv. Sie wäre gerne mitgekommen, aber die Ruhe tut ihr gut.“ Seungmin lächelte sanft bei den Worten, sichtlich erschöpft von den letzten Nächten. Ich hoffte, dass bei meinen langen Nächten am Ende auch etwas Gutes dabei herauskommen würde.
„Und bei dir, Innie? Wie ist es in der Kanzlei so?“ Chans Lächeln lag nun auf mir und ich musste mir ernsthaft ein Gähnen unterdrücken, sobald er mich an meine Arbeit erinnerte. „Anstrengend“, gab ich zu. „Aber es fühlt sich gut an, anderen zu helfen.“
„Du siehst auch ehrlich kaputt aus.“ Minho blickte mich an. Er schaffte es nicht ganz, so für jemanden da zu sein wie für Changbin und Jisung, aber er tat sein Bestes.
„Anfangszeit“, sagte ich lediglich und zuckte mit den Schultern. Es fühlte sich an, als hätte ich Blei auf meiner Haut, das mich auf den Boden drückte. „Ich würde deswegen auch nicht so lange bleiben, tut mir leid.“
„Wofür entschuldigst du dich? Du bist hier, nicht so wie die anderen.“ Seungmins Stimme klang vorwurfsvoll. Nicht mir, sondern Hyunjin gegenüber. Wir hatten einmal eine Situation, in der wir Schwierigkeiten mit Felix hatten, und dort hatte die Situation ähnlich angefangen. Ich war irgendwann verschwunden, weil ich ungern schlecht über andere sprach und schon gar nicht über Freunde, aber irgendwie konnte ich die Wut verstehen. Ich glaube, ein Teil in mir wollte auch diese Wut.
„Er muss bestimmt noch ausnüchtern oder liegt im Bett von irgendeiner fremden Person.“ Changbin versuchte, amüsiert zu klingen, um die Situation zu entschärfen, die sich zu bilden begonnen hatte. Aber auch wenn es die Situation entschärfte, die wie offene Karten auf dem Tisch lagen, entschärfte es nicht die versteckten Asse in meinem inneren.
DU LIEST GERADE
Ex // Hyunin
FanfictionSpin-Off zu „Glow // Changlix" - muss man vorher nicht gelesen haben. "𝖳𝗁𝖾𝗋𝖾 𝗂𝗌 𝗇𝗈𝗍𝗁𝗂𝗇𝗀 𝗆𝗈𝗋𝖾 𝗍𝗋𝗎𝗅𝗒 𝖺𝗋𝗍𝗂𝗌𝗍𝗂𝖼 𝗍𝗁𝖺𝗇 𝗍𝗈 𝗅𝗈𝗏𝖾 𝗉𝖾𝗈𝗉𝗅𝖾." - 𝖵𝗂𝗇𝖼𝖾𝗇𝗍 𝖵𝖺𝗇 𝖦𝗈𝗀𝗁. Hyunjin und Jeongin waren während der...