Chapter 7

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- Hyunjin -

Ich hatte mein ganzes Leben lang auf Jeongin abgestimmt, obwohl wir getrennt waren. Ich hatte mich in Situationen gezwungen, auf die ich keine Lust hatte, und meine Gefühle unterdrückt, damit es nicht zu Streitsituationen in der Gruppe kam.

Ich hatte alles versucht, damit Jeongin diese beschissene Freundesgruppe behalten konnte, die ihm mehr am Herzen lag als er sich selbst, nur damit ich mir an seinem Geburtstag anhören musste, dass ich gehen sollte. Ich war fehl am Platz.

Die Wut, die in meinem Inneren um Aufmerksamkeit kämpfte, war impulsiver und aggressiver Natur.

Ich wollte mein Auto gegen eine Wand fahren, den Schmerz in meinem ganzen Körper spüren und so dem Schmerz in meinem Herzen entkommen.

Als ich in meinem Apartment ankam, flog meine Tasche in eine Ecke. Ich konnte meine Umgebung kaum richtig erfassen, schwarze Punkte nahmen mir die Sicht. Mit lauten Schritten ging ich auf die Leinwand zu, die noch immer in der Mitte des Raumes auf einigen Planen stand, und schlug mit der Faust durch Jeongins Gestalt.

Ich zerriss es vollständig. Das erste Werk, das ich seit Jahren wieder zustande gebracht hatte, lag irgendwann in Fetzen vor mir.

Ich war es so leid, ein Leben für einen Jungen zu leben, der mich nie wieder in sein Leben lassen würde. Ich war ein verdammter Zuschauer am Rand, der sein eigenes zerstörtes Herz in den Händen hielt.

Ich wollte aus diesem Freundeskreis raus. Alles daran fühlte sich so unnatürlich für meine Seele an, dass ich da keinen Platz mehr fand. Weder bei Jeongin noch bei den anderen.

Sie waren für Jeongin da, aber nicht für mich. Es kam mir vor, als hätten sie eine Seite gewählt, und ich war auf meiner Seite allein am Untergehen.

-

Als die Luft Frankreichs in meine Lungen gelangte, schien sich ein kleiner, aber entscheidender Teil in mir zu beruhigen.

Seit Tagen hielt ich mich aus der Freundesgruppe heraus. Ich sagte neuen Verabredungen weder zu noch ab. Etwas in mir hoffte, dass sich jemand bei mir melden würde, um zu fragen, wie es mir ging und ob irgendetwas los war, aber ich wusste, dass sie hinter verschlossenen Türen schon ein neues, falsches Bild von mir hatten und nicht auf mich zukommen würden. So war das schon seit einigen Jahren.

Jihyo sagte nichts, während sie mich durch die verschiedenen Bereiche des Studios lotste, aber ihr Blick sprach Bände. Sie war verwirrt und besorgt. Seit wir über unsere Sexualitäten gesprochen hatten, hatte sich irgendetwas zwischen uns geändert. Oder es war einfach wieder wie früher geworden – als wir uns kennenlernten.

"Hier ist dein Backstagebereich. Du kannst dich jederzeit zurückziehen, sag mir dann einfach Bescheid." Jihyo schaute mich eindringlich an und wartete auf ein Nicken von mir. Sie dachte vielleicht, dass ich einen Jetlag hatte, aber ich wollte mich einfach auf die Arbeit stürzen und meine Gedanken damit ausschalten.

"Danke", sagte ich. Dieses Wort brachte sie immer noch dazu, mich komisch zu mustern. Ich war ihr gegenüber wirklich ein Arsch.

"Möchtest du dich erst einmal ausruhen?" Jihyo stand noch immer in der Tür, während ich meinen Koffer in den Raum schob. Der Flug hatte Verspätung, deswegen konnten wir vorher nicht mehr ins Hotel und waren direkt ins Studio gekommen.

Ich schüttelte den Kopf. "Lass uns die Models kennenlernen."

-

Ich hatte mir eine Regel aufgestellt: Kein Sex mit Männern. Ich hatte eine komische Freundschaft+ mit Yeosang gehabt, als die Wunden in meinem Herzen gerade frisch waren, aber selbst mit ihm hatte ich nie geschlafen.

Ich liebte Jeongin auf eine Weise, die ungesund und gefährlich war. Ich hatte Angst, nie wieder diese Gefühle zu haben, die ich bei Intimitäten mit ihm hatte. Deswegen wollte ich, dass er der einzige Mann sein sollte, der alles von mir sah. Erst wenn ich mich wieder in einen Mann verlieben würde, würde ich diesen Schritt erneut gehen.

Jeongin und ich waren nicht zusammen, und trotzdem hatte ich das Gefühl, ihn zu betrügen, wenn ein anderer Mann seinen Platz einnahm. Deswegen hatte ich das mit Yeosang auch schnell beendet.

Diesmal kribbelte es allerdings in meinen Fingern, einem der männlichen Models die Kleider vom Leib zu reißen. Ich glaube, etwas in mir wollte Jeongin leiden lassen, obwohl er es schon genug tat.

Jihyo brachte allerdings jedes Mal Abstand zwischen uns. Ob gewollt oder nicht, ich war ihr dafür dankbar. Ich hätte es am nächsten Morgen sicherlich bereut.

Ich machte keine Pause, sondern ließ ein Model nach dem anderen nach vorne treten, um mich nicht den Gedanken hingeben zu können, die in meinem Inneren kämpften. Situationen von früher kamen hoch. Situationen, in denen Jeongin das geschützte Kind und ich der impulsive Ex war. Selbst für unsere Freunde, die sich inzwischen nur noch wie seine anfühlten.

"Hyunjin, mein Gott! Was ist los?" Jihyo sah mich aus zusammengekniffenen Augen an. "Was meinst du?", fragte ich und merkte, wie ich mich doch den Gedanken hingegeben hatte.

"Du hast zwei Models zum Weinen gebracht, warum bist du heute so streng?"

"Ich habe was?" Ich drehte mich um und sah noch, wie ein Model hinter der Tür verschwand. "Was habe ich gesagt?"

Jihyo schnaubte entsetzt: "Willst du mich verarschen?" Anscheinend hatte ich einem Model gesagt, dass es zu steif für den Beruf sei und einen anderen hatte ich mit einer Zirkusattraktion verglichen. Ich hasste den ständigen Druck in der Szene, war deswegen von meinen eigenen Worten überrascht und schaute meine Managerin einfach an.

"Du machst jetzt Pause", sagte sie "Du benimmt dich wie ein Arschloch und das auch diesmal vor den Models."

"Tut mir leid, ich-

"brauchst Therapie. Ich mache dir einen Termin fertig, sobald wir wieder zurück sind." Sie ließ mich gar nicht erst widersprechen und stampfte davon. 

-

Paris bei Nacht war wie in einem Bilderbuch. Der Eiffelturm war von meinem Hotelzimmer aus zu sehen und obwohl ich hier schon öfters durch die Straßen gewandert war, als ich zählen konnte, haute mich dieser Anblick jedes Mal aufs neue um.

Paris ließ mich abschalten und einen Zukunft erschaffen, in der ich hier lebte und alles in Südkorea zurücklies.
In Korea ging gerade die Sonne auf, während sie hier nicht mehr zu sehen war. Keiner meiner Freunde hatte mir geschrieben, aber sie alle hatten meine Instagram Story gesehen, in der ich Frankreich präsentierte.

Ich hasste dieses Gefühl in meiner Brust. Diese Wut und das Verlangen sie alle anzuschreiben und einen Spiegel vor die Nase zu halten. Sie benahmen sich wie verdammte Arschlöcher, nutzen diesen Begriff aber um mich zu beschreiben.

Impolsiv schaute ich mir Immobilien in Paris an. Eines Tages würde ich vielleicht endlich dieses Band durchschneiden können, welches mir die Luft nahm und neu anfangen. Ich wollte einfach wieder aufatmen können.

Ex // HyuninWo Geschichten leben. Entdecke jetzt