Chapter 8

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- Jeongin -

Hätte man mir als Teenager gesagt, wie mein Leben nach der Uni aussehen würde, hätte ich vielleicht einen anderen Weg gewählt. Einen, der nicht so schmerzhaft war, auch wenn das Ziel am Ende scheiße gewesen wäre.

Ich hielt es nicht mehr aus. Dieser Druck, der mir die Luft nahm und heiße Tränen hervorbrachte. Hyunjin war wieder in Paris mit irgendwelchen Models, die Journalisten auf Social Media stürzten sich sofort darauf und posteten Fotos mit ihm und hübschen Frauen.

Ich konnte nicht atmen. Schlechtes Gewissen mischte sich zu diesem Schmerz, der sich durch meinen ganzen Körper zog und mich in Ketten legte.

Ich stürzte mich auf die Akten, auf die Arbeit und wühlte mich durch das Archiv, schaute mir dort die Deals anderer an, die in den letzten Jahren eingegangen worden waren. Immer wieder blinzelte ich Tränen weg und unterdrückte ein Schluchzen, obwohl niemand sonst in diesem Raum war.
Es war erbärmlich. Ich war erbärmlich.

Ich würde gegen Byun Baekhyun verlieren, und das ließ mich mich noch erbärmlicher fühlen. Ich würde gegen ihn verlieren und ihn trotzdem anhimmeln, wie eine abgekartete Version des Stockholm-Syndroms.

Ich atmete schnappend ein, die Luft fand kaum noch einen Weg in meine Atemwege. Alles war gerade einfach nur zu viel.

"Oh fuck, Entschuldigung-" Jeon Jungkook kam in den Raum, in seinen Händen ein großer Stapel Akten, die Tür hielt er nur mit seinem Fuß auf.

Ich blickte auf und verschluckte mich an der Luft, die ich viel zu schnell einzuatmen versuchte. Ich spürte sein Zögern. Die Frage in seinem Kopf, ob er gehen oder bleiben sollte, stand fast wie ausgesprochen im Raum.

Statt anständiger Worte verließ ein Schlurzen meine Lippen und panisch blickte Jungkook sich um, schaute ob keine weitere Person davon mitbekommen hatte. Er war schon eine Person zu viel. "Möchtest du alleine sein?", fragte er.

Ich wollte mit dem Kopf schütteln, aber nicht mal das bekam ich hin. Hektisch suchte ich meine Sachen zusammen und stand viel zu ruckartig auf, schmiss dabei den Stuhl um und spürte diesen ekligen Wunsch danach, einfach zu verschwinden.

"S-orry." Mehr bekam ich nicht hin, als ich an ihm vorbeilief und mit gesenktem Kopf zu meinem Schreibtisch ging.

Ich wollte verschwinden. Einfach nur verschwinden.

-

Den ganzen Sonntag über, lag ich in meinem Bett. Ich starrte an die Decke, schaute Selena Gomez dabei zu, wie sie Cara Delevingne küsste oder aß Pizza, die der Lieferant schon kalt gebracht hatte.

Unter meinem Bett befand sich eine Kiste voller Erinnerungen an Hyunjin. Eintrittskarten, Fotos und Bilder, die er selbst gemalt hatte. Die meisten waren portraits von mir, dabei mochte er die nicht gerne zeichnen. Bei mir fiel es ihm irgendwie immer leicht.

Sie kam mir plötzlich so präsent vor, als würde sie direkt vor mir liegen und ich würde mit meinen Fingern über die sanften Striche fahren, die Hyunjin für mein Gesicht gezogen hatte. Am liebsten würde ich diese Kiste in den Müll schmeißen, aber noch konnte ich mich nicht von all diesen Erinnerungen losreißen, die mir damals einen Grund gaben, das Studium durchzuziehen.

Als ich am Montag dann wieder ins Sonnenlicht trat, fühlte ich mich wie ein Vampir. Ich lief fast schon schleppend zur Bushaltestelle, ging den mir bekannten Weg und grüßte den Wachmann im Gebäude, als wären wir gute Freunde. Er war eine weitere Person, die sich weder meinen Namen noch mein Gesicht merken konnte und mich besonders dabei beobachtete, meinen Ausweis über die Sicherung zu schieben, damit sich die kleinen Türen für mich öffneten und ich zu den Fahrstühlen konnte.

Ex // HyuninWo Geschichten leben. Entdecke jetzt