Nia
Der Nächste Tag stand an und überraschenderweise hatte ich ein wenig Schlaf bekommen. Seit Wochen plagte mich der mangelnde Schlaf wie ein stechen im Kopf. Ich schloss meine Augen, wachte nach zehn Minuten wieder auf und hatte einen stechenden Schmerz. Im Bett liegend, drehte ich mich zur Seite um mich zu erkundigen, ob Juro noch neben mir schlief.
Da fiel mir auf, dass seine Seite leer war.
Ich stützte mich vorerst am Ellenbogen hoch, erhob mich dann jedoch komplett vom Bett. Schwindel überfiel mich und ich versuchte, mich erneut im Bett niederzulassen. Alles drehte sich um mich herum und mein Atmen beschleunigte sich. Der mangelnde Schlaf, hatte mir trotz dieser guten Nacht, einen ausgewischt.
,,Vögelchen."- ich spürte Juros Präsenz hinter mir und mein Kopf begann ein wenig zu klingeln, ehe sich alles wieder normalisierte. ,,Alles gut."- gab ich nur zurück, erhob mich wieder und blickte ihm nun in die Augen. Ein wenig besorgt sah er zu mir, ehe er sich erneut zusammenriss und lächelte. Er lächelte, genauso wie er es gestern getan hatte, als er erfuhr, dass ich dennoch an seiner Seite blieb. Ich verstand bis jetzt nicht so genau, weshalb er sich fürchtete, mich verloren zu haben. Nur aufgrund deswegen, dass er mir seine Vergangenheit mit Cecilia anvertraut hatte? Liebevoll begann er, meine Wange zu streicheln. Ich lächelte zurück. ,,Es ist schon fast alles geplant."- gab er nur von sich. ,,Was meinst du?"- gab ich zögerlich zurück. ,,Die Beerdigung." Ich verstand.
Etwas Erleichterung breitete sich in mir aus, doch auch die Panik stieg in mir. Ich musste an die Konversation auf der Brücke gestern denken und war glücklich, dass ich nun endlich ein wenig abschließen konnte. Jedoch schwang meine Angst, wie ein fliegender Hammer umher, aufgrund meiner, mich prägenden Visionen. Oder Erinnerungen? Alles verwirrte mich.
Wieso konnte ich mich nur an all diese Details erinnern? Wieso sah ich sie vor mir? Das Erlebnis, die Leute, einfach alles? Ich seufzte. Vor zwei Jahren, als die Visionen begonnen hatten, war ich ängstlich, überfordert. Ich wusste damals nicht, wie ich hätte damit umgehen sollen. Ich war verwirrt, aus dem Grund, dass sich die Alpträume oder besser gesagt die "Visionen" Tag -für Tag immer wiederholten. Ich fragte mich jedesmal, wer diese Leute waren und was es mit dem Mann auf sich hatte, der mir jedesmal das Leben nahm. Wieso dieser eine Mann da stand, nichts unternahm sondern einfach nur in meine Augen blickte. Eine Hand brachte mich in die Realität zurück und hustend räusperte Juro sich. ,,Sicher, dass alles in Ordnung ist?" Ich nickte nur, ehe ich merkte, wie mir eine Schweißperle abseits meiner Stirn hinunter lief.
,,Ich denke ich habe mich einfach nur erkältet." Ich lief hinüber zu meinem Schrank, zog eine Jeans hinaus und öffnete die nächste Schublade, um mir ein Oberteil zu entnehmen. ,,Wann wird die Beerdigung sein?"- fragte ich, merkend, dass meine Stimme mitten im Satz brach. ,,Heute Abend."- erhob er sich und lief zu mir hinüber.
,,Möchtest du irgendwo hin? In die Stadt vielleicht?" Ich schüttelte nur meinen Kopf. ,,Ich möchte etwas alleine sein."
Juro wirkte zwar ein wenig betrübt, nickte dann jedoch nur zögerlich.
Er platzierte einen Kuss auf meine Wange und verließ den Raum. Alleine zurückgelassen, schmiss ich die Kleidung auf das Bett und setzte mich erneut nieder. Ich wollte nicht raus. Auch wenn es egoistisch klang, nicht mit Juro. Er war so gut zu mir, behandelte mich wie eine Königin, doch er vernachlässigte alles um ihn herum. Seine Pflichten, seinen Vater und selbst alles, was außerhalb des Schlosses geschah. Ich wollte nicht, dass er, aufgrund von mir, Probleme bekam. Er sagte zwar, er sei kein Prinz, doch der Sohn eines Regierers vom Dorf zu sein, trifft es ähnlich, finde ich.
Er war der beliebteste im ganzen Dorf. Jeder kannte ihn, ehrte ihn und vergötterte ihn.
Ich atmete stockend und ehe ich das bemerkte, zuckte ich hoch, zog mich an und verließ ohne auch nur mit der Wimper zu zucken das Zimmer.
Ich lief langsam und mit wackligen Beinen in Richtung der Bibliothek, bis ich eine Präsenz hinter mir spürte. Ich seufzte. ,,Ich gehe nur zur Bibliothek."-
,,Es ist meine Pflicht, Sie zu begleiten."- ertönte die bittrige, raue Stimme.
Ich drehte mich um, nur um hinter mir den selben, schwarz gekleideten, blonden jungen Mann zu sehen. Meinen Bodyguard. Seinen Namen und jegliche Information durfte ich nicht erfahren. Das einzige, was ich über ihn wusste war, dass er ebenfalls, wie ich, menschlich war. Man hatte ihn bewusst zu mir gesetzt, mit den Gedanken, ich würde mich wohler fühlen, wäre er kein Vampir. Wenn ich ehrlich bin, fand ich alles an der Idee absurd. War es schließlich nicht sicherer, wenn man von einem Vampiren beschützt wurde als von einem Menschen? Ehrlich gesagt musste ich noch nicht einmal beschützt werden. Ich konnte mich schon gut genug beschützen, doch Juro glaubte mir nicht und wenn ich ehrlich bin, konnte ich ihn auch ein wenig verstehen. Die Sache mit Zadimus hatte das ganze bewiesen. Und ich hasste mich selber dafür. Ich hasste es, dass ich ihn nicht sofort von mir gedrängt hatte.
Die Schritte stoppten nicht, auch wenn ich schon an der Bibliothek angekommen war. Letztendlich schloss ich mit der Sache ab. Er würde mich überall hinverfolgen, selbst wenn ich auch nur in die Küche gehen würde. Ich lief in die Bibliothek hinein und bewegte mich sofort in Richtung der antiken Bücher.
Die einzigen Bücher, die mich normal fühlen ließen. Ich schweifte mit meinem Blicke durch den Regal, bis mir instinktiv ein Buch auffiel, das leicht aus dem Regal herausschaute. Dieses Buch hatte ich noch nie zuvor gesehen und ich war wirklich jeden Tag an diesem Regal vorbeigegangen. Selbst wenn es mir verdreckt und verstaubt vorkam, zog ich das Buch aus dem Regal, ließ mich auf einem Stuhl nieder und schlug es auf. Von weitem beobachtete mich der Bodyguard mit verschränkten Armen vor der Brust und seufzte. Er hasste es, mich zur Bibliothek zu begleiten und umso mehr regte ich mich auf, überhaupt begleitet werden zu müssen. Ich schüttelte meine Gedanken ab und blätterte durch die Seiten. Nichts war auch nur annähernd außergewöhnlich an dem Buch. Es ging lediglich um Kriege und Verluste, bis ich etwas bemerkte, dass so garnicht ins Buch passte. Am Ende des Buches war etwas geschrieben worden. Womöglich mit einem Füller, da es sich hier um Tinte handelte.
Als ich jedoch einen näheren Blick auf alles wagte erkannte ich, dass der Text mit einer Feder, welche man in Tinte getränkt hatte, geschrieben wurde. Naja, zumindest hatte man versucht, professionell mit ihr zu schreiben. Überall drumherum waren kleine Tintenflecke, ungerade Linien oder raue stellen. An manchen stellen war kaum Farbe zu sehen, stattdessen nur kahle Buchstaben, die reingeritzt worden waren. Ich musterte den Text genau, konnte jedoch nicht wissen, was er bedeutete.
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Bloody Kiss
Про вампировGrobheit, Gewalt, Trauer. All dies ist das, das Nia schon im frühen Alter zu spüren bekam. Im Alter von fünf verlor sie ihre Eltern und wurde in eine Pflegefamilie geschickt. Diese behandelte sie zwar liebevoll, doch ihr damaliger Freund Jair, von...