Kapitel 20-

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Juro

Nach dem Gespräch mit meinem Vater, wollte ich zurück zu Nia gehen, um mich nach ihr zu erkundigen.
Auf dem Weg dorthin jedoch, wurde ich von einer Frau aufgehalten, deren Blick mich von oben bis unten musterte.
Ihre Augen strahlten voller Bläuligkeit, ihr goldbrauner Hautton glänzte im Licht und ihre hellen, hochgesteckten Haare ließen sie Edel aussehen.
Edler als die meisten Leute, die sich hier rumtrieben.
Sie trug eine Art weißen Mantel, darunter ein blau-goldenes T-Shirt, das einen tiefen Ausschnitt herzeigte.
Ihr langer, schwarzer Rock hing bis zum Boden herab, noch knapp über ihre hohen Absätze.
Die Schuhe waren neu und teuer, das erkannte man an den Absätzen, die noch unbenutzt schienen.
Kein einziger Kratzer oder Fleck war auf ihnen zu sehen.
,,Entschuldigen Sie die Störung, doch stimmt es, dass Sie meinten, Zadimus würde nicht zurückkehren wollen?"
,,Und Sie sind?"
Sie blickte nur gefühlskalt in meine Richtung und verdrehte ihre Augen.
,,Das trägt von keiner Bedeutung."
,,Was wollen Sie dann?"
Ich konnte nicht anders, außer dass die Skeptik mich prägte.
Wer war diese Frau und woher kannte sie Zadimus?
,,Ich muss mit Zadimus sprechen. Es ist dringend."
Erst jetzt fiel mir auf, wie nervös sie an ihrem Ring, der auf ihrem linken Ringfinger lag, rumspielte.
Sie drehte ihn nervös hin und her, rutschte ihn hinauf und herab.
Ihr Gesicht jedoch, blieb Makellos.
Als wäre es nur ihr Körper, der Nervösheit ausschrie.
,,Es tut mir leid, aber da sind Sie falsch bei mir."
,,Ich denke, Sie wissen nicht wer ich bin."- gab sie voller Arroganz zurück.
,,Nein, das weiß ich nicht. Und um ehrlich zu sein, interessiert es mich auch kein Stück. Ich habe gesagt, dass ich Ihnen nicht helfen kann. Ob das stimmt oder nicht, ist gleichgültig. Suchen Sie sich jemand anderen, den Sie ausfragen können."
Als ich ihren entsetzen Blick warnahm, drehte ich mich kehrt und lief fort.
Ich ließ sie allein zurück und so, wie sie da stand, erinnerte sie mich ein wenig an einen ausgesetzten Hund.
Ihr Blick war zutiefst verletzt und voller Rache gefüllt, als wolle sie mich zerfleischen.
Doch auf Merkwürdigerweise kam sie mir ein wenig bekannt vor.
Ich wusste nicht wann oder woher ich sie zuvor getroffen hatte, doch eines war klar; wer auch immer diese Frau war, ich befürchtete, dass ihre Absichten alles außer gut waren.

Nia

,,Bist du sicher, dass das eine Gute Idee ist?"- hörte ich Tristan unsicher an der anderen Leitung meines Telefons.
Endlich schaffte ich es, Netz zu bekommen und dafür musste ich einfach nur nach draußen, auf einer Bank sitzen und in die Ferne schauen.
In die Ferne, mit der Aussicht, dutzenden Felsbrocken und dem Meer.
Überraschenderweise beschwerte ich mich nicht.
Ich war schon lange nicht mehr am Meer gewesen.
Das Rauschen der Wellen, der frische Geruch des Salzwassers, das warme Sand unter den Füßen, zwischen den Zehen und überall, wo es auf der Haut möglich erscheint.
Der Windstoß, der einem fast seinen Strandhut wegbläst, eine Welle des Salzgeruches mitnimmt und einem eine Gänsehaut verschafft, wie es sonst keiner konnte.
Das Meer, es hat seinen eigenen Willen, seinen eigenen Verstand, seine eigene Melodie.
Schon als kleines Mädchen, bevor der Unfall mit meinen Leiblichen Eltern passiert ist und ich in eine Pflegefamilie geschickt wurde, hatte ich das Meer geliebt.
Manchmal sehe ich immernoch meine Erinnerungen vor mir, die mich in die Vergangenheit katapultieren.
Wie ich mit Vier am Strand entlang auf der Suche nach Muscheln war, voller Freude zu meinem Vater gerannt bin, sobald ich einen bunten Stein gefunden hatte, auf dem Sand neben meiner Mutter lag, die mir Historische und Antike Bücher vorlaß.
Es ist so, als wäre all dies erst gestern geschehen.
Die Erinnerungen sind zwar verschwommen, aber dennoch da.
Meine Leiblichen Eltern würde ich nie vergessen, auch wenn ich sie das letzte Mal mit drei gesehen hätte.
Die Antiken und Historischen Bücher sind die einzigen Dinge, die mir noch von meiner Mutter geblieben sind.
,,Also?"- holte mich Tristans Stimme am Hörer in die Realität zurück.
,,Mag sie Gold oder Silber lieber?"
,,Definitiv Gold."
,,Aber vergiss nicht-"
,,- mich vor ihr zu verbeugen?"
Seine Stimme klang ironisch, doch man erkannte, anhand seinem Ton, dass er es tun würde, wenn es hieße, sie würde ihm verzeihen.
Ich konnte mir ein kichern nicht unterdrücken.
,,Naja, nicht wirklich verbeugen, aber ein Kuss auf die Wange, während du dich bei ihr entschuldigst, würde es auch tun."
,,Ich bin bereit."- gab er nur zurück.
,,Bereit, Abby zu zeigen, dass sie mir wichtig ist."
,,Viel Glück, Tristan."-
Ich beendete den Anruf und legte meinen Kopf in den Nacken.
Es überraschte mich noch nicht einmal, dass Tristan, Abby zurück wollte.
Sie war kreativ, extrovertiert, energetisch und nicht zu vergessen; aufgeschlossen.
Alles was ich nicht war.
Ich seufzte und richtete mich auf, ehe ich mein Handy aus meiner Hosentasche zog und erneut die Nummer meiner Mutter wählte.
Wieso gingen sie einfach nicht ran?
Das Telefonat hatte doch auch mit Tristan geklappt, wieso also, ging bei meinen Eltern nur die Mailbox ran?
Ich steckte mein Handy wieder weg und genießte noch einmal die Aussicht.
Seitdem meine Leiblichen Eltern fort waren, hatte sich alles geändert und alleine der Gedanke, ich könnte meine Adoptiv Eltern ebenfalls verlieren, brachte mich um meinen Verstand.
Doch ich durfte mich jetzt nicht sorgen,
ich werde nun zurück auf mein Zimmer gehen und es nochmal versuchen.
Und wenn sie dann immer noch nicht rangehen, noch einmal und dann, noch einmal.
So oft, bis sie endlich antworten würden.

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