Kapitel 1

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,,Hallo!? Ich rede mit ihnen!" Ein starkes Zucken durchfuhr mich und ich setzte mich kerzengerade auf. Eine ältere Dame stand an der Schiebetür meines Abteils und sah sauer aus. ,,Entschuldigung Ma'am, ich war vertieft in mein Buch." Die ältere Dame atmete genervt aus. ,,Die Jugend heutzutage redet ja gar nicht mehr mit einem, da muss man sich ja wundern, dass ihr noch Ohren habt." Verwirrt starrte ich die Dame an. ,,Ich bilde mich nur weiter. Ich wüsste nicht was daran falsch wäre." Gelassen lehnte ich mich mit überschlagenen Beinen zurück. ,,Das sage ich ja nicht ich-" ich unterbrach sie. ,,Seien sie bitte zufrieden und lassen sie mich weiterlesen, ich würde das sehr schätzen." Mit einem Zuckersüßen Lächeln sah ich die Dame nochmal an, bevor ich mich wieder der Landschaft und meinem Buch widmete.

Die Hügelförmige Landschaft wurde immer flacher und die Büsche wurden zu großen Fichten. Unser Zug fuhr durch einen kleinen Wald und ich entdeckte eine kleine Hütte. Die Dame hatte die ganze Fahrt über nichts mehr gesagt. Liegt wahrscheinlich aber nur daran, dass sie eingeschlafen ist.

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,,Linnea bist du es?" Die Stimme meines Großvaters ertönte und ein Lächeln huschte auf meine Lippen. Ich lief ein wenig schneller, um ihn zu erreichen, als ich in jemanden reinrannte. ,,Oh tut mir Leid ich hab sie nicht gesehen.", sagte ich nur. Meine Sachen fielen mir aus der Hand und ich kniete mich kurz hin um sie aufzuheben. Als ich mich wieder erhob sah ich in zwei braune Augen. ,,Geht es ihnen gut?" Der braunhaarige Junge vor mir sah mich peüfend an. ,,Ja, alles in Ordnung." Ich drehte mich um und ging. Den Blick in meinem Rücken konnte ich fürmlich spüren. ,,Linnea! Da bist du ja!" Mein Großvater kam auf mich zu und umarmte mich. ,,Ich habe dich auch vermisst Opa." Ich lachte als er mich hochhob und in der Luft drehte.

Zusammen gingen wir in richtung einer Kutsche. ,,Wow sind das eure Pferde?" Ich legte meinen Koffer ab und strich einem der stämmig gebauten Tiere über die Blesse. ,,Ja das sind Blue und Gilla" Matthew hievte meinen Koffer hoch und legte ihn ordnungsgemäß nach hinten auf die Ablage. ,,Bist du vorhin in jemanden rein gerannt?" Matthew lachte leise. ,,Ja, leider. Ganz schön unangenehm." Ich wurde leicht rot und wendete meinen Kopf ab.

Die Landschaft war wunderschön. Wir fuhren an einer großen Blumenwiese, welche schon etwas verwelkt war, vorbei und danach in einen vom Herbst rotgefärbten Wald. ,,Das ist wunderschön Opa." Sein Lächeln wurde größer, als wir durch ein weiß gestrichenes Tor fuhren. ,,Jerry, kommst du die Pferde versorgen?" Ich fuhr herum. Ein ungefähr gleichaltriger Junge kam aus der Scheune gelaufen. Matthew bot mir seine Hand an und ich sprang elegant von der Kutsche. Ich griff bach meinem Koffer und zog ihn zu mir auf den Boden.

,,Willst du das nicht lieber Jerry-" mit  einer geschickten Bewegung wich ich dem Griff meines Großvaters aus und trottete den ordentlichen Kiesweg entlang zu einem wunderschönen Cottege. Es war ebenso weiß gestrichen wir das Tor und der Zaun der das Grundstück umgab. Überall blätterte die Farbe etwas ab, aber das störte die Eleganz des Anwesens gar nicht.

Als ich kurz vor der Tür stehen blieb, öffnete ein rothaariges, zierlich gebautes Mädchen die Tür. ,,Marilla, komm schnell ich glaub hier hat sich jemand in der Adresse vertan." Ich wollte gerade einen Satz anfangen, als Matthew mir zuvorkam. ,,Nein, nein, sie ist genau richtig hier. Der kühle Herbstwind wirbelte meine zarten dunkelblonden Wellen umher und meine blauen Augen leuchteten in dem falen Licht, welches aus dem Inneren des Hauses kam.

,,Du musst Linnea sein, herzlich Willkommen in Green Gables." Eine ältere Dame kam aus dem Haus an die Haustür getreten. ,,Kommt rein!" Das rothaarige Mädchen starrte mich verwirrt an, als ich das wunderschöne Cottege betrat. Ich sagte kein Wort. Es fühlte sich irgendwie falsch an hier so hereinzuplatzen. ,,Hi du bist die Enkelin von Matthew? Ich bin Anne." Das Mädchen lächelte nett und ich ergriff ihre Hand. ,,Linnea. Nenn mich Linn."

Draußen dämmerte es bereits und ein schöner rosafarbener Sonnenuntergang legte sich über Avonlea. Anne zeigte mir mein Zimmer und ich drehte mich staunend im Kreis. ,,Essen gibt es in einer halben Stunde, bis nacher!" Die überdrehte Annd verließ den Raum und schloss die Tür hinter sich. Ich setzte mich an das große Fenster auf das Fensterbrett und starrte in den verfärbten Himmel.

,,Linnea Abendbrot!" Marillas Stimme erklang und ich schnappte mir noch schnell ein Haarband aus meiner Tasche, um meine Haare nach hinten zu binden. Unten angekommen saßen schon alle am Tisch. ,,Du siehst wunderschön aus Linnea." Kam es von Anne und ich lächelte kurz, dann setzte ich mich Matthew gegenüber neben sie. ,,Morgen ist dein erster Schultag, Anne wird dir alles zeigen." Der Gedanke an den nächsten Tag verdunkelte meine Miene etwas. ,,Magst du Schule nicht?" Anne hatte anscheinend meine Miene bemerkt und sah mich nun fragend an. ,,Nein, nein, ich mag Schule ich bin nur sehr müde." Das war gelogen. Ich mochte Schule nicht. Die Lehrer, welche einen Vorstellen lassen ohne, dass man es möchte oder jemanden drannehmen der sich gar nicht gemeldet hat. Das war die reinste Hölle für mich. ,,Dann ist es das Beste, wenn du gleich ins Bett gehst. Das Schlafzimmer von Matthew und mir ist neben der Treppe. Falls du etwas brauchst wecke mich einfach." Ich nickte und verschwand die Treppe nach oben.

Ich legte mein Korsett ab und atmete tief ein und aus, als das elende Ding endlich auf dem Boden lag. ,,Freiheit." Seufzte ich und legte meinen Schlafanzug an.
Er bestand aus einem weißgeblümten Trägeroberteil mit Spitze und einer genauso geblühmten kurzen weißen Hose. Zufrieden kämmte ich meine Haare und trat an das Fenster um den Vorhang zu zuziehen.

Green Gables lag ruhig und friedlich vor mir. Die Hühner gackerten nur noch leise und man hörte das beruhigte Schnauben der beiden Pferde. ,,Gute Nacht, Green Gables." Mit diesen Worten griff ich nach dem zarten Vorhang und legte mich in mein Bett. Es dauerte keine 5 Minuten, dann schlief ich auch schon ein.

When all Hope dies - Gilbert Blythe ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt