Kapitel 8

206 4 0
                                    

(Die Krankheit die hier aufgeführt wird, ist frei erfunden. Also please don't judge me okay? xD)

,,Hey Kinder! Kommt hoch es ist viel zu kalt!" Sebastians Stimme drang nur zaghaft zu mir durch. Der Wind rauschte mir um die Ohren und drohte mir meine Mütze wegzunehmen. Was, aber genauso laut war, waren meine Gedanken. Alles drehte sich um Gilbert. Er hat genau das gleiche durch wie ich. Tote Eltern und Schmerz. Und genau für das bewunderte ich ihn. ,,Wie lange ist es her?" Jerry drehte sich schon um, um das Haus zu erreichen. ,,Ein paar Monate. 3 denke ich." 3 Monate? Wie konnte er das? So ruhig und gelassen sein? Oder war das eine der Masken, die ich auch nur allzu gerne aufsetzte?

,,Komm jetzt wir sollten wirklich nach oben." Erst jetzt bemerkte ich wie kalt mir eigenrlich war. Meine Hände fühlten sich an, als lägen sie in  Eiswürfe und meine Wangen spürte ich längst nichtmehr.

,,Delphine wartet drin, wenn du vorhast sie zu besuchen." Sebastians warmes Lächeln beruhigte mein Chaos im Kopf. ,,Ich wäre sehr dankbar für eine kurze Pause drinnen, aber das muss warten. Wo ist das kleine?" Meine Sorgen um das junge Lamm ließen mich fast verrückt werden. ,,Hier entlang."

,,Die Wärmelampe ist eingeschaltet und ich habe das Strohbett weicher gemacht. Eine Decke hat es ebenfalls, aber es frisst nicht." Ohne weiter darüber nachzudenken öffnete ich die Box und näherte mich vorsichtig dem kleinen Geschöpf. ,,Hey Kleines. Erinnerst du dich an mich?" Zu meiner Überaschung sah es auf. Seine Augen waren glasig und rot. ,,Demmerschwellen." Nuschelte ich, als ich die roten Färbungen auf seinen Schläfen sah. ,,Demmer was?" Jerry musterte mich neugierig.
Auch Sebastian schien die Information wissen zu wollen. ,,Demmerschwellen ist eine Krankheit der Augen und Speiseröhrenregion. Wärme ist da gar nicht gut." Es schwitzte und seine Augen tränten ebenfalls. ,,Keine Wärme?" Meine, durch die Mütze herausfallenden Strähnen, wehten leicht im Wind.

,,Sebastian hol einen Eimer eiskaltes Wasser. Und Jerry geh, hol Tücher und ein Fläschchen." Die beiden nickten und folgten meinen Anweisungen. Ich hob das zarte Wesen hoch und griff zusätzlich nach einer normalen Decke als Untergrund. Mit dem Lämmchen und der Decke auf dem Arm bahnte ich mir meinen Weg kurz vor den Ausgang. Noch vor der Türschwelle blieb ich stehen und breitete die Decke aus, auf dem ich das Lamm ablegte. Der zischende Wind fegte vor uns vorbei und die kühle Luft beruhigte das Tier.

,,Linn, wo bist du?" Die beiden kamen zurück und suchten nach mir.

----------          ----------          ----------        -------

,,Ich weiß ja nicht Mädchen. Ist das nicht zu viel Kälte?" Seine Fürsorge wärmte mein Herz. ,,Nein. Bei Demmerschwellen heitzt sich der komplette Körper auf maximale Temperatur auf. Die Augen werden rot und wenn man sie nicht kühlt oder eine kühlende Salbe aufträgt, kann es zu Erblinden führen. Ziemlich schmerzhaft. Das gleiche bei der Speiseröhre. Sie entzündet sich und schwillt an. Das Tier ist so nichtmehr in der Lage etwas zu sich zu nehmen."

Sebastian staunte nicht schlecht. ,,Wohin mit den Tüchern?" Jerry kniete sich neben mich und begutachtete das Lamm. ,,Tauch' sie ins Wasser und ringe sie etwas aus. Dann gib sie mir." Der Junge tat das, was ich ihm gesagt habe und überreichte mir schließlich die Tücher.

Ich legte sie sanft auf die geschlossenen Lider des Tieres vor mir und spürte sichtlich seine Erleichterung. Das Fläschchen befüllte ich ebenfalls mit dem kalten Wasser und öffnete mit zwei Fingern sein verklebtes Maul. Ich scheute es nicht es zu begutachten. Andere Mädchen in meinem Alter ekelten sich vor solchen unreinen Aufgaben. Ich war das genaue Gegenteil. Ich liebte es für einen Moment in meinem Leben, mal nicht ein sauberes, stets höfliches und ordentliches Mädchen sein zu müssen.

Vorsichtig und nur in kleinen Mengen, gab ich etwas Wasser in den Mund des Kleinen, in der Hoffnung es schluckte es. Dadurch würde  die Speiseröhre gekühlt und befeuchtet werden. Das würde ihm, um es kurz zusagen, das Leben retten. ,,Komm schon, bitte!" Meine Stimme war wie ein Hauch, die sogleich von dem rauschenden Wind mirgenommen wurde.

,,Ja gut!" Es bewegte seine Zunge und nahm das Wasser in sich auf. Ein süßes Schmatzen durchbohrte die Stille. Ich gab ihm mehr, hielt aber seine Augen weiter bedeckt. Zwischendurch wechselte ich das Tuch, um ihm die Kälte zu geben das es brauchte.

Nach einer kurzen Weile hörte ich den gleichmäßigen und klaren Atem von meinem Patienten und legte erleichtert meinen Kopf in den Nacken. Ich hatte nicht bemerkt, dass die anderen mir mit großen Augen zusahen. Gegen die Decke starrend bemerkte ich einen bohrenden Blick in meinem Rücken.

,,Ge-geht's ihm jetzt gut?" Sebastian schien immernoch etwas verblüfft zu sein. ,,Die Tücher müssen jede halbe Stunde gewechselt werden, bis die Körpertemparatur sinkt. Dann darf sie zurück in die Box und es reicht ein Tuch pro Stunde."

Ich stand auf und wischte den Sabber an meinen Händen an einem der noch trockenen Tücher ab. Oh nein. Gilbert? Was machte er hier im Stall? Er zog beeindruckt seine Augenbrauen nach oben. Bash merkte das und sah zwischen uns hin und her. Er nickte lachend und wandte sich wieder an mich. ,,Danke Linnea, das war echt beeindruckend." Gilberts Ausdruck veränderte sich zu einem kleinen Schmunzeln. ,,Ich bin zwar kein Profi, aber es sollte jetzt eine 99,9% Überlebenswahrscheinlichkeit haben. Ach ja und nennt mich bitte Linn. Linnea hört sich so arrogant an."

Jerry lachte und war bereit zu gehen. ,,Ich würde Delphine sehr gerne besuchen, nur sind Anne und Marilla krank und ich muss mich um sie und den Haushalt kümmern. Außerdem will ich das Baby nicht anstecken." Bash's Gesichtsausdruck veränderte sich.
,,Sag ihnen gute Besserung von mir."
Er lächelte noch einmal und bewegte sich schließlich zur Nebentür ins Haus. ,,Kommst du dann heute nicht zur Schule?" Gilbert meldete sich zu Wort. Ich schüttelte nur den Kopf. Jerry stand wie verloren daneben und musterte uns. ,,Linn komm, wir müssen dann." Ich war sehr dankbar ihn genau in diesem Zeitpunkt neben mir gehabt zu haben. So musste ich mir keinen unnötigen Erklärungen unterziehen oder weiter mit ihm reden. Das war sicher nichts schlechtes. Aber irgendwie ja doch...

When all Hope dies - Gilbert Blythe ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt