Kapitel 11

80 5 0
                                    

,,Linnea bist du das, um Gottes Willen Kind wo bist du nur gewesen?" Marilla kam besorgniserregend schnell auf mich zu und sah mich erleichtert und etwas beleidigt an. ,,Bash...ich meine Sebastian ist krank. Er hat immensen Husten und Gilbert hat es mir nach der Schule anvertraut." Der Gesichtsausdruck meiner Großtante veränderte sich. ,,Diese Familie hat auch nie Ruhe...kann man ihnen behilflich sein?" Mein Großvater kam aus der Küche und gesellte sich zu uns. Ich hatte eine Idee hauptsächlich um Gilbert zu helfen. ,,Spucks aus" Matthew sah mich auffordernd an. ,,Naja, Gilbert muss sich zurzeit um alles kümmern. Delphine, den Stall, das Holz, um Bash und die Schule. Er ist komplett überfordert. Meint ihr nicht wir könnten sie eine kurze Zeit aufnehmen? Wir könnten uns um Delphine kümmern und Sebastian könnte sich erholen. Gilbert wäre weniger ausgelastet und könnte sich ausruhen." ich schluckte. Marilla sah zu Matthew und dieser zuckte mit den Schultern. „Wieso nicht? Dann habe ich das Gästezimmer nicht umsonst renoviert." ich sah auf. „Warte ihr erlaubt das?" Marilla lächelte. „Wir sind ein Freund dieser Familie und Freunde helfen sich gegenseitig."
Meine Arme legten sich um ihren Hals und Matthew lachte. ,,Na dann lass uns sie abholen." er ging bereits Richtung Tür. ,,Jerry! Mach die Kutsche fertig, Linnea und ich müssen aufbrechen!"

Ich lief den Hügel hinauf zu der Veranda der Gilberts und stieß unsanft mit Gilbert zusammen, als dieser genau in diesem Moment das Haus verließ. Ich drohte zu stolpern, als mich zwei muskulöse Arme umschlangen. Ich sah hoch und dabei war meine Nase nur Zentimeter von seinem Kinn entfernt. Meine Augen weiteten sich. Heilige Scheiße riecht dieser Junge gut. Nach Harz und Frischer Luft oder ist es doch Lavendel? ,,Linn was machst du denn schonwieder hier?" Gilbert unterbrach meine Gedanken und löste sich von mir. Zügig, aber er versicherte sich, dass ich sicher stand. Ich wollte gerade zu meiner Erklärung ansetzen, als Matthew mir zuvorkam. Er erklärte Gilbert unseren, meinen, Plan und Gilberts Augenbrauen wanderten etwas nach oben. Überrascht? Oder Überfordert? Himmel ich musste aufhören seinen Gesichtsausdruck zu deuten er ist ja kein Sternbild. Aber wenn er eines wäre, wäre er ein schönes. HIMMEL HERRGOTT.

Nachdem mein Großvater ihm, und anschließend auch Bash, alles erklärt hatte freute sich vorallem Bash. „Das ist ein sehr großzügiges Angebot Mr. Cuthbert. Ich danke ihnen. Wir nehmen es gerne an." Gilbert stand stumm neben mir. Ich lächelte und bemerkte, wie er mich anstarrte.

„Wir sollten vor allem Delphines Sachen mitnehmen, aber Gilbert und ich sollten auch ein paar Kleidungsstücke dabei haben." Zählte Bash mehr für sich als für uns auf. „Ich packe Delphines und meine Sachen." Er mied meinen Blick und machte sich direkt an die Arbeit. „Ich kann Delphine anziehen." meinte ich zu Bash und dieser nickte mit einem Lächeln auf den Lippen. Matthew und Bash machten sich gemeinsam auf den Weg zu Sebastians Zimmer, während ich Delphine wickelte und ihr warme Klamotten anzog.

Gilbert stürmte aus seinem Zimmer und quer durch das Wohnzimmer in die Küche. Ich hatte das Gefühl ihn bedrückte etwas. Den Ganzen Tag schon. „Ist Delphine fertig?" fragte er emotionslos. Ich zog ihr gerade die Stricksocken über und nickte. „Ja." Nachdenklich hob ich das Baby hoch und lächelte sanft, als ich sie in meinem Arm wiegte. Gilbert sah mich abwesend an, wie in Trance. ,,Gilbert?" er zuckte und sah mir das erste Mal seit heute bei der Begegnung mit Ruby, wieder in die Augen. ,,Alles in Ordnung?" In seinen Augen tobte ein Sturm und das beunruhigte mich. Delphine quengelte und ich gab ihr meinen kleinen Finger als Schnuller. Sofort wurde sie ruhiger. ,,Ja.." und schon wich er meinem Blick wieder aus. „Wirklich ich meine du-" er sah mich an diesmal wütend. „Ich sagte alles in Ordnung." sein Ton war scharf.

Ich zuckte zusammen und trat einen Schritt zurück. „Okay." ich schluckte und versuchte meine Überforderung etwas zu überspielen. „Delphine ist fertig wir können los." Er nickte und begab sich nach draußen. Vermutlich um dem Stallhelfer mitzuteilen, dass er von nun an für eine Woche alleine hier lebt.

- eine Stunde später -

Gilbert hat die ganze Fahrt über nicht einen Ton gesagt. Bash saß in Decken gewickelt neben meinen Großvater und ich und Gilbert saßen hinten. Delphine lag dick eingepackt in meinen Armen und schlief. Nach einer halben Stunde kamen wir schließlich auf Green Gables an und Marilla empfing uns mit offenen Armen, auch Anna begrüßte uns herzlich. Gilbert zwang sich zwar zu einem Lächeln, aber das war eine Maske. Diese Maske war mir nur zu vertraut.

Wir richteten Delphine eine nette Schlafstätte bei Marilla und Matthew ein, sodass Sebastian sich ausschlafen konnte. Und Gilbert wurde mir zugeteilt. Was ein Schicksal. Dadurch, dass Jerry das kleinste Zimmer und Anne eines mit Dachschräge hat, brachte mein Großvater die Matratze in mein Zimmer.
__________________________________
(Ich schreibe gerade in einem etwas schnelleren Tempo weil ich sonst nicht vorankomme🙈)
__________________________________

Der restliche Tag kam mir vor wie ein Traum. Es fühlte sich an als wäre ich irgendwie nicht richtig anwesend, Gilbert ging mir aus dem Weg und Marilla und Anne waren mit Bash und Delphine beschäftigt. Jerry und Matthew hackten Holz und kamen erst zum Abendbrot wieder ins Haus.
Erst spät klopfte es an meiner Zimmertür. Ich wusste genau wer es war. schnell legte ich meine Lektüre bei Seite und drehte mich mit dem Gesicht zur Wand. Wer mich den ganzen Tag nicht beachtet hat auch von mir nichts zu erwarten. Dachte ich und starrte die aufgemalten Schnörkeleien an meiner Wand an. Ich hörte die Tür auf gehen. Er schlich in das Zimmer und die Tür fiel leise ins Schloss. „Linny? Schläfst du schon?" Raunte er mit seiner angenehmen Stimme. Da war er. Dieser Name. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde dass es nichts mit mir macht.

,,Nein." murmelte ich und bewegte mich keinen Zentimeter. „Scheiße Linnea es tut mir Leid." Seine Stimme drohte zu brechen und mein Herz zog sich zusammen. Ich setzte mich auf und sah ihn an. Er sah mir ebenfalls in die Augen und ich klopfte neben mir auf die Matratze.

Dieser Junge ist gebrochener, als man meinen würde. Doch dies ist nicht jedem bestimmt herauszufinden.

„Pain makes people change." - Unknown

When all Hope dies - Gilbert Blythe ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt